206 Gründergewinn.
des G., welche durch die Gründung von Eisenbahnen oder von Aktiengesellschaften
mit Apports verdeckt in Anspruch genommen wird. Die Eisenbahngesellschaft hat
swar von Anfang an gleich den Banken und Versicherungegesellschaften ein baares
Grundvermögen, muß dies aber gemäß statutarischer Vorschrift zu einem gewissen
Zwecke verwenden, so daß es sich für alle Zeit in ein anderes Vermögensobjekt ver-
wandelt. Das geltende Recht hat hier so wenig Fühlung mit den wirthschaftlichen
Verhältnissen, daß es die Herstellung von Eisenbahngesellschaften, insofern die Mit-
wirkung des Kapitalmarktes dabei nöthig ist, streng genommen unmöglich macht, da
es vorschreibt, daß das Grundkapital jeder Aktiengesellschaft voll gezeichnet und ein-
gezahlt werden müsse. Bei Befolgung dieser Vorschrift kommen den Zeichnern von
Eisenbahnaktien diese auf den Preis des Parikurses zu stehen. Keine neu geschaffene
Eisenbahnaktie aber, insbesondere keine derjenigen Linien, von denen seit Herstellung
der großen Oauptstraßen noch die Rede sein kann, wird am Geldmarkte dem Pari-
kurs werth gehalten. Denn der Kapitalist berechnet, daß diese Aktie zunächst für
die Dauer des Baues mäßige, überdies aus dem Grundkapital entnommene Zinfen,
die sog. Bauzinsen, abwirft, und nach Fertigstellung der Linie für den günstigsten
Fall nur eine von minimalen Beträgen langsam im Laufe der Jahre emporsteigende
Dividende zu gewähren vermag. Für Papiere solcher Ertragsfähigkeit aber lehnt der
Deutsche Geldmarkt der Gegenwart den Parikurs ab. Um daher unter der Herr-
schaft der Novelle vom 11. Juni 1870 Eisenbahnen zu gründen, sahen sich die
Unternehmer zu künstlichen Auswegen genöthigt. Man verdang den Bau an einen
Baunnternehmer resp. an eine große Baugesellschaft, und ließ sich von letzterer unter
dem Titel einer Provision für die verschaffte Gelegenheit zur Ausführung des großen
Bauwerkes eine beträchtliche Summe zahlen, durch deren Anrechnung auf die Zeich-
nungsverbindlichkeit der Selbstkostenpreis der zu gewährenden Einlage unter pari
zu stehen kam. Diese Provision wurde meistens so hoch gegriffen, daß die Aktien
von den Zeichnern mit beträchtlichem Gewinn, und dennoch unter pari verkauft werden
konnten. Selbstverständlich waren solche Manipulationen nur möglich, wenn das
nominale Grundkapital der Eisenbahngesellschaft wesentlich höher normirt war, als
der thatsächliche Herstellungspreis der Eisenbahnlinie dies erforderte; denn die Bau-
gesellschaft oder der Bauunternehmer, welcher sich in ein so verwickeltes Geschäft ein-
ließ, erstrebte einen bedeutenden Gewinn am Bau. In Folge dieser Rechtslage sind
denn auch die neuen Eisenbahnunternehmungen nach vielen Richtungen wirthschaftlich
geschädigt worden. In noch weit größerem Maßstabe aber ermöglicht die Her-
stellung von Aktiengesellschaften mit Apports eine Erzielung von G. Die Novelle
vom 11. Juni 1870 gestattet im Art. 209 b eine Einbringung von Vermögensstücken
oder Anlagen in die neu zu gründende Gesellschaft dergestalt, daß, wenn dieselbe von
Seiten der Zeichner geschieht, im Statut die Anzahl von Aktien bestimmt werden
darf, welche für die Anlage hingegeben werden, während, wenn dritte Personen in-
feriren, das Statut den Preis zu bestimmen hat, für den sie erworben werden soll.
Eine Uebereinstimmung des Inferirungspreises mit dem wahren Werthe der inferirten
Sache ist nicht gefordert; auch braucht das Statut keine Angaben darüber zu ent-
halten, zu welchem Selbstkostenpreise genau oder ungefähr der Inferent die be-
treffende Sache erworben habe. Es ist also beispielsweise gestattet, eine Aktien-
gesellschaft wie folgt zu gründen: Der Kreis der Gründer und ersten Zeichner er-
wirbt eine Fabrik zum Preise von 300 000 Mark und gründet eine Aktiengesellschaft
mit einem Nominalkapital von einer Million Mark, zerlegt in 2000 Stück Aktien
à 500 Mark. Im Gesellschaftsvertrage kommt man überein, 1600 Stück dieser
Aktien als Gegenwerth für die inferirte Fabrik zu bestimmen, und der neu zu be-
gründenden Gesellschaft außerdem mittels der restirenden 400 Aktien noch 200 000 Mark
als Betriebskapital zuzuführen. Es besteht dann eine Aktiengesellschaft mit dem
Nominalkapital von einer Million Mark, welche als Vermögen jene Fabrik nebst
200 000 Mark Betriebskapital aufweist, und 2000 Stück Aktien à 500 Mark aus-