Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Handakten — Handelsbücher. 237 
Handakten (Parteiakten) nennt man die von Seiten einer Prozeßpartei 
veranstaltete Sammlung aller auf den Prozeß bezüglichen Schriftstücke. Die Rechts- 
anwälte sind zur Führung solcher H. verpflichtet, sowol nach früherem Gem. R. 
(J. R. A. 8 65) als nach dem jetzt geltenden (Rechtsanwaltsordn. 8 32 und 
die Motive dazu). Das Eigenthum an den H. hat die Partei; der Rechts- 
anwalt ist daher verpflichtet, sie ihr herauszugeben, jedoch nicht vor Empfang 
seiner Auslagen und Gebühren. Seine Pflicht zur Aufbewahrung erlischt mit Ablauf 
von fünf Jahren nach Beendigung des Auftrages und schon vorher, wenn der Auf- 
traggeber trotz Aufforderung die H. nicht binnen sechs Monaten in Empfang ge- 
nommen hat (§ 32 a. a. O.; Seuffert, Arch., XI. 150). Ueber die einzelnen zu 
den H. gehörigen und mit denselben herauszugebenden Schriftstücke, insbesondere 
den zwischen dem Auftraggeber und dem Bevollmächtigten gepflogenen Briefwechsel 
vgl. die angeführten Motive. Das Gericht kann auch anordnen, daß die Parteien 
die in ihrem Besitz befindlichen H., soweit sie die Verhandlung und Entscheidung der 
Sache betreffen, vorlegen (CPO. § 134). Im Französischen Prozeß ist diese Maß- 
regel von besonderer Bedeutung. Nachweise aus der Preußischen Praxis bei För- 
ster, Theorie und Praxis, II. § 141 Anm. 119. Eck. 
Handelsbücher. Wenn schon der Privatmann, welcher in seinen ökonomi- 
schen Verhältnissen Ordnung halten will, über sein Vermögen, seine Einnahmen 
und Ausgaben Buch und Rechnung führt, so ist der ordnungsmäßige Betrieb eines 
Handelsgeschäftes kaum denkbar, wenn nicht der Kaufmann durch eine gewissenhafte 
Buchführung sich in die Lage versetzt, von seinem Vermögensstand, von seinen Rechten 
und Verpflichtungen jederzeit eine genaue Kenntniß und Uebersicht erlangen zu 
können; hiernach allein kann er beurtheilen, ob er mit Gewinn oder Verlust arbeitet, 
ob er sein Geschäft zu erweitern berechtigt oder einzuschränken verpflichtet ist. Die 
Gesammtheit derjenigen Bücher, welche vom Kaufmann zu dem gekennzeichneten 
Zweck geführt werden, nennt man H. (Handlungsbücher mit vorwiegender Speziali- 
sirung auf ein einzelnes Etablissement). Zu denselben gehört auch das Kopirbuch, 
in welches die abgesandten Handelsbriefe nach der Zeitfolge abschriftlich einzutragen 
sind und schließt sich daran zur Ergänzung die Ansammlung der empfangenen Han- 
delsbriefe. Ueber die Technik der Buchführung, das Inventar, die Bilanz vgl. den 
Art. „Buchführung"“. Im Anschluß an die älteren Landesgesetzgebungen 
hat das Allgem. Deutsche HGB. in Art. 28 dem Vollkaufmann (im Gegensatz zu 
den Handelsleuten 2c. des Art. 10 des HG#.) die Verpflichtung zur Buchführung 
auferlegt, wogegen die gänzliche Unterlassung oder Vernachlässigung der Buchführung, 
Verheimlichung oder Vernichtung der H. bei eingetretener Zahlungseinstellung als 
Bankerutt strafbar wird (StrafGB. für das Deutsche Reich §8 281—283, 
an dessen Stelle seit 1. Oktober 1879 die Strafbestimmungen der §8 209, 
210 der Deutschen KO. getreten sind). Die Ueberzeugung von der Rich- 
tigkeit der in die H. gemachten Eintragungen ließ den Kaufmann in denselben 
bei Streitigkeiten über Handelssachen einen Stützpunkt für den obfallenden Beweis 
suchen, und wenn man auch bei der historischen Begründung in Verlegenheit gerieth, 
so steht doch, trotz des Satzes scriptura privata pro scribente non probat, bereits 
seit Jahrhunderten fest, daß den H. eine eigenthümliche Beweiskraft beiwohne; nur 
über das Maß derselben waltete Verschiedenheit ob. Das Allgem. Deutsche HG#. 
regelte in Art. 34 die Beweiskraft der H. dahin: „Ordnungsmäßig geführte H. 
liefern bei Streitigkeiten über Handelssachen unter Kaufleuten in der Regel einen 
unvollständigen Beweis, welcher durch den Eid oder andere Beweismittel ergänzt 
werden kann. Jedoch hat der Richter nach seinem durch die Erwägung aller Um- 
stände geleiteten Ermessen zu entscheiden, ob dem Inhalte der Bücher ein größeres 
oder geringeres Maß der Beweiskraft beizulegen, ob in dem Falle, wo die H. der 
streitenden Theile nicht übereinstimmen, von diesem Beweismittel ganz abzusehen, 
oder ob den Büchern des einen Theils eine überwiegende Glaubwürdigkeit beizu-
	        
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