124 Justizverweligerung — Kabotage.
QOuellen: c. 13, 14. (#. XVI. qu. 3. — C. 10. X. de praescr. II. 26. — Deutsche
CW#. 222, 226 ff. — A. LR. Th. I. Tit. 9 §§ 523, 530. — Oesterr. B#. #§ 1496. —
Sächs. BG. § 157, 273.
Lit.: Marezoll, Zeitschr. f. Civ.R. u. Proz. VII., VIII. P. Hinschius.
Justizverweigerung ist die Weigerung eines Gerichtes, in einem gegebenen
Fall die Justiz zu verwalten oder auf einen gestellten Antrag zu verfügen. Sie
liegt dagegen nicht vor, wenn ein solcher vom Richter als unstatthaft zurückgewiesen
wird, weil derselbe damit die Justiz ausgeübt hat. Eine J. kann auch dadurch
eintreten, daß die erforderliche richterliche Handlung in einem bestimmten Falle
beharrlich aufgeschoben wird (sog. Justizverzögerung). Abhülfe ist auf dem
Wege der Beschwerde (sog. querela denegatae vel pertractae justitiae) an die
vorgesetzte Aufsichtsinstanz zu suchen, welche gegen den die Justiz verweigernden
Richter abgesehen von Befehlen auch mit disziplinarischen Maßregeln vorgehen kann.
Des Näheren ist die Landesgesetzgebung maßgebend, da derartige Beschwerden durch
die Reichsgesetzgebung nicht geregelt worden sind. Für den Fall, daß in einem
Bundesstaate keine Hülfe gegen eine J. auf dem gesetzlichen Wege zu erlangen ist,
kann sich die beschwerte Partei an den Bundesrath wenden. Dieser hat, falls er
die Beschwerde nach den Gesetzen des betreffenden Staates begründet findet, die ge-
richtliche Hülfe bei der Regierung des letzteren herbeizuführen.
Quellen u. Lit.: Reichsverf. Art. 77. — Wetzell, Syst. des ordentl. Civ. Prz., §§ 34,
38, 61. — Renaud, Lehrb. des gem. Deutschen Civ. Prz. R., § 193. P. Hinschins.
Jus tollendi, s. Impensen.
K.
Kabinetsjustiz, d. h. das Eingreifen des Landesherrn in den Gang der Justiz
durch Befehle, mögen diese die Rechtsprechung ganz zu hindern, blos zu hemmen
oder in einer bestimmten Richtung zu beeinflussen suchen. Wenn die oberste Gesetz-
gebungsgewalt und die oberstrichterliche Stellung in einer Hand vereinigt sind, wie
bei den Römischen Kaisern und beim Papst, kann von einem Verbote derartiger
Eingriffe selbstverständlich keine Rede sein. Während das Germanische Recht durch
seine Trennung der richterlichen und Urtheilerfunktionen der oberstrichterlichen Gewalt
des Königs gegenüber die Unabhängigkeit der Justiz sicherte, bedurfte es mit dem
Wegfall dieser Trennung einer besonderen Ausschließung des Regenten. Eine solche
findet sich in Deutschland für die Reichsgerichte zuerst in der R.K.G.O. von 1495,
§§ 1, 21 ausgesprochen. Sodann sind derartige Zusagen von den Kaisern für das
Reich und von den Landesherrn für ihre Territorien wiederholt ertheilt worden. Heute
ist die Ausschließung der K. ein Fundamentalsatz des Deutschen Staatsrechts und sie ist
gesetzlich für ganz Deutschland durch das Deutsche GG. sanktionirt, da nach dem-
selben die richterliche Gewalt durch unabhängige nur dem Gesetze unterworfene Ge-
richte auszuüben ist und Niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf.
Quellen: Deutsches G. Ss 1, 16.
Lit.: Pfeiffer, Die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Richteramtes, Göttingen
851. P. Hinschius.
Kabotage (vom span. cabo, das Kap), Küstenschiffahrt, coasting trade, heißt
die Verschiffung der Handelsartikel von einem Hafenplatz an einen andern längs
einer zu demselben Staatsgebiet gehörigen Küste, oder längs einer Küste überhaupt.