Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Handelsfrau. 239 
sagt war, werden dieselben jetzt auch, weil gemeinschaftliche Urkunden, als Beweis- 
mittel anzuerkennen sein (Zeitschr. f. d. g. Handelsrecht von Goldschm idt Bd. XXIII. 
S. 300.) — In Oesterreich sind die Bestimmungen des HG#B. noch unverändert in 
Kraft. Die Beweiskraft der H. ist nach dem Gesetz des erkennenden Gerichts zu 
beurtheilen, die prozessualische Natur der Beweiskraft der H. tritt hierbei hervor, 
weshalb auch das neuere Gesetz für ältere Buchungen Platz greift (Entsch d. RO. 
Bd. II. S. 129). Mit dem Anrecht Dritter an den H. des Kaufmanns hängt 
dessen Verpflichtung zur Aufbewahrung während zehn Jahren vom Tage der letzten 
Eintragung an gerechnet zusammen (Art. 33, 145, 246 des Allgem. Deutschen 
HG#.; Ungar. HGB. § 31). Aehnlich der Beweiskraft der H. ist die der sog. 
Gegenbücher, Lieferungsbücher und Rezeptbücher der Apotheker (Zeitschr. f. Ge- 
setzgeb. und Rechtspflege in Preußen I. 83). — Das Ungar. HG#. § 31 hat die 
Beweiskraft der H. gegen Kaufleute auf einen Zeitraum von zehn Jahren, gegen 
Nichtkaufleute von zwei Jahren von der streitig gewordenen Eintragung beschränkt. 
— Der Code de commerce enthält in art. 8— 17 Bestimmungen über die H. 
Unter Kaufleuten haben sie Beweiskraft; uneingeschränkt können sie als Beweismittel 
gegen ihn benutzt werden; dem Nichtkaufmann gegenüber kann bei Streitigkeiten 
über Waarenlieferung Veranlassung genommen werden, der einen oder anderen Partei 
einen Eid aufßzuerlegen (Cod. civ. art. 1329); jedenfalls wird die Eintragung als 
der Anfang eines schriftlichen Beweises angesehen, so daß Zeugenbeweis zulässig wird. 
Lit.: Die ältere Lit. findet sich bei Ebeling, Ueber die Beweiskraft der H., Hamb. 
1815, § 5. Die neuere in Linde's Lehrb. des Eiv. Prz., § 277, Anm. 10. — Österloh, 
Der ordentliche bürgerliche Prozeß nach k. Sächs. Recht, § 277 Anm. 28. — Vgl. ferner 
Endemann in Goldschmidt's Ztschr., Bd. II. S. 329. Msa, ebendas., Bd. I. S. 209. — 
Keyßner in Busch, Archiv, Bd. II. S. 301, und in Hinschius, Ztschr. für Gescgebung und 
Rechtspflege in Preußen, Bd. I. § 83. — Pems el, Die Fassung des Bucheides, Erl. 1866 
Gold schmidt, Handbuch des H.R., 2. Aufl., Bd. I. S. 522. — Die Kommentare zum 
HGB. von Hahn, Anschütz und Völderndorff, Wns Keyßner zu Arr. 
28—40. — Sach#arh# (Puchelt), Franz. Civ.R., S. — Lyon-Caen et 
Renault, Précis de droit commercial, I. p. z0-9 — Vidart Corso di diritto com- 
merciale, I. 276—299. Keyßner. 
Handelsfrau, Kauffrau, ist dasjenige verheirathete oder unverheirathete 
Frauenzimmer, welches persönlich oder durch Stellvertreter gewerbsmäßig Handels- 
geschäfte betreibt; die Beihülfe in dem Handelsgeschäft des Ehemannes giebt diese 
Eigenschaft nicht (Keyßner, HG#B. zu Art. 7 Nr. 6; Cod. d. comm. art. 5). 
Unverheirathete, volljährige, aus der väterlichen Gewalt entlassene Frauenzimmer 
erlangen ohne Weiteres durch den Betrieb eines Handelsgeschäftes die Eigenschaft 
als Handelsfrauen, auch ist bei etwaiger Geschlechtsvormundschaft (in Deutschland 
fast überall aufgehoben) die Zuziehung des Geschlechtsvormundes bei Beginn des 
Geschäfts nicht unbedingt nöthig (EG#zum Allgem. Deutschen HGB. in Holstein 
und Schleswig § 5). Eine Ehefrau kann ohne Einwilligung ihres Ehemannes nicht 
H. sein; es gilt jedoch als Einwilligung, wenn sie mit Wissen und ohne Einspruch 
des Ehemannes Handel treibt (Art. 4, 6, 7 des HG., Cod. d. comm. art. 4). 
Kann der Ehemann wegen Abwesenheit, Geistesschwäche oder aus anderen Gründen 
die Einwilligung nicht ertheilen, so ist nach Einzelgesetzgebung der Richter den 
Handelsbetrieb zu gestatten ermächtigt. Die Frage, ob die Weigerung des Ehe- 
mannes auch in anderen Fällen ergänzt werden kann, wobei bestehende Güterge- 
meinsühcst wesentlich in Betracht zu ziehen (Boistel, a. a. O. S. 67), ist nach 
Preuß. R. zu verneinen, nach § 1644 des B. für das Königreich Sachsen, § 6 
des E. zum HG#B. für Oesterreich zu bejahen. Hat eine Trennung der Ehe von 
Tisch und Bett, sowie gerichtlich verkündete Auseinandersetzung der Vermögensver- 
hältnisse stattgefunden (EG. zum HGB. für Hamburg § 5), so bedarf es einer Ein- 
willigung des Ehemannes nicht weiter. Die ertheilte Genehmigung kann unter 
Umständen auch- vom Ehemann zurückgezogen werden (Löhr, Centralorgan 
N. F. Bd. II. S. 180). Handelsfrauen, mögen sie das Handelsgewerbe in eigener
	        
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