Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

258 Handels- und Gewerbelammern. 
sellschaft u. s. w. gerichtet werden (Keyßner, Erhaltung der Handelsgesellschaft, 
S. 47; ferner in Busch's Archiv XXXI. S. 287; dessen HGB. zu Art. 12, Nr. 7). — 
Eintragungen, welche mit dem Gesetz in Widerspruch stehen, sollen sich nicht vor— 
finden; sofern sie vorhanden, sind sie wirkungslos, so J. B., ob die Verbandsmit- 
glieder einer Aktiengesellschaft nur für eine bestimmte Zeit erwählt seien, daß ein 
Prokurist von der Acceptirung von Wechseln ausgeschlossen sei. Für die Beurkundung 
der Ausschließung oder Aufhebung der ehelichen Gütergemeinschaft sind durch das 
Einf. Ges. zum HOG#B. besondere Register angeordnet. Für die Genossenschaften ist 
durch das Reichsgesetz, betr. die Stellung der Erwerbs= und Wirthschaftsgenossenschaften 
vom 4. Juli 1868 ein besonderes Register eingeführt. An das H. schließen sich an 
das Zeichenregister auf Grund des Reichsgesetzes, betr, den Markenschutz vom 80. Novbr. 
1874; das Musterregister auf Grund des Reichsgesetzes vom 11. Januar 1876. 
Lit.: Roloff, Handels= und Schifferesister. — Schebeck, Das H. nach dem Allg. D. 
GB., Heft 1 1866; Heft 2 1872. — Spiller, Der Handelsrichter als Kommissarius zur 
ührung von H. u. s. w. (1876). — Constant. Weber, Die Anmeldung der Firmen, Zeichen 
und Muster zum H. (1879). — Wilh. Schmidt, Das Gerichtsschreiberamt, . 274 ff. 
eyßner. 
Handels- und Gewerbekammern. Gesetzgebung und Verwaltung in einem 
Staate sehen ihre höchste Aufgabe in der Verwirklichung der einzelnen Interessen 
und ihrer Harmonie mit allen anderen Interessen; um diese Aufgabe zu lösen, ent- 
steht das Bedürfniß, das Wesen, den Umfang die wahren Bedürfnisse dieser Inter- 
essen nicht mehr blos im Allgemeinen, sondern auch womöglich für jeden Akt der 
Gesetzgebung und Verwaltung gegenwärtig zu haben. Das kann die Regierung bis 
zu einem gewissen Grade durch ihre eigenen Organe, durch ihre Verwaltungsbehörden 
besorgen lassen. Mit der Zeit hat man aber erkannt, daß es noch richtiger ist, 
diese Interessen selbst zu hören. Den Interessen muß Gelegenheit gegeben sein, selbst 
zu reden. Von diesem Gesichtspunkte aus sind die Interessenvertretungen für Handel 
und Gewerbe entstanden. Sie entstehen nicht von selbst, sondern sie werden durch 
Gesetze oder Verordnungen geordnet. Sie funktioniren nicht nach ihrem Ermessen, 
sondern sie haben die Pflicht die ihnen unterstellten Thatsachen zu beobachten und 
der Regierung für ihren Zweck auf ihre Fragen zu antworten. Daraus folgt nur 
wieder, daß diese Organe auch das Recht haben müssen, in allen Handel und Ge- 
werbe betreffenden Angelegenheiten gehört zu werden. Diese Konsequenz ist freilich 
nicht in allen einschlägigen Gesetzgebungen gezogen worden, meist ist sie durch ein 
„wo thunlich“ oder „in der Regel“ verklaufulirt. Der Endpunkt der Entwickelung 
dieser Institute kann aber kein anderer sein, als der eben gekennzeichnete: nur in 
demselben Grade, in welchem die Organe nach oben als die alleinigen Medien an- 
erkannt werden, durch welche die von ihnen vertretenen Interessen gewahrt werden, 
desto fester wird der Stützpunkt nach unten in den Kreisen sein, deren Interessen 
sie eben vertreten. Nur die Oesterreichische Gesetzgebung hat diesen Standpunkt 
schlechtweg aufgenommen, ebenso der Entwurf des Deutschen Handelstages in An- 
sehung eines gemeinsamen Deutschen Handelskammergesetzes. — Das Mutterland der 
H. und G. ist Frankreich, wo solche schon im vorigen Jahrhundert bestanden. Sie 
wurden zwar 1791 mit den Zünften aufsgehoben, doch 1801 wiederhergestellt und 
verbreiteten sich dann über den damals mit Frankreich verbundenen Theil Deutsch- 
lands. 1803 wurde die Handelskammer in Köln eingerichtet, 1804 jene von Kre- 
feld, nach und nach entstanden noch eine Reihe von Handelskammern in West- 
deutschland. Gesetzlichen Boden fand das Institut erst durch die Preußische Ver- 
ordnung vom 11. Februar 1848. Theils die Nothwendigkeit einer Revision dieser 
Verordnung, theils die inzwischen neu hinzugekommenen Gebietstheile Preußens 
veranlaßten endlich das Gesetz vom 24. Februar 1870 über die Handelskammern. 
Preußen hat nunmehr 80 Handelskammern. In den Reichslanden existiren 4 
Handels= und 2 Gewerbekammern, die dem Französischen Gesetze vom 3. Dez. 1851
	        
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