Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gläubigerversammlung. 189 
ihrer Vertreter eingesetzt; in der ersten Gläubigerversammlung aber beschließen die 
Konkursgläubiger nach dem absoluten Mehrbetrage der von den Anwesenden re- 
präsentirten, bereits festgestellten oder für die Stimmberechtigung vom Gerichte zu 
einem gewissen Betrage angesetzten Forderungen, eventuell nach Kopfzahl über die 
Einsetzung des G. und über seine Stärke, und nach dem relativen Mehrbetrage bzw. 
der relativen Mehrheit der Personen über die Erwählung der einzelnen Mitglieder, 
zu welchen auch Nichtgläubiger gehören dürfen. Die Rechtsstellung des G. bestimmt 
sich in Absicht auf die Verantwortlichkeit für die Geschäftsführung, auf Entlassung, 
Honorar und Auslagen lediglich als Mandatsverhältniß, welches über letztere natürlich 
die Entscheidung des Gerichts im Streitfall nicht ausschließt. Vom Gemeinschuldner 
kann der G. Auskunft über seine Vermögensverhältnisse fordern, seine Akkordvorschläge 
werden von ihm vor der Verhandlung über sie und vor der Bestätigung begutachtet. 
Der Verwalter hat zu Abschlagsvertheilungen die Genehmigung des G. sowie die Be- 
stimmung der Dividenden von ihm einzuholen. Der G. überwacht die Geschäftsführung 
des Verwalters durch Einsicht seiner Bücher, Revision seiner Kasse, welche wenigstens 
einmal im Monat durch ein Mitglied des G. geschehen muß, durch Mitzeichnung 
eines Mitgliedes auf Quittungen und Anweisungen, ohne welche der Verwalter 
Gelder, Werthpapiere und Kostbarkeiten nicht aus dem Depositum erheben kann, 
durch Rechnungslegung und Schlußrechnung des Verwalters, über deren Zeiten und 
Modalitäten die Gläubigerversammlung bestimmt, und hat das Recht auf Entlassung 
des Verwalters anzutragen. Zur Minderung der Verantwortlichkeit wie zur Ueber- 
wachung des Verwalters dient es, wenn der letztere, unbeschadet der Gültigkeit etwa 
eigenmächtig von ihm getroffener Dispositionen, für eine Reihe von Handlungen, 
welche theils durch die Ueberschreitung einer gewissen Werthsumme oder durch ihr 
Objekt, z. B. Immobilien oder Schuldnergeschäft, von größerer Erheblichkeit sind oder 
die Masse belasten oder Aufopferung von Massewerthen oder Bestandtheilen der 
Masse bedeuten, die vorgängige Genehmigung des G. einholen muß. Vgl. d. Art. 
Gläubigerversammlung. 
Quellen: Oesterr. KO. o#§ 67, 74, 78 ff., 98, 100, 139 ff., 161 ff., 172, 176, 189, 
205 ff., 214, 229. — Deutsche KO. S§ 76, 79 ff., 86, 102, 120 ff., 138, 147, 164, 166 ff., 
170; Mot. I. 1. u. S. 308. 
Lit.: Schweppe, Konk. d. Gläub., § 95. — Fuchs, Deutscher Konk. Prz. § 18. — 
Komment. z. Deutschen KO. von Sarwey, v. Bölderndorff, v. Wilmowski-Leyy, 
Wengler, Hullmann. K. Wieding. 
Gläubigerversammlung (v. Bar, Th. I. Suppl. S. 85), in der Oester- 
reichischen K O. Gläubigerschaft, nennt die Deutsche KO. die über gemeinschaftliche 
Interessen und Angelegenheiten nach bestimmten Regeln beschließende Gesammtheit 
der eigentlichen Konkursgläubiger, einschließlich der Absonderungsberechtigten für den 
Fall des Verzichts auf die Absonderung oder des Ausfalls bei der Befriedigung. 
Schon das Gemeine Recht kennt eine Berufung der Konkursgläubiger zu solchem 
Zweck. Die Oesterreichische KO. normirte ihre Verhältnisse bestimmter: die G. 
wird berufen durch den Kommissar des Gerichts oder den von ihr eingesetzten 
Gläubigerausschuß, sie besteht aus den erschienenen Inhabern festgestellter oder 
streitiger Forderungen, beschließt unter Leitung des Kommissars nach dem Mehr- 
betrage der Forderungen über Wahl oder Bestätigung des Verwalters und seines 
Vertreters sowie der Mitglieder des Ausschusses und ihrer Ersatzmänner, über die 
dem Verwalter und dem Ausschuß zu ertheilenden Instruktionen für Verwaltung und 
Verwerthung der Masse, insonderheit auch für Veräußerung von Immobilien aus 
freier Hand oder durch Anerkennung von Vindikationsansprüchen, ferner für Vergleiche 
über industrielle oder Handelsunternehmungen des Gemeinschuldners, endlich über 
Beantragung der Verhaftung des letzteren. — Nach der Deutschen KO. hat die 
Berufung der G. zum allgemeinen Prüfungstermin, zu Verhandlung des Zwangs- 
vergleichs und zum Schlußtermin ohne Weiteres zu erfolgen, im Uebrigen hängt sie
	        
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