Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

198 Grenzverrückung — Gries. 
1. 2 § 1 D. eod.). Eine Besonderheit ist, daß der Richter auch die erkannten 
richtigen Grenzen aus Zweckmäßigkeitsrücksichten verlegen kann (I. 2 § 1 D. eod.). 
In allen Fällen spricht er jedem Grenznachbarn sein Stück durch eine Adju- 
dikation zu (s. diesen Art.). Daneben und zur Ergänzung derselben hat er die Be- 
fugniß, zu persönlichen Leistungen zu verurtheilen; z. B. zu Geldentschädigung für 
entzogene Nutzungen, gemachte Aufwendungen und dergl. mehr (vgl. 1. 4 §§ 1 
D. cod.; § 6 l. de oft. iud. 4, 17). Die Duplizität der Klage hat heute nur 
noch insofern eine Bedeutung, als die Vollziehung der Theilung nicht auf eine Partei 
beschränkt werden kann. 
Quellen: Tit. fin. regund. I). 10, 
Lit: Ueber das Geschichtliche: Wlhs Zr- f. esch Rechtswiseensch. X. 7. — 
Abweichend Karlowa, Beiträge z. Röm. Civ. •·2 141—16 kker,. Aktionen, J. 
234 ff. — Ueber das Praktische: Luchta, leine eivil. zuistene Nr. 21. — ***- 
mann, Arch. f. civ. Pr., XXXI. 16; XXXV. 
Grenzverrückung. Die vorsätzliche, auf Benachtheiligung Anderer gerichtete 
Beseitigung, Verrückung oder fälschliche Setzung von Grenzsteinen oder sonstigen an- 
erkannten Grenzzeichen des Grundeigenthums oder des Wasserstandes wird im 
RStrafe#B. (ebenso im Ungarischen, ehedem im Württembergischen und Badischen 
Straf GGB.) den Urkundenfälschungen eingereiht, obgleich die gesetzliche Definition Hand- 
lungen umfaßt, welchen die Merkmale der Fälschungsdelikte fehlen. Oesterreich be- 
handelt die G., wie früher Preußen, als eine ausgezeichnete Art des Betrugs. — Die 
betreffenden Zeichen müssen die Bestimmung haben, Beweiemittel dafür abzugeben, 
daß die Grenze an dem gegebenen Punkte laufe, und sie müssen diese Bestimmung 
durch eine die Betheiligten verpflichtende Willensäußerung erhalten haben. Die letztere 
kann in einer Vereinbarung zwischen den Betheiligten oder in der Handlung eines 
hierfür zuständigen Beamten gegeben sein. Bei der fälschlichen Setzung eines Grenz- 
zeichens entfällt natürlich dieses Erforderniß. An dessen Stelle tritt hier die Er- 
regung des Scheines, daß es vorliege. Daß das Zeichen durch menschliche Thätig- 
keit hergestellt worden sei, ist nicht erforderlich. Seine Bestimmung braucht sich nicht 
nothwendig auf eine Sicherung von Privatrechten zu beziehen. Bei einer Unter- 
drückung von Landesgrenzzeichen kann § 92, 2 des RStraf GB. in Betracht kommen. — 
Zur Handlung gehört eine Einwirkung auf das Zeichen, wodurch dasselbe seiner be- 
stimmungsgemäßen Verwendung entzogen wird. Diese Einwirkung muß mit Wissen 
und Wollen erfolgt sein. Es ist damit zugleich die Kenntniß der Bestimmung des 
Zeichens vorausgesetzt. Damit muß ferner die Absicht sich verbinden, Jemanden 
durch die Handlung zu benachtheiligen. Daß der Schaden, auf welchen hiernach die 
Verrückung 2c. gerichtet sein muß, nicht in jener Einwirkung auf das Zeichen, also 
in der Verrückung rc. selbst gefunden werden dürfe, geht aus der Fassung des Gesetzes 
hervor (anderer Meinung: Oppenhoff, Sächs. OApp. Ger.). Akte der Selbsthülfe 
sind daher ausgeschlossen. Preußen hatte eine gewinnsüchtige Absicht gefordert. — 
Das Gesetz droht Gefängniß, womit Geldstrafe und, falls jene 3 Monate oder mehr 
beträgt, der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verbunden werden kann. 
Gsgb. u. Lit: RStraf GB. § 274, 2. — Oesterreich § 199, e. — Ungarn § 407. — 
Frankreich art. 456. — Belgien art. 545, 546. — v. Holbendorff= 3 Handb., III. 806 ff. — 
Die Deutsche Strasrechtsprchis GWezold, Zimmerle,) I. 421; II. 486 ff. A. Merkel. 
er e 
Gries, Johann Ludwig, S 23. I. 1770 zu Hamburg, Advokat daselbst, 
29. X. 1828. 
Er schrieb: Hamb. Staats= und Privatrecht in Beziehung auf Hamburgs Handel, 
5. 
Sein Bruder Johann Karl, 6 7. II. 1778, Advokat, dann Richter, zuletzt 
Präses des Niedergerichts in Hamburg, F 27. V. 1824, verfaßte einen Kommentar 
zum Hamburger Stadtrecht von 1603 (herausg. von Dr. N. A. Westphalen 1837)
	        
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