Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gast- und Schankwirthschaften. 5 
brauchen werde; 2) wenn das zum Betriebe des Gewerbes bestimmte Lokal wegen 
seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügt. Die 
Landesregierungen sind befugt, außerdem zu bestimmen, daß a) die Erlaubniß zum 
Ausschänken von Branntwein oder zum Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus 
allgemein, b) die Erlaubniß zum Betriebe der Gastwirthschaft oder zum Ausschänken 
von Wein, Bier oder anderen, nicht unter a) fallenden geistigen Getränken in Ort- 
schaften mit weniger als 15 000 Einw., sowie in solchen Ortschaften mit einer 
größeren Einwohnerzahl, für welche dies durch Ortsstatut festgesetzt wird, von dem 
Nachweise eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig sein solle. Vor Ertheilung der 
Erlaubniß ist die Ortspolizei= und die Gemeindebehörde gutachtlich zu hören 
(RGew. O. § 33; Nachtragsgesetz vom 23. Juli 1879, Art. 3). Hiernach 
wird die Erlaubniß nur für die Person ertheilt; Realgerechtigkeiten dürfen fortan 
nicht mehr begründet werden (Gew.O. § 10), doch gelten bestehende fort. Die 
Befugnisse zum Betriebe der fraglichen Gewerbe können durch Stellvertreter geübt 
werden, welche jedoch den für diese Gewerbe insbesondere vorgeschriebenen Erforder- 
nissen ebenfalls genügen müssen (§ 45); dies gilt auch nach dem Tode des Gewerbe- 
treibenden, so lange das Geschäft für Rechnung der Wittwe oder minderjährigen Erben 
getrieben wird und während einer Kuratel oder Nachlaßregulirung (§ 46). Einer Er- 
laubniß im Sinne von § 33 bedarf der Stellvertreter nicht (Erk. des Reichsgerichts 
v. 20. Mai 1880 /[Annalen des Reichsgerichts II. S. 27 u. Entsch. in Straffachen I. 
S. 434] und des Preuß. Oberverwaltungsgerichts v. 10. Dezbr. 1878, Entsch. IV. 
S. 300); ist er nicht qualifizirt, so kann die Polizeibehörde zwangsweise gegen seine 
Thätigkeit einschreiten (desgl. vom nämlichen Tage; ebenda 329). Die Vermögens- 
verhältnisse des Erlaubnißsuchenden kommen an sich nicht weiter in Betracht (Preuß. 
Anweisung v. 4. Sept. 1869 § 12). Die Erlaubniß ist ferner nur für ein bestimmtes 
Lokal ertheilt; Schankbetrieb außerhalb desselben durch den Konzessionär ist unzulässig. 
Auch der Ausschank in nicht völlig geschlossenen Räumen (Obst= und Kirschhütten), 
in umherfahrenden Trinkhallen und in der Beschränkung auf einzelne (Fest= u. s. w.) 
Tage unterliegt den gewerbrechtlichen Vorschriften. Der gleichzeitige Betrieb des 
Gewerbes in mehreren Betriebs= und Verkaufsstätten durch denselben Unternehmer 
ist zulässig, wenn für dieselben sämmtlich die polizeiliche Erlaubniß ertheilt ist. Die 
polizeilich an das Gast= und Schanklokal zu stellenden Anforderungen werden sich 
hauptsächlich einerseits auf Hinlänglichkeit, Gesundheitsmäßigkeit und Feuersicherheit 
(vgl. in dieser Beziehung Erk. des Preuß. Oberverwaltungsger. vom 31. Okt. 1878 
u. 24. Febr. 1879) des Lokals, andererseits auf Fernhaltung von Störungen des all- 
gemeinen Verkehrs (durch Ausspannen, Krippensetzen u. s. w.) und der Benutzung der 
in § 27 der Gew. O. gedachten Anlagen zu richten haben. Zum Verkaufe von geistigen 
Getränken zum Genusse auf der Stelle während eines Jahrmarktes ist besondere Ge- 
nehmigung der Ortspolizeibehörde erforderlich (Gew. O. 8 67); andernfalls Bestrafung 
nach § 147 d. Gew. O. (Erk. d. Reichsgerichts Annalen d. Reichsgerichts I. 242 u. Entsch. in 
Strassachen I. 102|). Landes= u. ortsrechtlicher Normirung ist die Bedürfnißfrage 
anheimgegeben, deren Wiederaufnahme auch dann zulässig erscheint, wenn eine bereits 
bestehende G.= oder Sch. resp. Spirituosenkleinhandlung in andere Hände übergehen soll; 
darauf, ob der Schank das Haupt= oder Nebengewerbe bilden soll, kann kein wesentliches 
Gewicht gelegt werden (Preuß. Oberverw.-Ger., Erk. vom 15. Sept. 1876, Entsch. I. 
S. 205). Die Erlaubniß darf nicht blos auf Zeit ertheilt (Preuß. Anweisung § 12), 
auch nicht von Bedingungen, welche den Anforderungen der Gewerbeordnung fremd 
sind (z. B. daß kein Schenkmädchen gehalten werde; Erk. d. Bayer. obersten Gerichts- 
hofs vom. 8. Dezbr. 1874, Stenglein, Zeitschr. Band 4 S. 227), abhängig 
gemacht werden. Dagegen ist es nicht unzulässig, auf Ansuchen die Erlaubniß zum 
Betriebe des Spirituosenkleinhandels statt allgemein, nur behufs Verabreichung von 
bestimmten einzelnen Gattungen weingeisthaltiger Getränke oder behufs Verabreichung 
von Spirituosen in versiegelten Flaschen zu ertheilen (Erk. des Preuß. Oberverw.=
	        
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