Hausgesetze. 297
z. B. in dem H. der Grafen Giech, Bestimmungen finden, welche unter keinen
Umständen auf das bestehende objektive Recht zurückgeführt werden können, welche
vielmehr wie die Festsetzung eines eigenthümlichen Volljährigkeitstermins, eigenthüm-
licher Normen über die Vormundschaft von dem Gem. Recht abweichen. (Ueber die
hinsichtlich dieser Frage enstandene Kontroverse vergl. v. Gerber, Ueber den Be-
griff der Autonomie; Arch. f. civil. Praxis, Bd. XXXVII. 18541, S. 35 ff.
K. Maurer, Ueber den Begriff der Autonomie; Krit. Vierteljahrsschr. Bd. II.
(1855), S. 229 ff. Derselbe, Art. Autonomie in Bluntschli's Staats Wört. B.
Bd. I. [1857], S. 605 ff. v. Gerber, Das Hausgesetz der Grafen Giech, 1858.
Jolly, Das Hausgesetz der Grafen Giech; Krit. Ueberschau, Bd. VI. 1859],
S. 330 ff. Hermann, De autonomia juris Germanici fonte, Jena 1859.
v. Gerber, Nachträgliche Erörterungen zur Lehre von der Autonomie, in v. Gerber
und Ihering, Jahrbb. für Dogmatik rc., Bd. III. 1859|, S. 411 ff. v. Gerber,
System des Deutschen Priv. R., 9. Aufl. 1867, S. 65 ff. Vergl. auch v. Gerber,
Gesammelte juristische Abhandlungen, 1872, I. 36 ff. Beseler, Syst. des gem.
Deutschen Priv. R., 3. Aufl. 1873, S. 699 ff. Lewis, Zur Lehre von der Auto-
nomie des hohen Adels, in Behrend, Ztschr. für Gesetzgebung und Rechtspflege in
Preußen, Bd. III. 1869] S. 687 ff.)
Subjekte dieser Rechtsbildung in früheren Zeiten sind die Familien des hohen
Adels als solche, indem sich innerhalb dieses Standes die ursprüngliche Festigkeit
der verwandtschaftlichen Verbindung, die Bedeutung derselben als Rechtsgenossenschaft,
intakt erhalten hatte; und zwar erfolgte solche Festsetzung in der Regel durch ein-
stimmigen Schluß, seltener durch Mehrheit, noch seltener durch das Familienhaupt
ohne Zuziehung der übrigen Familienglieder. In Folge der staatsrechtlichen Ent-
wickelung dieses Jahrhunderts ist nun bei den souveränen Familien durch die volle
Entwickelung der Landeshoheit aus einem Privatrecht der Familie zur Staats-
gewalt, insbesondere auch durch die Unterordnung der übrigen Familienglieder unter
den Souverän und unter die Landesgesetzgebung, sodann durch die Ausbildung der
konstitutionellen Verfassungen ein Theil derjenigen Materien, welche früher aus-
schließlich der hausgesetzlichen Regulirung unterlagen, derselben entzogen, und wegen
seiner Bedeutung für das gesammte Staatsleben zum Gegenstande der Landesgesetz-
gebung, vielfach sogar des Staatsgrundgesetzes gemacht worden. Insbesondere hat
die Preuß. Verfg. Urk. in den Art. 53, 54, 56—58 die Bestimmungen über die
Thronfolge — dies jedoch unter Erwähnung der gleichlautenden hausgesetzlichen
Bestimmungen im Widerspruch mit dem Entwurf der Nationalversammlung — sowie
die Bestimmungen über die Volljährigkeit und die Regentschaft der Sphäre haus-
gesetzlicher Normirung entzogen. Diese ist dagegen, wie die unbeanstandet erlassenen
H. für Bayern vom 5. Aug. 1819, für Württemberg vom 8. Juni 1828, für
Hannover vom 19. Nov. 1836, für Sachsen vom 30. Dez. 1837 beweisen, in den
von der verfassungsgesetzlichen Feststellung unberührten Materien noch immer zulässig.
Für die Mediatisirten sind nach der ausdrücklichen Bestimmung der Bundesakte
Art. 14, Lit. c, sub Nr. 2 in Gemäßbeit der früheren Deutschen Verfassung nicht
nur die noch bestehenden Familienverträge aufrecht erhalten, sondern es ist ihnen
auch die Befugniß zugesichert, über ihre Güter und Familienverhältnisse verbindliche
Verfügungen zu treffen; diese müssen jedoch dem Souverän vorgelegt, und bei der
höchsten Landesstelle zur allgemeinen Kenntniß und Nachachtung gebracht werden.
Es wird danach nicht zu bezweifeln sein, daß den mediatisirten Häusern auch noch
gerenwürti die Befugniß zusteht, eine vom Gem. Landrecht abweichende wirkliche Rechts-
schöpfung in Bezug auf ihre Güter und Familienverhältnisse vorzunehmen. Dagegen
ist es bestritten, ob die Vorlage an den Souverän — die übrigens in einigen
Ländern zu einem wenigstens thatsächlichen Bestätigungsrechte erweitert ist — eine
Bedingung der Gültigkeit unter den Familiengliedern selbst, oder gegenüber dritten
Personen sei, und ferner ob schon durch die Uebergabe an die höchste Landesstelle