Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gemeindebeamte. 51 
schuldigungsgründe (z. B. anderweites öffentliches Amt, Alter über 60 Jahre, 
Krankheit, dauernde Abwesenheit, ärztliche Praxis, Bekleidung eines Gemeindeamts 
während eines bestimmten Zeitraums) zur Seite stehen. Die unbegründete Ableh- 
nung zieht zwar keinen direkten Zwang, wol aber Verlust des Stimmrechts und 
Geldstrafen, meist in der Form einer Erhöhung des Kommunalsteuerbetrages, nach sich. 
Was von der Ablehnung gilt, das gilt natürlich auch von der Niederlegung des 
Amts. Obwol nun aber so die Verwaltung der Gemeindeämter in bedeutendem 
Umfange durch Gemeindebürger geführt wird, welche auf Grund ihrer Bürgerpflicht 
durch Wahl oder Ernennung dazu berufen werden, so können doch die heutigen 
Gemeinden, namentlich die größeren Gemeinden, des besoldeten Berufsbeamtenthums 
nicht ganz entbehren. Es giebt zahlreiche Gemeindeämter, welche eine besondere 
technische und wissenschaftliche Qualifikation voraussetzen, während doch die Inhaber 
der erforderlichen Bildung nicht gezwungen werden können, unentgeltlich die von 
ihnen erworbenen spezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinde 
zu stellen. Andere Aemter fordern ihrer Natur nach eine volle und ununterbrochene 
Hingabe, können daher nicht nebenbei, sondern nur berufsmäßig verwaltet werden. 
Dies ist namentlich bei den meisten Unterämtern der Fall. Vor Allem aber kom- 
biniren sich beide Gesichtspunkte gerade bei den obersten Gemeindeämtern, indem 
die konstante Regierung und Leitung einer größeren Gemeinde einerseits eine beson- 
dere Ausbildung für den öfentlichen Dienst voraussetzt, andererseits den ganzen Men- 
schen fordert. Deshalb sind in den größeren Städten regelmäßig die Stellen der 
Bürgermeister und ihrer Stellvertreter, sowie überdies ein Theil der Stadtraths- 
stellen zu Berufsämtern ausgestaltet worden. Das kommunale Berufsbeamtenthum 
lehnt sich im Ganzen an das Vorbild des Staatsbeamtenthums an. Namentlich ist 
überall in Deutschland der Eintritt in das Verhältniß eines kommunalen Berufs- 
beamten Sache des freien Willens. Ebenso sind die Rechtsverhältnisse zwischen der 
Gemeinde und den eigentlichen G. den Rechtsverhältnissen zwischen dem Staat und 
seinen Beamten durchaus analog. 
Die G. sind im heutigen Deutschen R., da die Gemeinde durchweg wieder als 
besonderes politisches Geweinwesen anerkannt ist, Beamte der Gemeinde, nicht des 
Staats. Sie sind aber, da die Gemeinde zugleich Glied des staatlichen Organismus 
ist, mittelbar im Dienste des Staates thätig, und werden daher überall als „öffent- 
liche Beamte“ anerkannt, vielfach sogar (wie z. B. in Preußen) für „mittelbare 
Staatsbeamte“ erklärt. Deshalb sind die Grundzüge des Rechtes der G. in den 
vom Staat erlassenen Gemeindeordnungen geregelt, und die G. stehen überdies viel- 
fach in Abhängigkeitsverhältnissen und unter Aufsicht von Staatsbehörden. Dies 
Verhältniß steigert sich, insofern die G. zur Ausübung solcher Funktionen berufen 
werden, welche an sich staatlicher Natur, jedoch vom Staat der Gemeinde zur Selbst- 
verwaltung übertragen sind. Hiervon zu unterscheiden ist das gleichfalls (besonders 
in Preußen) vielfach begründete Verhältniß, welches aus der unmittelbaren Ueber- 
tragung staatlicher Funktionen auf den Bürgermeister oder Gemeindevorsteher oder 
einen andern G. als solchen, nicht auf die Gemeinde selbst, erwächst. Der Betref- 
fende bleibt zwar auch dann seiner Gesammtstellung nach Gemeindediener, steht aber 
nebenbei in einem unmittelbaren Dienstverhältniß zum Staat und ist hinsichtlich 
desselben direkt der vorgesetzten Staatsbehörde unterworfen und verantwortlich. Gerade 
solche Verhältnisse machen die Grenzziehung zwischen G. und Staatsbeamten oft 
schwierig. Auf der andern Seite sind die G. von den Beamten der in der Ge- 
meinde enthaltenen selbständigen Korporationen und Stiftungen zu unterscheiden, 
wobei dann wieder ähnliche mittelbare und unmittelbare Beziehungen der Korpora- 
tionsbeamten zur Gemeinde, wie der G. zum Staat, sich finden. 
Die Besetzung der Gemeindeämter und somit auch die Anstellung der eigent- 
lichen G. steht der Gemeinde zu; ja hierin liegt das Hauptkriterium gegenüber 
den Staats= und Korporationsämtern. Regelmäßig ist daher jeder Beamte, der 
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