Haftpflicht. 229
wenn die Mitleistung des Betriebsunternehmers nicht unter einem Drittel der
Gesammtleistung beträgt.
Verträge, welche der hier geschaffenen Haftverbindlichkeit entgegenstehen, haben
keine rechtliche Wirkung, einerlei, ob sie auf besonderer Uebereinkunft, oder auf
Reglement (Fabrikordnung) beruhen.
Zur prozessualischen Durchführung dieser Normen ist dann, mit Rücksicht auf
die bekannte Unzulänglichkeit des formalen Beweisrechts gerade in Bezug auf
Schädensprozesse aus dem neuen Civ. Prz. Entw. der jetzt allgemein gültige Grundsatz
in das Haftpflichtgesetz aufgenommen worden, daß dem Richter die freie Würdigung
der Thatsachen, namentlich hinsichtlich der Verschuldung und der Schadenshöhe zu-
stehe; es haben demgemäß namentlich Präsumtionen, Zeugen, Privaturkunden, außer-
gerichtliche Geständnisse ihre frühere Bedeutung verloren, und nur gewissen Beweis-
mitteln, wie Eid, gerichtlichen Geständnissen, öffentlichen Urkunden, soll, falls die
Landesgesetze ihnen solche beilegen, legale Folge gegeben werden.
Die Entscheidung in oberster Instanz war von vornherein, um eine einheitliche
Rechtsprechung zu sichern, dem ROG. übertragen.
Lit.: Endemann, Die H. der Eisenbahnen, Bergwerke 2c.; Erläuterungen des Reichs-
esetzes v. 7. Juni 1871, Berlin 1871; 2. Aufl., Berlin 1876. — Gallus, Das Gesetz der
n und die Assekuranz, Berlin 1871. — Lehmann, Körperverletzungen und Tödtungen auf
eutschen Eisenbahnen und die Unzulänglichkeit des Rechtsschutzes, Erlangen 1869. — Kah,
Das Haftpflichtgesetz, Mannheim 1874. — Eger, Das RHaftpflicht Ges. v. 7. Juni 1871,
2. Aufl., Breslau 1878. — Schriften des Vereins für Sozialpolitik (XIX. Haftpflicht), Leipz.
1880. Ernst Meier.
Haftpflicht, Die, in Zoll= und Steuersachen des Deutschen Reichs,
ist, je nachdem sie sich auf die Zoll= und Steuerzahlung oder Haftung für Geldstrafen
bezieht, theils persönlich, theils sachlich, theils unmittelbar persönlich, theils subsi-
diär, wie sich aus der Erörterung der gesetzlichen Bestimmungen näher ergiebt.
A. Die H. für Zoll= und Steuerzahlung.
1) Hinsichtlich der Haftung für den Eingangszoll gilt der Grundsatz (§ 13
des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869), daß vor Allem derjenige zur Entrichtung
des Zolles dem Staate gegenüber verpflichtet ist, welcher zur Zeit, wenn der Zoll
zu entrichten ist, Inhaber, d. h. natürlicher Besitzer des zollpflichtigen Gegenstandes,
ist. Außerdem hat diese Verpflichtung derjenige, welcher einen zollpflichtigen Ge-
genstand aus einer öffentlichen Niederlage entnimmt. Subsidir, wenn der Ver-
pflichtete entweder den zollpflichtigen Gegenstand im Stiche läßt (derelinquirt) oder
zur Zahlung des Zolles sich nicht herbeilassen will oder kann, haftet, ohne Rücksicht
auf die Rechte eines Dritten, der zollpflichtige Gegenstand für den darauf ruhenden
Zoll nach § 14 des Vereinszollgesetzes, und kann, so lange die Bezahlung nicht
erfolgt ist, von der Zollbehörde zurückbehalten oder mit Beschlag belegt werden.
Die Haftbarkeit für den Zoll geht beim Transport unter Zollkontrole auf denjenigen
über, welcher den Zollbegleitschein ausstellen läßt (§ 44 des Vereinszollgesetzes). Die
Haftbarkeit der zollpflichtigen Waare erstreckt sich nach § 14 des Gesetzes sogar so
weit, daß die Verabfolgung derselben in keinem Falle, auch nicht von Gerichten,
Gläubigern oder Massekuratoren bei Konkursen eher verlangt werden kann, als bis
die darauf ruhenden Abgaben bezahlt worden sind.
2) Für die Tabaksteuer haftet in Deutschland nach § 16 Abs. 1 des Ge-
setzes vom 16. Juli 1879 vor Allem derjenige, welcher den Tabak (nach § 5 des
Gesetzes) zur amtlichen Verwiegung zu stellen hat; diese Verpflichtung geht (nach
§ 17 des Gesetzes) auf denjenigen über, welcher den Tabak in eine Niederlage für
unverzollte Waaren aufnehmen läßt. Außerdem geht diese Verpflichtung zur Steuer-
zahlung nach § 19 des Gesetzes bei der erstmaligen Veräußerung des Tabaks auf
den Käufer oder sonstigen Erwerber über, wenn die Entlassung aus der H.
von der Steuerbehörde genehmigt worden ist. Wenn jedoch die Uebergabe des
Tabaks an den Käufer oder sonstigen Erwerber nicht bis zum 15. Juli des auf die