Kommissionsgeschäft. 498
Wegen aller dieser Ansprüche hat der Kommissionär nach dem HGB., welches
in diesem Punkte den nach Gem. Recht sehr unvollkommenen Schutz desselben unter
Erweiterung gewohnheits- und partikularrechtlicher Sätze erheblich verstärkt hat,
neben dem gewöhnlichen kaufmännischen Retentionsrechte ein wahres gesetz-
liches Pfandrecht an dem Kommissionsgute, so lange er das letztere noch
detinirt oder darüber thatsächlich (noch) vermittelst der Konnossemente oder
anderer Dispositionspapiere verfügen kann. Dieses Recht ist nicht auf konnere
Forderungen (die wegen desselben Kommissionsguts entstanden sind) beschränkt;
das Pfand haftet vielmehr auch für andere Forderungen aus laufender Rechnung
in K. Der gesammte, aus häufig ineinander greifenden K. bestehende Verkehr
wird als ein zusammenhängendes Ganzes gedacht; eine gewisse Konnexität waltet
also immerhin ob. — Hinsichtlich der Geltendmachung steht das gesetzliche Pfand-
recht des Kommissionärs dem schriftlich bestellten kaufmännischen Faustpfande
gleich; derselbe kann sich bei Verzug des Kommittenten, selbst wenn dieser in Konkurs
verfallen ist, ohne Klage aus dem Pfande durch Verkauf bezahlt machen. Anderen
dinglich Berechtigten gegenüber hat der Kommissionär den gewöhnlichen Schutz des
redlichen Konventionalpfandnehmers. Von den anderen gesetzlichen Pfandrechten
gehen ihm die durch Versendung oder den Transport des Guts entstandenen vor. —
Ueberdies hat der Kommissionär, wie das H#. sich ausdrückt, das Recht, sich
vorzugsweise vor dem Kommittenten (dessen Separationsrecht — s. oben — sich
also insoweit modifizirt) und dessen Gläubigern aus den durch das K. begrün-
deten und noch ausstehenden Forderungen zu befriedigen. Dem Anspruche
des Kommittenten oder dessen Konkursmasse gegenüber hat er also ein unbeschränktes
Kompensationsrecht resp. ein Retentionsrecht. — Das Vorbild dieser
Bestimmungen war der Code com., welcher das Pfandrecht indessen auf den
Verkaufskommissionär beschränkte, auch das Erforderniß der Konnexität festhielt. Das
Holländische HGB. von 1838 sowie das dortige Gesetz vom 4. Juli 1874 und das
Italienische HGB. von 1865 geben das Pfandrecht auch dem Einkaufskommissionär.
Das Französische Gesetz vom 23. Mai 1863 läßt gleichfalls die Anwendung auf
diesen zu, beseitigt den früheren Unterschied, je nachdem Kommissionär und Kommittent
an demselben Orte wohnen, und erweitert das Vorzugsrecht am Erlöse gegenüber
den Gläubigern des Kommittenten auf Forderungen des Kommissionärs überhaupt. —
Auch das neuere Englisch-Amerikanische Recht erkennt ein sehr ausgedehntes kauf-
männisches Deckungsrecht (lien) des Kommissionärs an.
Wie an den ausstehenden Forderungen aus dem mit dem Dritten gemachten
Geschäft ein Pfandrecht des Kommissionärs dadurch ausgeschlossen ist, daß er,
obschon zur Abtretung verpflichtet, doch selbst Subjekt dieser Forderungen ist, so
bedarf der Kommissionär wenigstens Dritten gegenüber häufig nicht des Pfand-
rechts am Kommissionsgute, weil er Eigenthümer des letzteren ist. Insonderheit ist
nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Einkaufskommissionär als Eigen-
thümer der von ihm eingekauften und ihm übergebenen Waare
anzusehen. Indessen ist diese Streitfrage vom H#. nicht entschieden. Die richtige
Meinung, daß erst die Tradition seitens des Kommissionärs an den Kommittenten
diesem das Eigenthum übertrage, vertreten u. A. Goldschmidt, Endemann,
Laband, v. Hahn, Gerber, Bremer, Heise, Gelpcke, auch das ROÖ.,
sowie das OTrib. zu Berlin, das OApp. Ger. zu Lübeck 2c. Sofortigen Besitz= und
Eigenthumserwerb des Kommittenten nimmt als Regel an Grünhut. Die um-
gekehrte Regel vertheidigt Randa. Andere unterscheiden, ob wirklich gekauft oder
vom eigenen Lager geliefert ist, und lassen im ersteren Falle Besitz und Eigenthum
auf den Kommittenten im Momente des Besitzerwerbs durch den Kommissionär über-
gehen (Treitschke, Wilda, Mittermaier 2c.). Zuweilen wird die selbst-
verständliche Beschränkung hinzugefügt, daß der Kommissionär erweislich für Rechnung
des Kommittenten gekauft haben müsse (Pöhls, Wilda, Walter 2c.). Die