Markenschutz. 719
lang wirkt, ihre fernere Beibehaltung nicht innerhalb dieses Zeitraumes angemeldet
wird. Die Löschung ist durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen.
Der Inhaber derjenigen Firma, welche zuerst die Schutzmarke angemeldet hat,
erlangt schon durch die Anmeldung und nicht erst durch die Eintragung, durch
welche nur die erfolgte Anmeldung beurkundet wird, das Recht, jeden Dritten von
der Benutzung derselben Marke zur Bezeichnung von Waaren gleicher Gattung aus-
zuschließen. Die sonach nur formelle Bedeutung der Eintragung berechtigt den Richter
nicht zu einer vorgängigen Prüfung, ob nicht dieselbe Marke schon anderwärts an-
gemeldet worden (Erk. des RO„C G. vom 16. Sept. 1878 — Entsch. Bd. XXIV.
S. 79). Das Ausschließungsrecht des Berechtigten erstreckt sich nicht auf einzelne
Theile des angemeldeten Zeichens, in deren Benutzung Andere nicht gehindert werden
können, sondern nur auf das Gesammtbild der Marke (Erk. des O.Trib. vom
20. April 1877 — Oppenhoff, Rechtspr. Bd. XVIII. S. 281). Selbst dieses
kann anderweitig verwendet werden, sobald durch Hinzufügung neuer besonderer
Zeichen ein von jenem wesentlich verschiedenes Bild gewonnen wird (Erk. d. ROS.
vom 29. Januar 1877 — Entsch. Bd. XXI. S. 410). Die Verschiedenheit muß
eine wesentliche sein. Da nämlich der Zweck des Schutzes nur dahin geht, jede
Täuschung Dritter abzuwenden, so greift das Gesetz nicht blos dann Platz, wenn
das eingetragene Zeichen genau nachgeahmt wird, sondern auch schon dann, wenn
die Abweichungen von demselben nur unter Anwendung besonderer Aufmerksamkeit
wahrgenommen werden können.
Der Schutz, den es gewährt, ist ein doppelter, ein civilrechtlicher und ein straf-
rechtlicher. Der erstere erstreckt sich nach drei Richtungen hin, indem der Berechtigte
ermächtigt ist, die Löschung eines später eingetragenen gleichen oder ähnlichen Zeichens
zu verlangen, oder zu fordern, daß der Dritte zum Gebrauch der betreffenden Marke
für nicht berechtigt erklärt werde, oder endlich einen Entschädigungsanspruch zu er-
heben. Alle drei Berechtigungen können sowol einzeln wie kombinirt geltend ge-
macht werden. Der Weg der Geltendmachung ist die Klage, welche im ersten jener
Fälle auf der Voraussetzung ruht, daß das zu löschende Zeichen angemeldet und
eingetragen worden. Im zweiten Falle kann sie gegen Jeden gerichtet werden, welcher
ohne ein ihm zur Seite stehendes Recht Waaren mit der nachgeahmten Schutzmarke
versieht oder derartig gezeichnete Waaren in den Verkehr bringt oder feil hält. In
diesen beiden Fällen kann dem Klaganspruche der Einwand der bona fides mit Er-
folg nicht entgegengesetzt werden, da er die objektive Widerrechtlichkeit nicht elidirt.
Dagegen erfordert im dritten Falle die Geltendmachung des Schadensanspruchs den
Nachweis eines dolus oder einer culpa des Beklagten, und richtet sich die Höhe des
Anspruchs nach dem Grade seiner Verschuldung, wobei die Regeln des Landesrechts zur
Anwendung kommen, welchen das Reichsgesetz die Ordnung dieses Punktes überlassen
hat. Allerdings ist behauptet worden, daß ein Schadensanspruch selbständig nicht,
sondern nur dann erhoben werden kann, wenn eine strafrechtliche Verfolgung des
Beklagten mit Erfolg vorangegangen sei. Allein die Ansicht ist im Gesetz nicht be-
gründet. Ob eine Klage dieser Art gegen eine Firma erhoben werden kann, ist eine
Frage thatsächlicher Natur, deren Beantwortung sich danach richtet, ob die Firma
für den dolus oder die culpa eines ihrer Inhaber oder Angestellten verhaftet ist.
Das Deutsche H#G#B. entscheidet die Frage nicht. Neben der Verurtheilung zum
Schadensersatz ist auf Antrag des Klägers auf Vernichtung der mißbrauchten
Waarenbezeichnung, nöthigenfalls unter gleichzeitiger Vernichtung der Waare oder
ihrer Verpackung (Erk. des ROSG. vom 29. Okt. 1878 — Entsch. Bd. XXIN.
S. 234) zu erkennen.
Der strafrechtliche Schutz setzt ein wissentlich widerrechtliches Handeln des Be-
schuldigten voraus, erfordert also, daß derselbe den Mangel seiner Befugniß gekannt
und dennoch das ihm nicht zustehende Zeichen benutzt hat. Wenn hieraus auch seine
Absicht folgt, durch das Zeichen zu täuschen, bedarf es doch eines besonderen Nach-