Gans — Garantieverträge. 3
Gierke fassen die G. auf als materielle Rechtsgemeinschaft (gesammte Hand), wobei
die Genossen, ohne eine juristische Person zu bilden, ein Gesammteigenthum an
dem gemeinschaftlichen Gegenstande haben. Letztere Auffassung entspricht am meisten
den hierbei in Betracht kommenden Rechtsverhältnissen. Veranlassung zur Begrün-
dung einer G. lag namentlich in gemeinschaftlicher Erbauung oder Eroberung einer
Burg, sowie im Miterbrecht mehrerer Personen. Auflösbar ist die Gemeinschaft
meist nur durch übereinstimmenden Beschluß der Genossen. Veräußern dürfen die
einzelnen ihre Antheile nur im Falle echter Noth; auch steht den Genossen ein
Vorkaufsrecht zu. G. fanden sich in der früheren Zeit nicht selten bei der Fränkischen
Ritterschaft.
Lit.: Wippermann, Kleine Schriften jurist. und rechtshistor. Inhalts, I. Wiesbaden
1873. — Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, I. (Götting. 1835) S. 81 ff. — Duncker,
Das Gesammteigenthum (Marb. 1843), § 16. — Gierke, Das Genossenschaftsrecht (Berl. 1868,
1873) I. 968, II. 934 ff. — Stobbe, D. Priv.N., II. S. 64 ff. Lewis.
Gans, Eduard, 5 22. III. 1798 in Berlin, stud. in Berlin, Göttingen,
Heidelberg u. schloß sich der philosoph. Schule Hegel's an. Er trat 1825 zum
Christenthum über, wurde 1828 ord. Prof. in Berlin, trat an die Spitze der
Opposition gegen die hist. Schule, machte Reisen nach Frankreich u. England, 5.
V. 1839.
Schriften: Jus poenitendi contractibus, quos vulgo dicunt innominatos, re vera non
inesse, Heidelb. 1819. — Ueber Röm. Obligationenrecht, Heidelb. 1819 (ital. v. Salvetti,
Nap. 1856). — Scholien z. Gaius, 1821. — Das Erbrecht in weltgeschichtl. Entwicklung,
Berl. 1824. Stuttg. 1829, 35 (theilweise franz. v. Loménie, 1845). — Syst. d. Röm.
Civ.R., Berl. 1827. — Beitr. z. Revision d. Preuß. Gesetzgeb., Berlin 1830—82. — Verm.
Schriften, Berl. 1834. — Rückblicke auf Personen und Zustände, 1836. — Ueber die Grund-
lage des Besitzes, Berlin 1839. — Begründete die Jahrbb. f. wissenschaftliche Kritik, 1827. —
Sr gab Hegels Philosophie des Rechts (1833) und der Geschichte (1837) (Sämmtl. Werke,
8, 9) heraus.
Lit.: Ersch u. Gruber. — Mag. f. Lit. d. Ausl., 1845 Nr. 105. — Steffenhagen
in der Allg. Deutsch. Biogr. VIII. 361. — Themis, 1839, bl. 177 sq. — Turchiarulo,
il diritto di successione nella storia italiana, notizie tratte dell’ opera di Gans, Napoli
1855. Teichmann.
Garantieverträge. Diese kommen zunächst als accessorische Verträge vor.
Eine dritte Macht übernimmt dadurch die Verbindlichkeit, für die Aufrechterhaltung
des Hauptvertrages sowol unter den Kontrahenten selbst, wie gegen die Eingriffe
Dritter einzustehen. Es genügt daher nicht, die Willenserklärung des Garanten,
sondern es ist auch die Zustimmung der Staaten erforderlich, deren Vertrag gewähr-
leistet werden soll. In älterer Zeit ließ der Promittent Vasallen oder Unterthanen
als Gewähren (warrandi, garants, conservatores pacis) dafür einstehen, daß dem
Vertrage Folge gegeben werde; als letztes Beispiel dieser Art ist der Aachener
Friede von 1748 zu erwähnen, wo England den Herzog von Buckingham nach
Paris schickte, um bis zur Uebergabe des Kap Breton dort zu verbleiben. Nament-
lich seit dem 16. Jahrhunderte sind die G. in Aufnahme gekommen. Sie finden
auf alle Arten von internationalen Rechtsverhältnissen Anwendung, sie dienen z. B.
dazu, um den Besitz und die Grenzen von Territorien oder die Surccessionsrechte
sicherzustellen; am häufigsten aber pflegen sie bei Friedensverträgen vorzukommen.
Der Garant erlangt kein selbständiges Recht, sondern übernimmt lediglich die Ver-
pflichtung, denjenigen der Kontrahenten, welcher sich über Rechtsverletzung zu beklagen
hat, zu schützen. Der Vertrag ist nicht für ihn gemacht, sonst wäre er Mitkontrahent
und nicht bloßer Garant. Vattel hebt hervor, es sei von politischer Wichtigkeit,
diese rechtliche Sachlage scharf zu betonen, da ein mächtiger Garantiestaat leicht
geneigt sein werde, sich Eingriffe in die Rechtsverhältnisse der kontrahirenden Mächte
zu erlauben.
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