Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

582 Kriegsleistungen. 
Oinsichtlich aller dieser K. hält sich die Verwaltung niemals an die Individuen 
als Verpflichtete, sondern immer nur an die bestehenden organischen Verbände und 
zwar hinsichtlich der Landlieferungen an die Kreise, hinsichtlich aller übrigen entgelt- 
lichen und unentgeltlichen K. an die Gemeinden. Die weitere Regelung dieser Ver- 
pflichtung, also der Kreislasten in Beziehung auf die Gemeindeverbände und der 
Gemeindelasten in Beziehung auf die Gemeindemitglieder, resp. die Entschädigung 
der Einzelnen, sofern dieselben durch Gewährung von Uebungsplätzen oder sonst vor 
Anderen in Anspruch genommen sind, ist eine innere Angelegenheit der kommunalen 
Verbände. Die zu gewährende Entschädigung wird unabhängig von dem Werthe 
oder Preise, den der Gegenstand oder die Leistung im entscheidenden Augenblicke hat, 
nach Normen bestimmt, die für die verschiedenen K. in verschiedener Weise festgesetzt 
sind; die Vergütigung für die Landlieferungen und die Fourage bestimmt sich z. B. 
nach den Durchschnittspreisen der letzten zehn Friedensjahre, mit Weglassung des 
theuersten und wohlfeilsten Jahres, nach den Normalmarktorten des Gesetzes vom 
2. Märg 1850 oder nach den Hauptmarktorten der Kreise. Ueber die danach zu 
gewährenden Vergütigungen stellt der Staat Anerkenntnisse aus, welche vom ersten 
Tage des auf die Lieferung folgenden Monats mit vier Prozent jährlich verzinst 
werden. Die festgestellte Vergütigung wird kreisweise gewährt und bleibt es den 
Kreisen, resp. den Gemeinden überlassen, die Ausgleichung unter den Eingesessenen 
zu bewirken. (Vgl. die stenographischen Berichte der II. Kammer 1850—1351, 
Bd. I. S. 644 ff.; Bd. II. S. 704 ff.; Bd. III. S. 155, 663.) 
Das Preuß. Kriegsleistungsgesetz war inzwischen in Südhessen durch landes- 
herrliche Verordn. vom 29. Mai 1868, in Baden durch Landesges. vom 26. Dez. 
1870, in Elsaß-Lothringen durch Ges. vom 22. Juni 1872 eingeführt worden, 
während die Herstellung des gleichen Rechtszustandes in Bayern und Württemberg 
nach den bestehenden Verträgen nur im Wege der freien Vereinbarung oder der 
RGesetzgeb. ausführbar war. Um nun einerseits in dieser wichtigen Materie für 
das ganze Bundesgebiet Rechtseinheit herzustellen, und um andererseits die nach den 
gemachten Erhebungen sich empfehlenden Abänderungen und Ergänzungen des Preuß. 
Gesetzes herbeizuführen, so wurde dem Reichstage unterm 26. März 1873 ein vom 
Bundesrathe beschlossener Gesetzentwurf zur verfassungsmäßigen Genehmigung vorgelegt. 
Derselbe beruhte in der Hauptsache auf der Erwägung, daß die Grundlage des Preuß. 
Gesetzes sowol dem Interesse einer wirksamen Kriegführung entspreche, als auch auf 
die Verhältnisse der Leistungspflichtigen thunlichst Rücksicht nehme; es wurde deshalb 
namentlich daran festgehalten, daß für die Kriegsbedürfnisse durch Naturalleistungen 
Sorge zu tragen sei, soweit diesen Bedürfnissen nicht auf andere Weise genügt werden 
könne; daß ferner die Leistungspflicht soweit möglich nicht den Individuen, sondern 
den kommunalen Verbänden aufzulegen, diesen jedoch die Befugniß zuzugestehen sei, 
sich nöthigenfalls zwangsweise in den Besitz der einzelnen Gegenstände der Leistungen 
zu setzen; daß endlich gewisse Kategorien von Leistungen von der Vergütung aus 
Reichsmitteln auszuschließen, wogegen in Ansehung der übrigen eine Entschädigung 
zwar vorzusehen, aber in der Regel nur nach Durchschnittssätzen und in verzinslichen, 
nach Maßgabe der verfügbaren Mittel einzulösenden Anerkenntnissen zu leisten sei. 
Dagegen wurden im Hirblick auf die theilweise veränderte Art der Kriegführung und 
auf die Umgestaltung der wirthschaftlichen und Verkehrsverhältnisse mannigfache 
Beschränkungen in dem Maße der Leistungen, bzw. eine qualitative und quantitative 
Erweiterung der Entschädigungsansprüche herbeigeführt, und nur in geringem Maße. 
neue Kategorien von Leistungen in Anspruch genommen, indem namentlich auch die 
Bedürfnisse der Marine berücksichtigt wurden. In formeller Beziehung ist die Fassung 
des Gesetzes dadurch eine andere geworden, daß bei denjenigen Vorschriften, welche 
die Verwaltungseinrichtungen berühren, von der speziellen Preuß. Verwaltungs- 
organisation abgesehen werden mußte; auch ist die Gruppirung des Stoffes nicht die 
in den früheren Preuß. Gesetzen nach den in Anspruch zu nehmenden einzelnen
	        
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