Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Handlungsbevollmächtigter. 265 
innerhalb des Organismus des Handlungsgewerbes leisten. Handlungsgehülfe 
braucht er nicht zu sein; es genügt, daß er sich faktisch der Thätigkeit eines solchen 
unterzieht, mag dies auch nicht auf Grund eines Engagement- oder Lehrvertrags, 
sondern auf Befehl (des Vaters), aus Gefälligkeit oder aus sonstigen Rücksichten 
(z. B. seitens der Ehefrau des Kaufmanns) geschehen. Vollmacht eines Kaufmanns 
an andere Personen, z. B. selbständige Gewerbetreibende, ist nicht Handlungsvollmacht 
und unterliegt den Vorschriften der Art. 297, 298 des H###B., wenn sie Handels- 
geschäfte zum Gegenstande hat („Handelsvollmacht“"). 
4) Die Vollmacht darf nicht als Prokura bezeichnet sein (s. d. Art. Prokura). 
Gegenstand der Handlungsvollmacht ist entweder der Betrieb des ganzen 
Handelsgewerbes (Generalhandlungsbevollmächtigter, Disponent) oder eine bestimmte 
Art von Geschäften oder auch nur ein einzelnes Geschäft (dafür das ROp ., 
dagegen Thöl). 
Die Ertheilung der Handlungsvollmacht erfolgt durch „Ueberweisung einer 
Arbeitsthätigkeit, deren Erfüllung ohne Vollmacht nicht ausführbar.“ 
Der Kreis dieser Thätigkeit bestimmt zugleich den Umfang der Vollmacht 
und zwar derartig, daß der Bevollmächtigte zum Abschluß aller Geschäfte und 
Rechtshandlungen befugt ist, welche der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes 
oder die Ausführung derartiger Geschäfte nach allgemeiner Anschauung oder nach 
der Handelsweise des Prinzipals gewöhnlich mit sich bringt. Demgemäß ist dieser 
Umfang zwar nicht absolut durch das Gesetz bestimmt, wol aber mit Rücksicht auf 
die Verkehrssicherheit insoweit fest präzisirt, als er jedem Dritten lediglich durch 
äußerliche Momente, nämlich durch die Stellung des Bevollmächtigten im Handels- 
gewerbe und durch die Thätigkeit, welche geschäftsgebräuchlich mit einer solchen 
Stellung verbunden ist („Prinzip der Gewöhnlichkeit“), erkennbar wird. Liegt ein 
durch den H. abgeschlossenes Rechtsgeschäft innerhalb dieser Grenzen, so ist es für 
den Prinzipal selbst dann verbindlich, wenn der Bevollmächtigte einer ausdrücklichen 
Weisung desselben zuwider gehandelt hat — es sei denn, daß der Dritte eine solche 
Beschränkung kannte oder nach den Umständen kennen mußte, z. B. wegen eines 
diesbezüglichen, offensichtlichen Anschlags im Geschäftslokal. 
Die Grundsätze von Treu und Glauben beherrschen das Institut der Hand- 
lungsvollmacht, wie überhaupt, so auch bezüglich der Erkundigungspflicht des 
Dritten über deren Umfang. Diese „hat zwischen mißtrauischem Forschen und 
unbedachter Gläubigkeit die Mitte zu halten“ (Keyßner). „Der Prinzipal muß 
den Umfang der Vollmacht gegen sich gelten lassen, welcher . . aus seinem that- 
sächlichen Verhalten nach Außen hin zu entnehmen ist. Hat der Dritte in Folge 
dieses Verhaltens des Prinzipals hinreichenden Grund anzunehmen, daß der Bevoll- 
mächtigte gemäß der Vollmacht handle, so darf er der ausdrücklichen oder thatsäch- 
lichen Angabe des Bevollmächtigten über den Umfang seiner Vollmacht trauen, und 
es darf ihm nicht zugemuthet werden, zuvor Erkundigung bei dem Prinzipal einzu- 
ziehen.“ (Entsch. des RO-G. vom 23. Febr. 1877 bei Keyßner, S. 54.) Hat 
der Dritte dringende Gründe zum Verdacht einer Unredlichkeit seitens des Bevoll- 
mächtigten, so muß er sich bei dem Prinzipal informiren; im Zweifel hat allerdings 
dieser jeden Mißbrauch der Vollmacht seitens des H. zu vertreten. 
Die Handlungsvollmacht ersetzt innerhalb ihres Bereichs jede landesgesetzlich 
etwa vorgeschriebene Spezialvollmacht (Art. 47, Abs. 3). Sie ermächtigt aber 
nicht, falls eine solche Befugniß nicht besonders ertheilt ist, zum Eingehen von 
Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen, zur Prozeßführung (Art. 47, 
(irn 2) der zur Uebertragung der gesammten Handlungsvollmacht auf einen Andern 
(Art. 53). 
Das HGB. enthält bezüglich des Umfangs der Handlungsvollmacht mehrere be- 
sondere Bestimmungen:
	        
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