Militärpersonen. 755
herrlichen Beamten, Militärs rc.) andererseits vorkam, welche außerhalb des Verbandes
der Bürgerschaft standen. — Diese Steuerverhältnisse mußten nothwendig eine andere
Gestalt annehmen als im 19. Jahrhundert allmählich der aus der Freizügigkeit fol-
gende Grundsatz zur Geltung kam, das aktive Bürgerrecht in den Städten nicht mehr
von einem Bürgerbrief oder einer, besonderen Erwerbung des Bürgerrechts gegen Ge-
bühr abhängig zu machen, sondern jeden anfsässigen Bürger kraft des Gesetzes als
aktives Mitglied der Stadtgemeinde in Beziehung auf die städtischen Rechte und
Lasten zu behandeln. Dieser Uebergang aus der älteren „Bürgergemeinde“ in die
neuere „Einwohnergemeinde“, welcher in Preußen zuerst folgerichtig durchgeführt (in
anderen Deutschen Staaten erst durch die Armengesetzgebung des neuen Deutschen
Reichs zur theilweisen Geltung gekommen ist), bedingte eine Aenderung des städtischen
Steuersystems. Der Miether einer selbständigen Wohnung, eines Ladens, eines
Kontors 2c., der nunmehr einen eigenen städtischen Hausstand begründet, mußte
als Realbesitzer — als Inhaber einer abgeleiteten Gewere nach Deutschem Recht —
zu den städtischen Liegenschaftssteuern herangezogen werden. In der Haupt= und
Residenzstadt Berlin ist dies auch geschehen durch eine Verordnung vom 26. Jan.
1815, welche die städtische Hauptsteuer dem Miether zu zwei Drittel, dem Haus-
eigenthümer zu ein Drittel auferlegt, wie sie noch heute als Haus= und M. den
Grundstock der städtischen Besteuerung bildet. Dieser Vorgang hat jedoch nur in
sehr wenigen Städten Deutschlands eine Nachfolge gefunden. Man behielt vielmehr
solange wie möglich die herkömmliche Steuervertheilung bei; in den sehr zahlreichen
Fällen, wo städtische Hauptsteuern nach dem Miethswerth abgemessen werden, sind
sie vom Hauseigenthümer in alter Weise zu erheben und erscheinen daher noch immer
unter dem Namen von Haussteuern. Wo es dagegen für die vermehrten städtischen
Bedürfnisse neuer Steuerarten bedurfte, ließ man der Autonomie der Städte einen
sehr weiten Spielraum. In Preußen half man sich seit 1821 durch anfangs be-
scheidene Zuschläge der Staatsklassensteuer. Der Betrag derselben erhöhte sich, als
diese Staatssteuer 1851 zur „Einkommensteuer“ erweitert und damit das Großkapital
entsprechend herangezogen wurde. In den letzten zwei Jahrzehnten sind mit den
wachsenden Bedürfnissen diese städtischen, nach dem System der Staatseinkommensteuer
erhobenen Abgaben in dem Maße gewachsen, daß sie oft der drei= bis sechsfachen
Staatseinkommensteuer gleichkommen und in ihrem Gesammtbetrage sämmtliche direkte
Staatssteuern übersteigen. In zahlreichen Städten ist bereits der ganze direkte
Steuerbedarf auf Einkommensteuern gestellt und der Natur des Gemeindeverbandes
widersprechend die ganze Gemeindesteuerlast vom Grundbesitz auf die Personalsteuern
abgewälzt. Die Unnatur dieses Verhältnisses drängt zu einer durchgreifenden Ge-
meindesteuerreform hin, deren richtiges Ziel wol sein wird die direkte städtische Be-
steuerung wieder auf die Liegenschaften, insbesondere auch auf die mit den Liegen-
schaften verbundenen Gewerbe, zu vertheilen und die von Wohnhäusern zu entrich-
tende Steuer theils dem Hauseigenthümer, theils dem Miether aufzuerlegen. Gleich-
mäßige gesetzliche Normativbestimmungen für die Gemeindesteuern werden in jedem
Fall durch die Steigerung der Gemeindebedürfnisse nothwendig, und die rechtliche
Natur des Gemeindeverbandes wird unzweifelhaft der Haus= und M. in den
Städten in Zukunft eine sehr bedeutungsvolle Stellung geben.
Lit.: Vgl. über England: Gneist, Selfgovernment, 3. Aufl. Kap. III. — Ueber
Frankreich: Parieu, Traité des Impots, Bd. I., II. — Ueber Deutschland: Verhandlungen
der V. Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik, Leipz. 1878. — Grotefend,
Das preußische Kommunalsteuerwesen, 1874. — Gneist, Die preußische Finanzreform, 1881,
Kap. III., VII., VIII. Gneist.
Militärpersonen, d. h. die Personen des Soldatenstandes und M. beamten,
welche zum Heer oder zur Marine gehören, haben in Civilfachen keinen privilegirten
Gerichtsstand, sind vielmehr den gewöhnlichen Gerichten unterworfen. In Folge
ihrer Stellung treten aber bei Civilprozessen, an denen sie betheiligt sind, gewisse
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