20 Gefangenbefreiung.
des Gewerbes an der fraglichen Stelle zu untersagen oder nur unter Bedingungen
zu gestatten sei.
6) Wegen überwiegender Nachtheile für das Gemeinwohl kann die fernere Be-
nutzung jeder gewerblichen Anlage durch die Regierung jederzeit untersagt werden,
doch muß dann dem Besitzer für den erweislichen Schaden Ersatz geleistet werden.
Wegen der Höhe dieser Entschädigung steht der Rechtsweg offen.
Lit.: Vgl. d. Lit. Üüber d. Gewerbeordnung. — Nachweisungen über d. Franz. Literatur
hinsichtlich der Etablissements dangereux, insalubres et incommodes bei Robert v. Mohl,
Geschichte u. Literatur d. Staatswissenschaften, Bd. III. (1858) S. 279 ff. — Ueber England
Gneist, Selsgovernment (3. Anfl. 1871), S. 798 ff. — Vgl. außerdem v. Stein, Handb. d.
Verwaltungslehre. 1870 S. 349 ff. Ernst Meier.
Gefangenbefreiung. Für das Delikt der G. ist zu unterscheiden, ob es
sich um Selbstbefreiung der Gefangenen, oder ob es sich um die Befreiung von
Gefangenen durch dritte Personen handelt.
1) Die Selbstbefreiung der Gefangenen ist für diejenigen Personen, welche
dem bürgerl. Straf GB. unterworfen sind, der Regel nach straflos. Doch ist zu
bemerken, daß, während sonst die Begünstigung einer straflosen Handlung selbst
straflos ist, die Begünstigung der Selbstbefreiung eines Gefangenen mit der gleichen
Strafe, wie die vorsätzliche Befreiung eines Gefangenen bedroht ist. Strafbar wird
die Selbstbefreiung der Gefangenen alsdann, wenn die Gefangenen sich zusammen-
rotten und mit vereinten Kräften einen Ausbruch unternehmen. In diesem Falle
tritt die Strafe ein, welche das Gesetz für die Meuterei der Gefangenen ange-
droht hat, d. h. Gefängniß von 6 Monaten bis zu 5 Jahren und, falls die Ge-
fangenen Gewalt gegen die Anstaltsbeamten oder die mit der Beaussichtigung Be-
auftragten verüben, Zuchthaus von 1 bis zu 10 Jahren, woneben auf Zulässigkeit
von Polizeiaufsicht erkannt werden kann. Für diejenigen Personen, welche dem
Mil. Straf GB. unterworfen sind, wird die Selbstbefreiung von Gefangenen in allen
Fällen bestraft (Mil. StrafG B. §§ 79, 80). «
2) Die Befreiung eines Gefangenen durch dritte Personen kann begangen wer-
den: a) Durch eine Privatperson, welche in keiner Weise die Verpflichtung hat, den,
Gefungenen zu bewachen. Der Zweck der Handlung, deren Versuch auch für strafbar
erklärt ist, geht darauf, den Gefangenen aus der Gefangenschaft oder aus der Ge-
walt derjenigen Personen zu befreien, welche ihn zu bewachen verpflichtet sind. Die
Strafe ist Gefängniß von 1 Tag bis zu 3 Jahren; doch wird es bei dieser Strafe
nur dann bewenden, wenn die G. in ein anderes Verbrechen (Widerstand gegen die
Amtsgewalt, Aufruhr 2rc.) nicht übergeht. Wäre dies der Fall, so würde die Strafe
dieser zuletzt angedeuteten Delikte, falls dieselbe eine schwerere als die für G. an-
gedrohte wäre, eintreten. b) Durch Privatpersonen, denen die Beaufsichtigung oder
Begleitung eines Gefangenen anvertraut ist. Geschah die G., welcher die Beför-
derung der Befreiung des Gefangenen gleichgestellt ist, vorsätzlich, so tritt Gefängniß
von 1 Tage bis zu 3 Jahren ein; wurde dagegen die Entweichung durch Fahr-
lässigkeit befördert, so ist die Strafe Gefängniß von 1 Tag bis zu 3 Monaten oder
Geldstrafe bis zu 300 Mark. c) Durch Beamte, deren Amtspflicht es ist, die
Gefangenen zu bewachen. Die vorsätzliche, wie die fahrlässige Begehung des Delikts
wird bestraft; erstere mit Zuchthaus von 1 bis zu 5 Jahren und im Falle mil-
dernder Umstände mit Gefängniß von 3 Monaten bis zu 5 Jahren, letztere mit
Gefängnißstrafe von 1 Tag bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe von 3 bis zu
600 Mark. Unter Gefangenen sind, sowol in Bezug auf die Selbstbefreiung
der Gefangenen, wie auch in Bezug auf die G. durch dritte Personen, alle Dieje-
nigen zu verstehen, welchen kraft kompetenter obrigkeitlicher Autorität die Freiheit,
wenn auch nur vorübergehend entzogen ist. Es gehören demnach zu den Gefangenen
sowol die Strafgefangenen, wie auch die Untersuchungsgefangenen; sowol die kraft
richterlichen Befehls Verhafteten, wie auch die von Polizei= oder Wachtmannschaften