Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Markenschutz. 717 
er geschützt werden muß. Wenn nun auch andere Gewerbtreibende nicht gehindert 
werden können, sich die Waare zum Vorbild zu nehmen und durch Herstellung einer 
gleich guten oder besseren mit jenem in Konkurrenz zu treten, muß doch der Schutz 
dahin gehen, daß Niemand für berechtigt erachtet wird, die Produkte seiner indu- 
striellen Thätigkeit unter dem Scheine, als seien sie Erzeugnisse eines Anderen, in 
den Verkehr zu bringen und sich dadurch den Ruf und das Ansehen zu Nutze zu 
machen, das sich dieser durch die Art und Ausführung bei der Herstellung seiner 
Fabrikate erworben hat. 
Auf diesen Erwägungen ruht das Reichsgesetz über den M. vom 30. November 
1874 (R.G.Bl. S. 143), welches bestimmt ist, der Deutschen Industrie den 
erforderlichen Schutz zu gewähren. Schon vor seinem Erscheinen waren in den 
Deutschen Staaten Gesetze in Kraft, die bald mehr, bald weniger eingehende und 
umfangreiche Bestimmungen nach dieser Richtung enthielten. Auch die Reichsgesetz- 
gebung hatte im § 287 des Rtraf GB. eine Anordnung getroffen, welche dem Ge- 
werbtreibenden zum Schutz seiner Waarenbezeichnungen dienen sollte. Allein die 
Vorschriften, von welchen insbesondere die letztere nur die unbefugte Benutzung des 
Namens oder der Firma eines Anderen zur Waarenbezeichnung deckte, genügten dem 
Bedürfniß nicht, welches schon im Jahre 1864 und seit dieser Zeit wiederholt von 
den Handelskammern verschiedener Städte zum Ausdruck gebracht worden war. Die 
Einsicht und das Anerkenntniß, daß die Deutsche Industrie eines gemeinsamen und 
umfassenderen Schutzes bedürfe, führte im Jahre 1873 im Reichstage zu dem An- 
trage auf Vorlegung eines M . gesetzes, ein Antrag, der das Gesetz vom 30. Novbr. 
1874 zur Folge hatte. Dasselbe bildet ein Glied in der Kette derjenigen Reichs- 
gesetze, welche die gesammte Materie des sog. geistigen Eigenthums ordnen und regeln 
und mit dem Gesetze vom 11. Juni 1870, über das Urheberrecht an Schriftstücken 2c., 
beginnen und mit dem Gesetze vom 25. Mai 1877, über das Patentrecht, ab- 
schließen. 
Nach ihm ist in Deutschland der Schutz des Markenrechts in folgender Weise auf- 
gebaut. Nur derjenige Gewerbtreibende hat Anspruch auf die Vortheile aus diesem 
Gesetze, der seine Firma in das Firmenregister hat eintragen lassen. Diese Eintra- 
gung ist ausnahmslose Bedingung. Zwar wird durch sie der Kreis der Berechtigten 
wesentlich eingeengt, da z. B. alle Handwerker und alle Landwirthe außerhalb 
desselben bleiben, somit keinen Schutz für die Zeichen beanspruchen können, durch 
welche sie den von ihnen in den Verkehr gebrachten Erzeugnissen ihres Fleißes und 
Gewerbes eine Art Ursprungsattest beigeben. Allein das Gesetz ist davon aus- 
gegangen, daß der Handwerker, welcher sein Fabrikat in einem die lokalen Grenzen 
seines Wohnortes übersteigenden Umfange verbreitet, und der Landwirth, sobald er 
mit den Erzeugnissen der Landwirthschaft einen über den Marktverkehr hinausgehenden 
Handel betreibt, das Recht zur Führung einer Firma erlangt und sich sonach den 
Anspruch auf den Schutz seiner Marken sichern kann. Als eine fernere Bedingung 
stellt das Gesetz auf, daß der Gewerbtreibende seine Hauptniederlassung in dem Ge- 
biete des Deutschen Reichs haben muß. Nur derjenige kann an den Vortheilen des 
Gesetzes Theil nehmen, der in dem Herrschaftsgebiete desselben seinen Wohnsitz hat. 
Allerdings dehnt das Gesetz seinen Schutz auch auf die Schutzmarken ausländischer 
Fabrikanten aus, es knüpft ihn jedoch an eine Reihe von Bedingungen, von welchen 
weiter unten die Rede sein wird. Im Uebrigen unterscheidet es nicht, ob der Fir- 
meninhaber eine physische oder eine juristische Person ist. Die Firma ist der Träger 
der Schutzmarke. Nicht alle Gesetzgebungen stehen auf demselben Standpunkte, ge- 
währen vielmehr, wie z. B. das im Jahre 1880 in der Schweiz ergangene Gesetz, 
den Schutz allen Fabrik= und Handelsmarken ohne Rücksicht darauf, ob der Inhaber 
eine Firma führt oder nicht. 
Nicht jedes auf der Waare oder deren Verpackung angebrachte Zeichen ist eine 
Marke im Sinne des Gesetzes: vielmehr gelten als solche diejenigen Zeichen nicht,
	        
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