Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

52 Gemeindebeamte. 
von der Gemeinde angestellt wird, als G. zu betrachten, wenn es auch denkbar 
bleibt, daß die Gemeinde zur Bestellung eines Beamten für einen andern Verband 
(z. B. eine engere Körperschaft) ermächtigt ist. Deshalb erklärt sogar das RGes. 
vom 6. Febr. 1875 8 5 die in größeren Gemeinden vom Gemeindevorstand er- 
nannten besonderen Standesbeamten auedrücklich für „Gemeindebeamte“, obwol die- 
selben ausschließlich staatliche Funktionen üben und obwol die mit den gleichen 
Funktionen betrauten, von der höheren Verwaltungsbehörde ernannten Standes- 
beamten zweifellos Staatsbeamte sind; man muß eben annehmen, daß in solchen 
Fällen die Buchführung im Namen des Staats zunächst der Gemeinde und erst von ihr 
den Beamten aufsgetragen ist. Andererseits sind regelmäßig nur die von der Ge- 
meinde angestellten Beamten als G. zu betrachten. Dieses Pringip wird natürlich 
dadurch nicht alterirt, daß hinsichtlich der obersten Beamten (sei es aller oder der 
besoldeten Vorstandsmitglieder oder doch des Bürgermeisters oder Einzelvorstehers) 
der Berufungsakt der Gemeinde zu seiner Gültigkeit staatlicher Bestätigung bedarf, 
mag nun letztere nur aus bestimmten Gründen (Mangel der gesetzlichen Erforder- 
nisse oder Verlust der allgemeinen Achtung) oder nach freiem Ermessen verfagt wer- 
den können. Doch giebt es auch wirkliche Ausnahmefälle, in denen z. B. Bürger- 
meister oder Gemeindevorsteher staatlich ernannt werden (sei es nun auf Vorschlag 
der Gemeinde, wie der Bürgermeister in Frankfurt a. M., sei es ohne solchen, wie 
die Gemeindevorsteher in den der Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845 unterstellten 
Rheinpreußischn Gemeinden) und dennoch als G. gelten. Hier handelt der Staat 
gewissermaßen als Vormund für die Gemeinde. Dagegen sind die staatlichen Kom- 
missare, denen bei wiederholter Nichtbestätigung einer Wahl oder bei Wiederwahl 
eines Nichtbestätigten oder bei Verweigerung der Wahl die Verwaltung einer Ge- 
meinde einstweilen übertragen werden kann, keine G., obschon ihr Gehalt der Ge- 
meinde zur Last fällt. 
Die Gemeinde ist bei Besetzung der Gemeindeämter an die gesetzlichen Erfor- 
dernisse gebunden. Unqualifizirt sind alle Staatsbeamte ohne Genehmigung ihrer 
vorgesetzten Dienstbehörde, während gewisse Kategorien von Staatsbeamten (Mit- 
glieder der Aufsichtsbehörden, polizeiliche Beamte, richterliche Beamte 2rc.), sowie 
Geistliche und Elementarlehrer, gänzlich von der Wählbarkeit in die Magistratskol- 
legien oder Gemeindevorstände und in die Repräsentativausschüsse der Gemeinde 
ausgeschlossen zu sein pflegen. Ferner dürfen nahe Verwandte (Vater und Sohn, 
Brüder) und nahe Verschwägerte (Schwiegervater und Schwiegersohn, Schwäger), 
nicht gleichzeitig dem Vorstand, nahe Verwandte auch nicht gleichzeitig der Reprä- 
sentantenversammlung, noch auch gleichzeitig beiden Kollegien angehören. Reichs- 
gesetzlich ausgeschlossen ist die Uebertragung „öffentlicher Aemter“; mithin auch 
irgendwelcher Gemeindeämter an Personen, welche mit Zuchthaus, bestraft sind 
(RtrafGB. § 31), sowie an Personen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt 
sind, während der Dauer des Ehrverlustes (ibidem § 34). Andererseits darf nach dem 
RGes. vom 3. Juli 1869 die Befähigung zur Bekleidung von Gemeindeämtern nicht 
vom religiösen Bekenntniß abhängig gemacht werden. Für gewisse Gemeindeämter 
ist ein positiver Befähigungsnachweis erforderlich. Zur Erlangung solcher Gemeinde- 
ämter, welche mit der unmittelbaren Bewahrung von Vermögensobjekten der Ge- 
meinde verknüpft sind, bildet die Bestellung einer Kaution (deren Höhe nach der 
Preußischen Städteordn. § 56 Nr. 6 der Magistrat nach Anhörung der Stadtver- 
ordnetenversammlung bestimmt) eine unerläßliche Vorbedingung. Der Besitz des 
Gemeindebürgerrechts ist nur für die Zulassung zu den unbesoldeten Gemeindeämtern 
erforderlich. Zu den kommunalen Berufsämtern können auch Gemeindefremde 
gewonnen werden; dieselben werden aber durch die Anstellung zu Gemeinde- 
angehörigen. 
Die Organe, durch welche die Gemeinde die einzelnen Aemter vergiebt, sind 
nach der Gemeindeverfassung bald die Wählerversammlungen der stimmberechtigten
	        
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