Gemeindebeamte. 55
meindevorstand selbst, obwol die Gemeindeversammlung oder deren Repräsentativaus-
schuß ihm gegenüber gewisse Kontrolbefugnisse hat, als eigentliche vorgesetzte Instanz
regelmäßig die staatliche Aufsichtsbehörde resp. die nächst höhere Selbstverwaltungs-
behörde fungirt.
Zu den Rechten der G. sind die Befugnisse der Gemeinde resp. des Staats,
welche mit dem Gemeindeamt zur Ausübung übertragen werden, nicht zu rechnen;
sie bleiben in der Hand des Beamten Rechte des Gemeinwesens, die er nur als
dessen Organ zur Geltung bringt. Wol aber besteht ein selbständiges publizistisches
Recht des G. auf Ausübung der Amtsgewalt und aller damit verknüpften Befug-
nisse; denn weder die Gemeinde noch der Staat können ihm das einmal übertragene
Amt nach Belieben, sondern nur nach Verfassung und Gesetz wieder entziehen. Die
abweichenden Grundsätze, welche in dieser Hinsicht in einigen Deutschen Staaten
(Bayern, Baden, Hessen, Braunschweig) für alle nicht-richterlichen unmittelbaren
Staatsbeamten, überall für gewisse Beamtenklassen gelten, finden auf G. keine An-
wendung. Publizistischen Charakter hat ferner der Anspruch des G. auf den mit
seinem Amt verbundenen Rang und Titel und auf besonderen strafrechtlichen Schutz
(RStraf GB. §§ 113 u. 114). Dazu treten bei den berufsmäßigen G. die ver-
mögensrechtlichen Ansprüche, vor Allem der Anspruch auf die zugesicherte Besoldung.
In dieser Beziehung ist den Gemeinden vielfach ausdrücklich die Pflicht auferlegt,
für eine ausreichende Besoldung der G. zu sorgen und die Besoldungsbeträge in den
Etat aufzunehmen; in Preußen unterliegt sogar hinsichtlich der Bürgermeister und
der besoldeten Magistratsmitglieder die Festsetzung der Besoldungen in allen Fällen
der Genehmigung der Regierung, welche ebenso befugt als verpflichtet ist, zu ver-
langen, „daß ihnen die zu einer zweckmäßigen Verwaltung angemessenen Besoldungs-
beträge bewilligt werden“ (Preuß. Städteordn. § 64). Außerdem haben alle Träger
von Gemeindeämtern, einschließlich der unbesoldeten, denen der Empfang von Gehalt
und Remuneration ausdrücklich untersagt ist, einen Anspruch auf Ersatz der im
Dienste der Gemeinde gemachten baaren Auslagen.
Was die Beendigung des G. verhältnisses angeht, so erlischt dasselbe
jedenfalls durch den Tod; doch wirkt es bei den besoldeten G. in dem An-
spruch der Hinterbliebenen auf Gnaden= und Sterbequartal (vgl. z. B. Preußische
Kabinetsordre v. 22. Januar 1826 wegen des Gnaden= u. Sterbequartals für die Hin-
terbliebenen der Kommunalbeamten) und zum Theil auch in Pensionsberechtigungen
der Wittwe und der Kinder nach, soweit in letzterer Beziehung durch das Gemeinde-
recht oder durch besonderen Vertrag Fürsorge getroffen ist. Sodann geht jedes Ge-
meindeamt, welches nur auf Zeit verliehen ist, mit dem Ablauf der Amtsperiode
von selbst verloren. Dem kommunalen Aemtersystem ist in dieser Hinsicht eigen-
thümlich, daß auch besoldete Berufsbeamte vorkommen, welche nur auf einen be-
stimmten Zeitraum angestellt sind, indem die Wahl der besoldeten Bürgermeister und
Magistratsmitglieder vielfach nur für eine Wahlperiode von zwölf Jahren (in Preußen)
oder selbst für noch kürzere Zeit erfolgt. Doch entstehen dann im Falle der Nicht-
wiederwahl nach Ablauf der Amtsperiode gleiche Pensionsansprüche wie im Falle
der Dienstunfähigkeit. Regelmäßig können aber auch die Bürgermeister und besol-
deten Magistratsmitglieder, wenn die Gemeinde dies beschließt, auf Lebenszeit be-
rufen werden (in Preußen durch Gesetz vom 25. Febr. 1856 gestattet). Alle übrigen
besoldeten G. sollen nach den meisten Gesetzgebungen in der Regel lebenslänglich an-
gestellt werden; nur bei denjenigen Unterbeamten, welche zu mechanischen Dienst-
leistungen bestimmt sind, ist Annahme auf Kündigung zulässig (Preuß. Städteordn.
§ 56, Nr. 6). Im Gegensatz zu den Trägern der kommunalen Ehrenämter können
die kommunalen Berufsbeamten gleich den Staatsbeamten jederzeit ihre Entlassung
fordern, dürfen aber erst, nachdem die Entlassung ihnen ertheilt ist, das Amt nieder-
legen. Unfreiwillig wird das Beamtenverhältniß durch Verurtheilung zur Zucht-
hausstrafe, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und besondere Aberkennung der