Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

724 Marktpreis — Marktstandsgelder. 
Marktpreis. Unter Markt versteht man die nach Zeit und Ort festgesetzte, 
frei auf einem öffentlichen Platz stattfindende Zusammenkunft von Leuten, die Waaren 
feilhalten, und Kauflustigen (Sanders, Deutsches Wörterbuch). Waaren, welche 
bei diesen Zusammenkünften andauernd oder zu wiederkehrenden Zeiten in größeren 
Quantitäten feilgehalten werden, haben an dem betreffenden Ort einen Markt, sind 
daselbst marktgängig. Durch die gleichzeitige Ansammlung der Verkäufer mit ihrer 
Waare und der Kauflustigen stellt sich bei der mehrfachen Verkaufs= und Ankaufs- 
Möglichkeit in schneller Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage der in Gelde 
ansgedrückte Tauschwerth der gleichartigen Waare, ihr Preis zeitweilig fest; hieraus 
ergiebt sich, daß man unter M. den in Gelde ausgedrückten Tauschwerth einer 
Waare bestimmter Qualität zu verstehen hat, welchen dieselbe zu einer be- 
stimmten Zeit an einem bestimmten Orte hatte, woselbst sie andauernd oder zu 
wiederkehrenden Zeiten in größeren OQuantitäten feilgehalten wird. Schwanken 
die einzelnen Kaufpreise gering gegen einander ab, so findet sich der M. im arith- 
metischen Mittel (mittlerer M.); ist die Abschwankung eine bedeutende, so gelangt 
der Markt nicht zu einem bestimmten M. Unrichtig ist es, den M. auf Waaren 
durchschnittlicher, mittlerer Güte zu beschränken; für dieselbe Gattung kann sich in 
den verschiedenen Abstufungen ihrer Güte, Brauchbarkeit ein verschiedener M. fest- 
stellen. Regeln kann sich der M. nur bei einem größeren Verkehr in der bestimmten 
Waare, namentlich darf ein Preis, welcher sich auf den verschiedenen Verkaufsstellen 
einer Stadt im Verkehr zwischen Produzenten und Konsumenten herausstellt, als ein 
M. einer Waare nicht anerkannt werden. Art. 353 des H#B. giebt für solchen 
Fall nur eine Auslegungsregel für den Parteiwillen, ohne den Begriff M. zu gestalten. 
Wie der Marktverkehr überhaupt ein öffentlicher, so ist auch der M., im Gegensatz 
zum Gelegenheitspreis, wesentlich ein offenkundiger; halten Verkäufer und Käufer die 
Preise geheim, so kann von einem M. der gehandelten Waare nicht die Rede sein. 
Für die Feststellung des M. bestehen vielfach örtliche Einrichtungen; unrichtig ist 
es, nur beim Vorhandensein solcher die Begründung eines M. zugeben zu wollen; 
außeramtliche Marktberichte haben mannigfach Anerkennung gefunden. Für Wechsel, 
Geldsorten, Werth= und Geldpapiere wird der M. mit Kurs bezeichnet. Dewnzenige, 
welcher sich auf den M. beruft, hat die einzelnen Thatsachen zu beweisen, aus denen 
der Richter das Ergebniß des M. ziehen kann; in dieser Weise kann auch ein Gegen- 
beweis gegen den durch örtliche Einrichtungen nachweislichen M. geführt werden. Die 
Eideszuschiebung behufs Feststellung des bestrittenen M. ist unstatthaft. Der M. als 
der genaueste Maßstab für den gemeinen Werth einer Sache wird überhaupt und ist 
namentlich im Allg. Deutschen HGB. in den Art. 357, 612, 613, 614, 713, 879 
der Schadensberechnung zu Grunde gelegt; weiter ist derselbe bestimmend für Richtung 
und Umfang der Spekulation, sowie Steigerung und Minderung der Produktion. Für 
Waaren, welche einen Markt= oder Börsenpreis haben, finden sich betreffs des Pfand- 
verkaufes in Art. 311 des H#G#B., des Selbsthülfeverkaufes in Art. 343, des Eintritts- 
rechtes des Kommissionärs als Selbstkontrahenten in Art. 376, der Abwickelung der 
Zeitkaufgeschäfte im Konkurse in § 16 der Deutschen KO. besondere Bestimmungen. 
Esgb. u. Lit.: Allgem. Deutsches 57 Art. 353. — Sächs. BGB. § 1087. — v. Hahn, 
Kommerkar= zum Algem Deutschen HG., Bd. I. S. 268; Bd. II. S. 119. — Goldschmidt, 
Handbuch des H.R., S. 581. — . .rR., 6. Aufl., I. S. 806. — Endemann, 
R., 3. Aufl., S. 4 “ *7 537, 547, 691. — Busch, echi Sd. III. S. 402; Bd. XII. 
267; Bd. XIII. S. 77; Bd. XIV. S. 70, 479; Bd. 9. — Auerbach, H. G., 
Bd. II. S. 188. — Soltchmdin u. Laband, Ztschr. 5, d IX. S. 266, 578. — 
Striethorst L#Achiv, Bd. LXXI. S. 141. — Entsch. ees ROHG. Bd. II. S. 196; Bd. IV. 
4; Bd. V 176; Bd. VIII. S. 99; Bd. IX. S. 120; Bd. XI. S. 183; Bd. XIV. 
S. 182. Keyßner. 
Marktstandsgelder. Bei der Bedeutung, welche in früherer Zeit die Märkte 
für den Umsatz der Handeltreibenden besaßen, war die Erhebung eines Marktzolles 
seitens der Marktherren ein naheliegender Gedanke und die Entrichtung eines solchen
	        
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