Giroberkehr. 185
entsprechende Summe (a good balance) stehen lassen. Von Privatbanken, z. B. in
England, wird sogar häufig ein mäßiger Zinssatz gewährt, während die großen
Notenbanken die Girveinlagen nicht verzinsen. Der Auftrag zur Uebertragung von
einem Konto auf das andere — sei es an demselben Platze oder bei einer aus-
wärtigen Niederlassung der Bank — geschieht in der Regel durch Einlieferung einer
Anweisung (Giro-Anweisung, Check in diesem Sinne). Die Ausführung durch
Ab= und Zuschreibung in den Büchern wirkt als Skontration (Riskontro — f.
diesen Art.) unter den Betheiligten wie baare Zahlung. Nach den heutigen Ein-
richtungen kann jedoch über die Guthaben auch durch baare Abhebung zu beliebigen
Theilbeträgen mittels Checks (s. diesen Art.) verfügt werden, welche, sei es in
Anweisungs= oder in Ouittungsform, auf den Inhaber zu lauten pflegen. —
Durch den G. in dieser ausgebildeten Gestalt werden große Umsätze ohne alle körper-
lichen Zahlungsmittel bewerkstelligt. Am meisten entwickelt ist derselbe in Eng-
land. Die Zahlung mittels Checks ist dort geradezu die Regel, wenigstens im
größeren Verkehr. Jeder Wohlhabende pflegt sein Konto (current account) bei einem
Bankier zu haben, welchem er die empfangenen Checks einliefert. Ist der Aussteller
ein Kunde (customer) desselben Bankiers, so führt mithin das Geben und Nehmen
des Checks zu einer Umschreibung. Sovweit dagegen die Checks auf andere
Banken lauten, ist ein Austausch nöthig, welcher in größtem Umfange durch das
Londoner Clearing-house vollzogen wird, dessen Theilnehmer wieder Girokunden der
Bank of England sind und in deren Büchern täglich ihre Saldi reguliren. — Auch in
Frankreich hat der G. in den letzten Jahrzehnten bedeutenden Aufschwung ge-
nommen, wenngleich er noch immer weit hinter dem Englischen zurückgeblieben ist.
Die Bank von Frankreich eröffnet comptes courants mit und ohne Berechtigung zum
Diskontiren. Sie zieht für die Konteninhaber Wechsel am Platze gegen Pro-
vision ein. Zu Verfügungen dienen weiße Checks (behufs Baarabhebung) und
rothe Checks (zu Uebertragungen auf ein anderes Konto). Jedoch vermittelt die
Bank auch, und zwar, wenn der Betrag nicht bei ihr eskomptirt oder durch sie ein-
kassirt ist, gegen Provision Uebertragungen zwischen den comptes courants von
Paris auf die Succursalen und umgekehrt. Auch ein Liquidationshaus (bureau
des compensations) ist in Paris im Jahre 1872 nach Englischem Vorbilde er-
richtet. — In Deutschland bestand von 1619—1876 eine ausschließlich dem G.
gewidmete Bank, die Girobank zu Hamburg (nach dem Vorbilde der Banken zu
Venedig und Amsterdam). Ihre Valuta bestand seit 1790 ausschließlich in Silber-
barren, welche von der Bank auf ihren Feingehalt ((. diesen Art.) geprüft und
gestempelt wurden. Dieser Valuta entsprach ein ideales Bankgeld (Rechnungsmünze),
die Mark Banco (1½/ Reichsmark). Zahlungen unter den Kontoinhabern geschahen
mittels Anweisung auf die Bank (Bankzettel), auf Grund deren diese die Ab= und
Zuschreibungen in den Konten bewirkte. Die Hauptträgerin des G. im Deutschen
Reiche ist gegenwärtig die Reichsbank, als deren Organ auch die Hauptstelle
zu Hamburg den G. der alten Girobank in deren Gebäude und im Wesentlichen in
den früheren Formen fortsetzt. Sie ist durch das Bankgesetz ausdrücklich ermächtigt,
(verzinsliche und unverzinsliche) Gelder im Depositengeschäft und im G. anzunehmen
und hat in diesem Geschäftszweig ein Hauptmittel gefunden, ihren Wirkungskreis
auszudehnen bzw. den der (früheren) Preußischen Bank, ungeachtet der gesetzlichen
Beschränkung ihres Notenumlaufs, zu erhalten. In den Formen nähert sich ihr G.
den Englischen und den Französischen Einrichtungen. Eigenthümlich ist ihr aber die
völlig kostenfreie Ueberweisung beliebiger Theilbeträge des Guthabens auf alle Orte,
wo sich größere Zweigniederlassungen der Reichsbank befinden. Ganz Deutschland ist
dadurch gewissermaßen zu einem Giroplatze geworden. Zu dergleichen Ueberweisungen
dienen rothe, auf den Namen lautende und nicht übertragbare Checks in An-
weisungsform. Die Einlieferung (gleichviel durch wen) muß stets bei der Bank-
anstalt erfolgen, welche das Konto des Ausstellers führt. Diese veranlaßt dann das