Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gemeingefährliche Verbrechen. 71 
sonstigen Zubehörs derselben oder in der Bereitung von Hindernissen auf der Fahr- 
bahn (falsche Zeichen, Signale u. dgl.). Es ist gleichgültig, ob der Transport dem 
öffentlichen Verkehr oder nur zu Bau= oder Betriebszwecken dient, ob er durch 
Dampf oder andere Mittel (Pferde, schiefe Ebene) bewirkt wird. (Betreffs der 
Pferdeeisenbahnen ist die Anwendbarkeit des betreffenden Paragraphen jedoch bestritten.) — 
Hinsichtlich der zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalten besteht 
die strafbare Handlung in der vorfätzlichen oder fahrlässigen Verhinderung 
oder Störung der Benutzung. — Geht die Gefährdung eines Transportes oder die 
Verhinderung der Benutzung einer Telegraphenanstalt von einem Beamten aus, der 
besondere Pflichten zu erfüllen hatte, so ist dies zunächst Strasschärfungsgrund; 
außerdem kann aber auch der betreffende Beamte zugleich für unfähig zu einer 
Beschäftigung im Eisenbahn= oder Telegraphendienste oder in bestimmten Zweigen 
dieser Dienste erklärt werden (§ 319). Gegenüber dem § 299 des Preuß. Straf G. 
ist diese letztere Vorschrift eine Verbesserung, insofern die Nebenstrafe nicht obligatorisch, 
sondern fakultativ ist und sich auch nur auf einzelne Zweige im Eisenbahn= oder 
Telegraphendienste erstrecken kann. Vor der Strafgesetznovelle konnte diese Neben- 
strafe nur eintreten, wenn der Beamte fahrlässig gehandelt hatte. Diese unhaltbare 
Bestimmung ist in dem obigen Sinne verbessert worden (vgl. hierüber Sontag, 
Die Redaktionsversehen des Gesetzgebers, insbesondere auf strafrechtlichem Gebiete, 1874, 
S. 39 ff.). Läßt ein solcher Beamter, gegen den die erwähnte Nebenstrafe aus- 
gesprochen ist, sich wieder anstellen, so wird sowol er, als auch Derjenige, welcher 
ihn anstellt, obgleich er die erfolgte Unfähigkeitserklärung kennt, bestraft. Vorsteher 
einer Eisenbahngesellschaft bzw. Telegraphenanstalt werden ebenfalls bestraft, wenn 
sie einen derartig für unfähig erklärten Beamten nicht sofort nach Mittheilung des 
rechtskräftigen Erkenntnisses entlassen (§ 320). 
4) Zerstörung von Wasserleitungen (§8§ 321, 326). Die strafbare 
Handlung besteht in der vorsätzlichen oder fahrlässigen Herbeiführung einer 
Gefahr für das Leben oder die Gesundheit Anderer durch a) Zerstörung oder Be- 
schädigung von Wasserleitungen, Schleusen, Wehren, Deichen, Dämmen oder anderen 
Wasserbauten oder Brücken, Fähren, Wegen oder Schutzwehren; b) Störung des 
Fahrwassers in schiffbaren Strömen, Flüssen oder Kanälen. 
5) Beschädigung der Schiffahrt (§8 322, 323, 326). Hierüber vol. 
d. Art. Strandung, 
6) Vergiftung von Brunnen te. (§8§ 324, 326). Das Straf GB. unter- 
scheidet hier: a) vorsätzliche oder fahrlässige Vergiftung der Brunnen= oder 
Wasserbehälter, welche zum Gebrauche Anderer dienen, oder Gegenstände, welche 
zum öffentlichen Verkaufe oder Verbrauche bestimmt sind; b) die vorsätzliche oder 
fahrlässige Beimischung von Stoffen, welche die menschliche Gesundheit zu zer- 
stören geeignet sind; c) der Vergiftung und Beimischung wird das wissentliche und 
mit Verschweigung der betreffenden Eigenschaft verbundene Verkaufen u. dgl. derartiger 
Gegenstände hinsichtlich der Strabarkeit gleichgestellt. 
Die unter 4, 5 und 6 erwähnten strafbaren Handlungen haben noch das 
Gemeinsame, daß die fahrlässige Begehung nur dann eine Strafe nach sich 
zieht, wenn durch die betreffende Handlung ein Schaden verursacht ist. 
7) Verletzung der Absperrungsmaßregeln, Aufsichtsmaßregeln oder 
Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Behörde zur Verhütung des Einführens 
oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit (§ 327) bzw. von Viehseuchen (§ 328) 
angeordnet sind. Der Thäter wird hier jedoch nur bestraft, wenn er gewußt, daß 
seine Handlung gegen eine Maßregel oder ein Einfuhrverbot verstößt. Zu § 328 
sind zu vergleichen die folgenden Reichsgesetze: Maßregeln gegen die Rinderpest 
betreffend vom 7. April 1879 und die Instruktion vom 9. Juni 1873 — 
betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eifen- 
bahnen vom 25. Febr. 1876 — betreffend Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr
	        
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