Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

944 Offizial. 
Kraft. — Wann ist nun aber die Annahme erklärt? Dies ist bei Verträgen unter 
Abwesenden der Gegenstand einer alten, bis in die Gegenwart lebhaft verhandelten 
Kontroverse. Nach der einen Meinung genügt das einfache Ja ohne Rücksicht auf 
die Kenntniß des Offerenten (Baldus, Lauterbach, Pufendorf, Hommel, 
Thöl, v. Wening, Puchta, jetzt Sohm; von Preußischen Juristen: Borne- 
mann, Gruchot u. A.). Die andere Anscht (Vernehmungstheorie im Gegensatz 
zur Aeußerungstheorie) hält die Annahme erst für vollendet, sobald auch der Ueber- 
mittelungsakt beendigt, dieselbe also zur Kenntniß des Offerenten gebracht ist (Hasse, 
v. Wächter, v. Vangerow, Brinz, Dernburg, Bekker, Arndts, 
Regelsberger, Förster, Siebenhaar u. A.). Mitteltheorien sind aufgestellt 
von Mühlenbruch, Bluhme, v. Scheurl, Keller, neuestens Emming- 
haus, Hauser, Windscheid (sog. Empfangstheorie), Schott u. A. — Nach 
dem HG#. gilt als Zeitpunkt des Vertragsabschlusses derjenige, in welchem die An- 
nahme-Erklärung behufs der Absendung abgegeben ist (d. h. in natür- 
lichem Sinne). — Der Cocde civil enthält keine positive Bestimmung. Die Frage, 
ob Keuntniß von der Annahme zur Perfektion gehört, ist auch in Frankreich kontro- 
vers. Für die bejahende Ansicht (Toullon, VI. 29) wird eine Vorschrift über 
die Annahme von Schenkungen angeführt. (Vgl. dagegen Marcadé, Zachariä c.) 
Die Rücknahme der O. ist bis zur Annahme frei, falls nicht Offerent sich ans- 
drücklich eine gewisse Zeit hindurch gebunden hat (Toullon, VI. 30; Zachariärc.).— 
Nach Englischem Recht und in Nordamerika wird eine bindende Kraft der bloßen 
O. nicht anerkannt. Aber der Vertrag ist perfekt, sobald die Annahme abgesandt 
ist. — Wenn vor der Perfektion der Offerent verpflichtungsunfähig wird, kann 
durch die Annahme ein Vertrag nicht mehr zu Stande kommen. Ob das Anerbieten 
durch den Tod des Offerenten erlösche, ist streitig. Nach dem Preuß. Allgem. LR. 
und dem Sächs. BGB., auch nach dem H#. geht die Verpflichtung aus der O. 
auf die Erben des Antragenden in der Regel über (soweit nicht das Gegentheil aus 
der Erklärung oder aus den Umständen erhellt). Nach Französischem Recht wird 
das Gegentheil angenommen. 
Gsgb. u. Lit.: Allg. Deutsches HGB. Art. ja 337, 297. — Preuß. A. LR. I. 5 
78.Kos. 11 g8 340 ff., 988 fe — Sächs. BGB. 770—772, 782, 783, 814—819. — 
esterr. Allg. BGB. 88 861, 862. — Code civ. art. E 2, 1108. — v. Wening-= Jugen- 
heim, v. Wächter, Mitte#maier im Archiv für die eiv. Prax. Bd. 2 S. 267 ff.; 
Bd. 19 S. 116; . 46 S. 9 ff. — v. Scheurl, Beitr. XII. S. 301 ff. u. in den Jahrbb. 
für Zogmatit I. S. 248 ff. — Bekker, Jahrb. des gem. Deutschen Rechts, II. S. 342 ff.; 
III. 116 ff., bo ff. — Regelsberger, Civilrechtl. Erörterungen (1868), (. Schletter, 
L XIII. S. 89 ff.). — Emminghaus im Arch. f. prakt. Rechtswissenschaft, N. F. 
S. 113. — Dahn bei Goldschmidt und= Laband, Ztschr. für das ges. H. R. . 
503ff—Haufe-,dan11S34-— Sohm, das. XVII. S. 16, 373. — 
KS Wa und Ihering in den arit für Dogm. VII. S. 1 ff. — Unger, das. 
VIII. S. 134 ff. — Köppen, dafs. X 139. — Schott, Der obl. Vertra unter Ab- 
wesenden (1873). — Schütze ig den !47 für Gem. Recht V. S. 33 ff. — R. Koch bei 
Löhr, Centralorg. N. F. III. 40 ff. und bei Busch, Archiv für H.R. IV. E. 261 ff. — 
Ert. des bei id[ Ma Rspr. III. S. 256, 261, 323; IV. S. 178, 1; V. 
256, 286; 82, 264; VII. S. 254, 268. — Entsch. d. RO . VI. 241; VIII. 2 
Einr 162; xIV. — XV. 4: XXII. 130. — Entsch. d. Reichsger. in Civilsachen II. 46. — 
Für Preuß. Recht besonders: Förster, Kheorie und Praxis des Preuß. Priv.R., I. § 77. — 
Dernburg, Preuß. PivR. I. § 107; II. § 12.— Für Ranz. Recht: Zachariä Anschütz), 
Handb. des Franz. chn 5. Aufl. II. g 340, 341 Pardessus, Cours de droit com- 
mercial, I. Nr. 269 etc. — Leone Levi, Intern. eon. law., 2th. ed. p. 270. — Kent, 
Comm. on Amer. law., 12th. ed. vol. II. p. 477 (Part. V . Lect. XXXIK. 4 ’n 
Offizial, okücialis, heißt im katholischen Kirchenrecht soviel wie Guu. 
vertreter des Bischofs bei der Verwaltung der demselben zustehenden kirchlichen 
Regierung. Offciales foranei nannte man diejenigen, welche in den einzelnen Theilen 
der bischöflichen Diözese, also außerhalb der bischöflichen Residenz, die Jurisdiktion 
in erster Instanz ausübten, während die offciales oder vicarülgenerales dieselbe am
	        
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