Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Militärverbrechen. 769 
bestimmungen sind noch für Denjenigen getroffen, welcher in Absicht rechtswidriger 
Zueignung einem auf dem Kampfplatze gebliebenen Angehörigen der Deutschen oder 
verbündeten Truppen eine Sache abnimmt, oder einem Kranken oder Verwundeten auf 
dem Kampfplatze, auf dem Marsche, auf dem Transporte oder im Lazareth, oder einem 
seinem Schutze anvertrauten Kriegsgefangenen eine Sache wegnimmt oder abnöthigt. 
9) Als widerrechtliche Handlungen gegen das Eigenthum 
(68 137, 138), ohne daß es darauf ankäme, daß dieselben im Felde begangen 
sind, werden bedroht: das vorsätzliche und rechtswidrige Beschädigen, Zerstören oder 
Preisgeben eines Dienstgegenstandes; der Diebstahl und die Unterschlagung, welche 
bei Ausübung des Dienstes oder unter Verletzung eines militärischen Dienstverhält- 
nisses begangen werden. 
10) Unter dem Gesichtspunkte der Verletzung von Dienstpflichten bei 
Ausführung besonderer Dienstverrichtungen werden (§§ 139 —145) 
bestraft: das vorsätzliche Ausstellen unrichtiger Dienstatteste oder Rappxorte; das 
unrichtige Abstatten dienstlicher Meldungen oder Berichte, sowie das wissentliche 
Weiterbefördern derselben; die Bestechung; Pflichtverletzung der Befehlshaber einer 
militärischen Wache, eines Kommandos oder einer Abtheilung; Pflichtverletzungen 
der Schildwachen oder Posten; Beschädigung eines Schiffs in Folge der Fahrlässig- 
keit in der Wahrnehmung des Dienstes; Entweichenlassen von Gefangenen; Unter- 
lassung einer dienstlich obliegenden Verhaftung. 
11) Als Handlungen gegen die militärische Ordnung werden be- 
straft (§§8 146—152): das Verlassen der Wache, sowie das Verlassen des Platzes 
bei einem Kommando oder auf dem Marsche; das schuldhafte Verabsäumen der ob- 
liegenden Beaufsichtigung der Untergebenen; das Unterlassen der obliegenden Mel- 
dung oder Verfolgung strafbarer Handlungen der Untergebenen; die Körperverletzung 
oder Tödtung eines Menschen in Folge unvorsichtiger Behandlung von Waffen oder 
Munition; das rechtswidrige Gebrauchen der Waffen, sowie die Aufforderung an die 
Untergebenen, von der Waffe rechtswidrigen Gebrauch zu machen; die Verheirathung 
ohne erforderliche dienstliche Genehmigung; Trunkenheit, wenn sie zu dem Zwecke 
hervorgerufen wird, um sich zu einer Dienstverrichtung untauglich zu machen; das An- 
bringen von Beschwerden wider besseres Wissen, sowie das wiederholte und leichtfertige 
Einbringen von Beschwerden, welche auf unwahre Behauptungen gestützt sind, desgleichen 
das Einbringen von Beschwerden unter Abweichung von dem vorgeschriebenen Dienstwege. 
Die Strafen, welche für M. erkannt werden, sind folgende: 1) Haupt- 
strafen. Todesstrafe, durch Erschießen zu vollstrecken, wenn sie wegen eines 
M., im Felde auch dann, wenn sie wegen eines Verbrechens, welches nicht M. ist, 
erkannt wurde. Zuchthausstrafe, deren Vollstreckung auf die bürgerlichen Be- 
hörden übergeht. Freiheitsstrafe, unter welchem Ausdrucke Gefängnißstrafe, 
Festungshaft und Arrest zu verstehen ist. Beträgt die Freiheitsstrafe weniger als 
sechs Wochen, so ist dieselbe Arrest, beträgt sie mehr als sechs Wochen, so ist sie 
entweder Festungshaft oder Gefängniß. Die Strafdauer dieser letzteren Freiheits- 
strafen wird auf die gesetzliche Dienstzeit im stehenden Heer oder der Flotte nicht 
angerechnet. Der Arrest ist entweder Stubenarrest, anwendbar gegen Offiziere, 
oder gelinder Arrest, anwendbar gegen Unteroffiziere und Gemeine, oder mittlerer 
Arrest, anwendbar gegen Unteroffiziere ohne Portepee und Gemeine, oder strenger 
Arrest, welcher nur gegen Gemeine zulässig ist. Der Höchstbetrag des strengen 
Arrestes, welcher in dunkeler Einzelzelle mit harter Lagerstätte und bei Wasser und 
Brot vollstreckt wird (es kommen jedoch die harte Lagerstätte und die ausschließliche 
Darreichung von Wasser und Brot am vierten, achten, zwölften und demnach an 
jedem dritten Tage in Fortfall) beträgt vier Wochen. Für den mittleren Arrest 
fällt nur die Dunkelheit der Einzelzelle fort, im Uebrigen ist seine Vollstreckungsart 
die gleiche wie die des strengen Arrestes. Der gelinde Arrest wird ebenfalls in 
der Einzelzelle vollstreckt, jedoch ohne die auf Lagerstätte und Beköstigung angeord- 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon II. 3. Aufl. 49
	        
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