Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

252 Handelsgesellschaft. 
im Gesellschaftsfonds befindlichen Aktiven nur zu gesellschaftlichen Zwecken verfügt 
werden dürfe, findet auch Dritten gegenüber insofern rechtliche Anerkennung, als über 
diese Aktiven nur im Namen der Gesellschaft verfügt werden kann.“ Diese Gestaltung 
des Gesellschaftsvermögens bewirkt die verschiedenartige Behandlung der Gesellschafts- 
gläubiger und der Privatgläubiger der eingelnen Gesellschafter. a) Die Privat- 
gläubiger eines Gesellschafters sind nicht befugt, die zum Gesellschaftsvermögen 
gehörigen Sachen, Forderungen oder Rechte oder einen Antheil an denselben zum 
Behuf ihrer Sicherstellung oder Befriedigung in Anspruch zu nehmen. Sie können 
nur dasjenige, was der Gesellschafter selbst an Zinsen und an Gewinnantheilen zu 
sordern berechtigt ist und was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt, als Exekutions- 
oder Arrestobjekt in Anspruch nehmen (Art. 119; Entsch. des ROG. Bd. XII. 
S. 261). Dies gilt auch im Allgemeinen rücksichtlich der vor Eingehung des Ge- 
sellschaftsvertrages vorhandenen Privatgläubiger (Entsch, des RO#G. Bd. II. S. 145), 
sowie rücksichtlich derjenigen Privatgläubiger, zu deren Gunsten eine Hypothek 
oder ein Pfandrecht an dem Vermögen eines Gesellschafters besteht (Art. 20). 
b) Eine Kompensation zwischen Forderungen der Gesellschaft und Privatforderungen 
des Gesellschaftsschuldners gegen einen einzelnen Gesellschafter findet während der 
Dauer der Gesellschaft weder ganz noch theilweise statt (Art. 121). c) Im Fall 
des Konkurses der Gesellschaft werden die Gläubiger derselben aus dem Gesell- 
schaftsvermögen abgesondert befriedigt und können aus dem Privatvermögen der 
Gesellschafter nur wegen des Ausfalls ihre Befriedigung suchen (Art. 122, modifizirt 
durch § 201 der RKO.). 
2) Die Gesellschaft, d. h. die Summe der einzelnen Gesellschafter in ihrer Eigen- 
schaft als solcher, wird durch Rechtsgeschäfte, welche ein zur Vertretung befugter Ge- 
sellschafter in ihrem Namen schließt, berechtigt und verpflichtet (Art. 114, Abs. 2). 
Dazu genügt und ist erforderlich der Gebrauch der Firma, es ist indessen gleichgültig, 
ob die Firma erwähnt wird oder ob die Umstände die Hinweisung auf dieselbe 
überflüssig machen. In gleichem Sinne entscheidet die Französische Jurisprudenz 
(arrét de cassation de la chambre civile vom 12. März 1850, Dalloz, I. 86) 
auf Grund des art. 7 tit. 4 der Ordonnance von 1673 und des art. 22 Code 
du commerce. Ob der Theilhaber einer offenen H. für sich oder für die Gesellschaft 
hat handeln wollen, läßt sich nur aus dem konkreten Fall beurtheilen, eine gesetz- 
liche Vermuthung spricht weder für das eine noch für das andere. — Jeder Gesell- 
schafter ist im Zweifel zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt; eine Ausschließung 
von der Vertretungsbefugniß steht dem Dritten nur entgegen, wenn er sie kannte 
oder gemäß Art 46 kennen mußte (Art. 115). Eine Beschränkung des Umfangs 
der Vertretungsbefugniß ist dagegen unzulässig und hat einem Dritten gegenüber 
selbst dann keine Wirkung, wenn derselbe davon Kenntniß hatte (anders im Fall 
der Kollusion, vgl. Entsch des ROH#G. Bd. VI. S. 134; Bd. VIII. S. 392). 
Der zur Vertretung der Gesellschaft befugte Gesellschafter ist ermächtigt, alle Arten 
von Geschäften und Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft vorzunehmen, ins- 
besondere auch die der Gesellschaft gehörigen Grundstücke zu veräußern und zu be- 
lasten, er ist zugleich gültiger Vertreter der Gesellschaft vor Gericht (Art. 114, 117, 
118; über Zustellungen, sowie Zuschiebung und Ableistung von Eiden vgl. auch 
CPO. 8§ 157, 169, 436, 437). 
3) Die Gesellschafter haften für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch 
und mit ihrem ganzen Vermögen. Diese Haftung erstreckt sich auch auf den, der in 
eine bestehende H. eintritt für alle von der Gesellschaft vor seinem Eintritt einge- 
gangenen Verbindlichkeiten (Art. 113; vgl. art. 22 Code du commerce). Die Haftung 
hat ihre Bedeutung darin, daß jeder Gesellschafter prinzipal und solidarisch mit 
seinem Privatvermögen für die Gesellschaftsschulden einsteht, so daß die Gesellschafts- 
gläubiger die Wahl haben, ob sie ihre Klagen gegen die Gesellschaft oder einen ein- 
zelnen Gesellschafter richten oder ob sie beide Klagen kumuliren wollen. (Ueber die
	        
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