Miethe. 749
den Gebrauch ohne Fruchtgenuß beschränkt. Im Römischen Recht heißt dem—
entsprechend der Pächter eines fruchttragenden Grundstücks colonus, der Miether eines
Wohnhauses inquilinus. Abweichend davon nennt das Oesterr. BGB. 8 1091 die
Gebrauchsüberlassung im Allgemeinen „Bestandvertrag“ und dann insbesondere die
Anwendung desselben auf eine ohne weitere Bearbeitung brauchbare Sache „Miethe“,
auf eine nur mit Fleiß und Mühe zu nutzende dagegen „Pacht“. Ueber Pacht f.
diesen Art. Gegenstand der Sachmiethe kann jede Sache sein, deren Gebrauch zu über-
lassen ist, also sowol eine bewegliche als eine unbewegliche, und sowol eine körper-
liche als eine unkörperliche (z. B. ein Nießbrauch 1. 12 § 2 D. de usufr. 7, 1,
eine Superfizies, ja auch ein bloßes Besitzrecht 1. 28 D. acq. poss. 41, 2). Eben
darum kann auch ein Eigenthümer das Recht des Gebrauchs seiner eigenen Sache
miethen, insofern ihm dasselbe nicht ohnehin schon zustand; wogegen in dem Falle,
wo er nur aus Unkenntniß seines Eigenthums miethete, der Vertrag nichtig ist (. 29
pr. D. quib. mod. usfr. 7, 4; I. 28 cit.; I. 45 pr. D. de R. J. 50, 17). Ob der
Vermiether selbst ein Gebrauchsrecht hatte, ist für die Gültigkeit des Vertrages ohne
Bedeutung. Ueber die Bestimmung des Miethzinses gelten dieselben Regeln, wie
beim Kaufpreis. S. d. Art. Kauf (I. 5 § 2 D. praescr. verb. 19, 5). (Eine Aus-
nahme kommt bei der Pacht vor; hierüber s. diesen Art.) Ohne Zins kann keine M.
geschlossen werden; dieselbe würde sonst in Schenkung übergehen (I. 20 § 1; I. 46 D.
h. t). Uebrigens kann der Betrag desselben entweder nach gewissen Perioden oder
in runder Summe für die ganze Miethsdauer festgesetzt werden. Jedenfalls aber
muß eins von beiden, der Miethzins oder die Dauer des Verhältnisses, zeitlich be-
grenzt sein. Denn bei einer Ueberlassung des Gebrauchs auf ewige Zeit gegen eine
einmalige Geldzahlung würde nicht mehr M., sondern Kauf der Sache oder doch des
Nießbrauchs vorliegen (Seuffert, Archiv VI. 29). II. Die Form, in welcher
die Parteien den Miethsvertrag schließen, war schon nach Römischem Recht gleich-
gültig. Er war Konsensualkontrakt, also auch stillschweigend einzugehen, sobald nur
die Parteien sich über die Sache und die Art ihres Gebrauchs, sowie über die Höhe
des Zinses verständigt hatten (I.I. 1, 2 pr. D. h. t.; Seuffert, Archiv IV. 217,
218). Nach Preußischem Recht müssen jedoch Miethverträge, bei denen der Zins
mehr als 150 Mark beträgt, schriftlich errichtet werden, und zwar ist dafür bei
mehr als einjähriger Dauer die Jahresmiethe entscheidend. Ist die vorgeschriebene
schriftliche Form versäumt, so wird der Vertrag durch hinzugetretene Uebergabe auf
ein Jahr verbindlich (§§ 267—269 Allg. LR. I. 21). III. Die Verpflich-
tungen, und zwar: 1) des Vermiethers bestehen im Allgemeinen darin, daß er
dem Miether den Gebrauch der Sache als Vorleistung gewähre (uti frui licere
praestare; 1. 15 § 1 D. h. t.). Dazu gehört sowol die Ueberlieferung, als auch die
Erhaltung der Sache in brauchbarem Zustande, also auch Tragung von Reparaturen
und Vertretung des Miethers gegen Ansprüche, welche dritte Personen auf die Sache
erheben. Für Fehler der Sache, welche der Vermiether arglistig verschwiegen oder
deren Abwesenheit er versprochen hat, haftet er auf das volle Interesse des Miethers;
in Ermangelung eines solchen Verpflichtungsgrundes schließt ein Fehler der Sache,
soweit er den Gebrauch derselben hindert, wenigstens die Entstehung des Anspruchs
auf den Miethzins aus (1. 25 § 2; I. 19 § 1; I. 45 § 1 D. h. t.; 88 270 ff.,
Allg. LR. I. 21). Auch die Lasten und Abgaben, welche auf der Sache ruhen,
fallen dem Vermiether zu. Eine alte Streitfrage nach der Vertheilung der Einquar-
tierungslast ist dahin zu entscheiden, daß wenn dieselbe als Reallast auferlegt wird,
der Vermiether sowol einen entsprechenden Abzug vom Miethsgelde dulden, als auch
die Verpflegungskosten dem Miether erstatten muß; während er, wenn sie als Per-
sonallast erscheint, wol nur zu ersterem verpflichtet ist. Vgl. Vangerow III. 5 141,
Anm. 2. Auch das Preuß. LR. weist diese Last in der Regel dem Vermiether zu
(§8 289, 290 a. a. O.). Als Verschulden, für welches der Vermiether einzustehen
hat, genügt culpa levis. Wird dem Miether der Gebrauch der Sache entzogen, sei