Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

66 Gemeindehaushalt. 
die Führung von Prozessen an Staatsgenehmigung gebunden. Besonderen Be- 
schränkungen nach Maßgabe der Forstgesetze unterliegt gewöhnlich die Verwaltung 
der Gemeindewaldungen. 
Die Erträge des Gemeindevermögens, das thatsächlich besonders in den 
kleineren Gemeinden Deutschlands überall noch von Erheblichkeit ist, bilden das 
nächste Mittel für die Deckung des Gemeindebedarfs. Dazu treten die sonstigen 
Gemeindeeinnahmen, J3. B. Gebühren und Strafgelder oder die auf besonderem Titel 
ruhenden Bezüge. Soweit diese Einkünfte nicht ausreichen, wird der Bedarf durch 
Gemeindesteuern gedeckt, welche die Gemeinde vermöge ihres Selbstbesteuerungs- 
rechtes zu erheben berechtigt ist. Nach Herkommen, Statut und Gesetz bestehen in 
den Deutschen Gemeinden die allerverschiedenartigsten Steuersysteme. Die Vertheilung 
und Erhebung der einmal zu Recht bestehenden Lasten ist meist der Gemeinde voll- 
kommen überlassen. Um dagegen neue Steuern einzuführen oder die geltenden Ver- 
theilungsgrundsätze abguändern, bedürfen die Gemeinden der Genehmigung ihrer Auf- 
sichtsbehörden. Doch haben die Gemeindeordnungen bisweilen im Voraus die Er- 
mächtigung zu gewissen Verfügungen und zur Auflage von Steuern bestimmter Art 
bis zu einem Maximalbetrage ertheilt, wie z. B. die Preuß. Städteordnung zu 
den Zuschlägen zur Staatssteuer, falls nicht der Zuschlag zur direkten Steuer 
50 Prozent übersteigt oder zu ungleichen Sätzen vertheilt werden soll. Immer ist 
das Recht der Steuerbewilligung bei der Gemeindeversammlung oder den Vertretungs- 
körpern. Die Grundlage der Gemeindebesteuerung bilden in Deutschland überall die 
Zuschläge zu den direkten Staatssteuern; daneben aber finden sich eigenthümliche 
Gemeindesteuern. Die Gemeindesteuern sind daher theils direkte, theils indirekte; es 
kommen Grund-, Mieths-, Gewerbe-, Kopf= und Einkommensteuern, Verbrauchs- 
steuern, wie namentlich die Mahl= und Schlachtsteuer, und örtliche Abgaben anderer 
Art, wie Wege-, Brücken= und Pflasterzölle, in großer Mannigfaltigkeit vor. Die 
Exemtionen von den Gemeindesteuern sucht man in neuerer Zeit mehr und mehr zu 
beseitigen. Doch sind die Militärs und meist auch hinsichtlich eines Theiles ihres 
Diensteinkommens die Beamten befreit. Bezüglich der Beitreibung der Gemeinde- 
steuern sind der Gemeindeverwaltung vielfach dieselben Exekutionsbefugnisse, wie den 
staatlichen Steuerbehörden verliehen. Außer Steuern und Umlagen können auch 
Gemeindedienste für Gemeindezwecke angeordnet werden. Dieselben werden nach 
demselben Maßstabe wie die Steuern vertheilt, können aber, von Nothbfällen ab- 
gesehen, durch taugliche Stellvertreter abgeleistet oder nach der Abschätzung an die 
Gemeindekasse bezahlt werden. 
Das letzte Mittel der Deckung von Gemeindeausgaben bleibt die Kontrahirung 
von Gemeindeschulden, zu deren Eingehung es meist der Staatsgenehmigung 
bedarf, soweit nicht (wie z. B. in Bayern) die Aufnahme von Anlehen bis zu einem 
nach der Einwohnerzahl verschieden bestimmten Jahresbetrage freigegeben ist. Solche 
Anlehen sollen nur zur Bestreitung nothwendiger oder zum dauernden Vortheil der 
Gemeinde gereichender Ausgaben und nur dann aufgenommen werden, wenn die 
Deckung dieser Ausgaben aus anderen Hülfsquellen der Gemeinde nicht ohne Ueber- 
bürdung der Gemeindeangehörigen geschehen kann. Auch sollen für alle Gemeinde- 
schulden Tilgungspläne angefertigt werden. 
Die Verwendung des Vermögens und der Einnahmen der Gemeinde erfolgt 
für die Gemeindebedürfnisse nach Maßgabe des Gemeindebeschlusses. Die Gemeinde 
ist aber dabei durch die wohlerworbenen Sonderrechte ihrer Glieder und durch die 
ihr gesetzlich obliegenden Verpflichtungen gebunden. Zu den letzteren gehören die 
Verzinsung und Tilgung der Gemeindeschulden, die Zahlung der Gehälter und 
Pensionen und die Bestreitung der Kosten des örtlichen Gemeinwesens, wie z. B. 
der Ortspolizei, des Schul= und Armenwesens, der Gebäude, Begräbnißplätze, Straßen, 
Brunnen, Abzugskanäle, Brücken, Lösch= und Schutzanstalten 2c.
	        
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