Gegenvormund. 31
der Gütergemeinschaft (art. 1442), in der Betreibung der Pfandeintragung auf die
Grundstücke des Vormundes (art. 2137), in der Mitwirkung beim Hypotheken-
reinigungsverfahren (art. 2194). Vernachlässigung dieser Pflichten machen den
t. subroge sowol dem Mündel, wie Dritten gegenüber haftbar. Dagegen vertritt
er außer in den erwähnten Ausnahmefällen den Bevormundeten nicht und unter-
liegt auch nicht den Beschränkungen bei Abschluß von Rechtsgeschäften, wie sie
zwischen Vormund und Mündel bestehen (art. 450, 451, 649, 1594, 1596). —
Im Deutschen R. ist der G. mit dem Französ. R. in den Rechtsgebieten desselben
vorhanden, so namentlich auch in Elsaß-Lothringen, wo das Gesetz vom 22. Okt.
1873 noch die Aufsicht des Richters über den G. verschärfte. Ein neuer Wirkungs-
kreis ist dem G. durch die Preuß. Verordn. vom 5. Juli 1875 eröffnet. Nach
derselben sind folgende Fälle zu unterscheiden: 1) die Bestellung des G. muß er-
folgen, a) wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist
*l nicht mehrere Vormünder zur ungetheilten Verwaltung bestellt sind (8 26
s. 2); b) wenn Werthpapiere veräußert, Kapitalien eingezogen, abgetreten, ver-
Arln werden sollen, sofern sie nicht bei Sparkassen belegt werden, sowie wenn es
sich um Aufgabe oder Minderung von Sicherheiten für eine Forderung handelt
E 41), endlich c) wenn das Gericht eine Handlung des Vormundes genehmigen
soll (§ 55 Abs. 2, vgl. § 34 Abs. 1). Nichtigkeit des Geschäfts bei unterlassener
Mitwirkung des G. ist nicht ausgesprochen, nur in dem Falle zu b liegt ein sog.
negotium claudicans zwischen Mündel und dritten Kontrahenten vor (Preuß. Gesetz
vom 12. Juli 1875, §§ 2—4). Doch kann die Genehmigung des G. durch das
Gericht ersetzt werden (§ 41 Abs. 2). 2) Die Bestellung des G. kann erfolgen,
a) wenn das Gericht es für ersprießlich hält (§ 26 Abs. 1) und nach richtiger
Meinung auch b) bei einer Pflegschaft (§ 91 Abs. 1). 3) Die Bestellung des G.
darf nicht erfolgen, wenn Vater und Mutter in einer gehörig beglaubigten (§ 17)
Urkunde dieselbe untersagt haben (5 26 Abs. 6), und neben dem gesetzlichen Vor-
mund (8§§ 12, 13), außer wenn die gerichtliche Genehmigung einer Handlung desselben
in Frage steht (§ 55). — Berufung und Bestellung des G. unterliegen den für den
Vormund gegebenen Vorschriften, er erhält auch eine Bestellung (§ 66). Es kann
nur Ein G. vorhanden sein. Seine Pflichten sind: die Aufsicht über die Ver-
mögensverwaltung des Vormundes oder Pflegers (§§ 35 Abs. 1, 56, 57, 67 Abf. 2),
die Beurtheilung der von dem Gerichte zu genehmigenden Handlungen des Vor-
mundes (§§ 55 Abs. 2, 34 Abs. 1), die Anzeige von Pflichtwidrigkeiten, der Un-
fähigkeit oder des Todes des Peineme (& 31 Abs. 2, § 65 Abf. 1), die Er-
richtung eventuell Berufung eines Familienrathes (§8 71, 77 Abf. 9 oder die An—
hörung von Verwandten (8 55 Abs. 1) zu beantragen, bei den lol 1 b gedachten
Rechtsgeschäften mitzuwirken (§ 41). Der G. steht unter der Aufsicht des Gerichts,
welches gegen ihn Ordnungsstrafen erlassen (§ 51), nicht aber Sicherstellung von
ihm fordern kann (§ 59 Abs. 3). Ein Honorar steht ihm nicht zu (§ 34 Abf. 3)
und sein Amt endet nach denselben Grundsätzen, wie das des Vormundes. Im
Einzelnen bieten die gesetzlichen Bestimmungen zu zahlreichen Kontroversen Ver-
anlassung, unstreitig aber ist er niemals zur Vertretung des Mündels berechtigt. —
Das Italienische R. schließt sich in seinen Vorschriften über den protutore dem
Französischen Vorbild an (C. civ. Ital. art. 264 ss.).
Lit.: Rudorff, Das Recht der Vormundschaft, 1833 II. S. 238. — Kraut, Die Vorm.
nach den Grundf. des Deutschen R., 1835 I 224. — De Fréminville, Traité de la
minorité et de la tutelle, 1846 I. p. 161 — Aubry et Rau, Cours de droit civ.
frang. 4ieme édit. I. p. 4s6 sSʒ 474 ss. — Dernburg, Das Vormundschaftsrecht d. Preuß.
Monarchie, 1876 2. Aufl. S. 89 ff. — Die Kommentare zur Preuß. Vorm.O. von Anton,
Löwenstein, Neumann, Pasteer, esse. — Vgl. Lyon, Geharnischte Streifzüge in
die Vorm.O., 1879, S. 130—148. vesi 8
Kayser.