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leisten vermag. Das Bestreben, einer solchen Gefahr vorzubeugen, hat in den Gesetz-
gebungen anderer Kulturstaaten zu sehr verschiedenartigen Auskunftsmitteln geführt.
Am nächsten verwandt ist dem Deutschen O#B. das Französische Gesetz (loi sur les
sociéctcs vom 24. Juli 1867), welches für Gründung von Aktiengesellschaften mit
Apports die Vorschrift giebt, daß die konstituirende Generalversammlung die ange-
botenen Apports abschätzen und die sonst etwa von Einzelnen in Anspruch genom-
menen Vortheile prüsen lassen muß, und daß einer neu zu berufenden General-
versammlung hierüber ein schriftlicher Bericht zu erstatten ist, auf Grund dessen erst
die definitive Konstituirung erfolgen darf. Zwischen der Fertigstellung des Berichts
und der zweiten Versammlung muß eine Frist von mindestens fünf Tagen liegen.
Der Französische Gesetzgeber hat nicht erwogen, daß die Aktionäre beider General-
versammlungen unter Umständen die gleichen, und daß beide Versammlungen identisch
mit den Gründern sein können, in welchem Fall dann die beabsichtigte Vorsichts-
maßregel auf das Niveau einer leeren Formalität herabsinkt, welche den die Aktien durch
eine demnächstige Emission erwerbenden Kapitalisten gar keinen Nutzen gewähren kann.
Nach dem revidirten Belgischen OG#B. sollen die Zeichenscheine, wenn die Gründer
mit den ersten Zeichnern nicht identisch sind, gewisse aus dem Statut zu entnehmende
Mittheilungen enthalten, welche den Zeichner über das projektirte Gesellschafts-
vermögen einigermaßen aufzuklären vermögen. Die bezüglichen Angaben müssen sich
erstrecken auf das Datum des Statuts, den Gesellschaftszweck, das Gesellschaftskapital,
die Zahl der Aktien, die etwa zu inferirenden Objekte sammt den über die In-
ferirung vereinbarten Bedingungen, die etwaigen besonderen Vortheile, welche den
Gründern oder anderen Personen eingeräumt sind und die Höhe der zu leistenden
Anzahlung auf die Aktien (nach dem Gesetz mindestens 5 Prozent). Im Zeichnungs-
schein selbst muß die Einladung zu einer binnen drei Monaten abzuhaltenden Ge-
neralversammlung der ersten Zeichner enthalten sein, so daß diese letzteren, insoweit
sie mit dem Unternehmen nicht genauer vertraut sind, Zeit haben, sich damit näher
bekannt zu machen, um dann in jeder Generalversammlung durch Majoritätsbeschluß
darüber zu entscheiden, ob die Gesellschaft als definitiv konstituirt gelten solle oder
nicht (Belgisches H. R. Tit. IX. Art. 31 und 32). Dieses Verfahren kann wol bei
der Gründung mit successiven Betheiligungserklärungen von Werth sein; wenn aber,
wie es in der Praxis am häufigsten der Fall sein mag, die Gründer mit den ersten
Zeichnern identisch sind, und letztere dann auf Grund eines Prospekts die Aktien an
den Markt bringen, so sind, genau wie im Französischen R., die erwähnten gesetz-
lichen Hülfsmittel gegen die etwa beabsichtigte Täuschung völlig wirkungslos.
Die Englische Gesellschaftsacte vom 20. August 1867, eine Novelle zu dem
Englischen Fundamentalgesetz von 1862, trifft, um den in Rede stehenden Mißständen
vorzubeugen, eine viel radikalere Bestimmung, indem sie vorschreibt, daß bei Aus-
gabe eines Prospektes oder der Einladung zur Aktienzeichnung alle vorher seitens der
Gesellschaft geschlossenen Verträge mit Angabe der Namen der Kontrahenten auf-
geführt werden müssen, widrigenfalls die Einladung für Alle, die ihr folgen, sofern
ihnen die Verträge nicht ohnehin bekannt waren, als betrügerisch gilt. Diese Vor-
schrift schließt sich dem Englischen Gründungsmodus an, Inhalts dessen die Aktien-
gesellschaft zunächst als bloßes Projekt hingestellt werden kann, indem der einzelne
Gründer nur eine einzige Aktie zu zeichnen braucht, wonächst dann die eigentliche
Realisirung des Projektes durch Verkauf der nicht gezeichneten Aktien betrieben wird.
Darum bilden die Gründer fürs Erste, d. h. bis zu einer abzuhaltenden General-
versammlung, den natürlichen Vorstand der Gesellschaft, haben in Folge dessen auch
offizielle Kenntniß von allen bis zum Erlaß ihres Prospekts seitens derselben ab-
geschlossenen Verträgen. Eine hiermit zusammenhängende Vorsichtsmaßregel besteht
in der ferneren Vorschrift, daß innerhalb vier Monaten, vom Tage der Registrirung
an gerechnet, eine Generalversammlung der Aktionäre abgehalten werden muß, welche
die Verhältnisse der Gesellschaft, insbesondere das Verhalten der Gründer zu prüfen