Operis novi nuntiatio. 951
dikt und die Kaution weg, doch mußte der Bauherr repromissio leisten, dem Nun-
tianten die Kosten der Zerstörung zu ersetzen (I. 20 § 13 h. t.).
5) durch Remission. Nuntiant kann beim Richter (im Röm. Recht extra
ordinem, 1. 1 § 9 h. t.) Gestattung zum Weiterbau beantragen, welche ihm auch
ertheilt wird, wenn eine der Voraussetzungen zur 0. n. u. fehlt, oder ein gültiger
Verzicht vorliegt oder das öffentliche Wohl (1. 5 § 12 b. t.), bzw. die Natur des
Werkes keinen Aufschub dulden (1. 5 § 12 h. t.). Einige meinen sogar, daß dieses
Gesuch um Remission nur nützlich, aber nicht nothwendig sei, und lassen die Fun-
damente derselben auch als Einreden gegen das interd. de demol. gelten. (Die
übrigen gerade über die Remission auseinandergehenden Ansichten bei Windscheid,
§ 466, Anm. 9.) Uebrigens wird weder bei dem interd. de demoliendo, noch bei
der Remission über das jus prohibendi des Nuntianten oder über das jus aedificandi
des Nuntiaten entschieden; die Erörterungen hierüber bleiben, mag das Werk fort-
gesetzt werden oder nicht, einem besonderen petitorischen Verfahren vorbehalten. Jene
Entscheidungen wirken nur so weit, als der Nuntiant, wenn Nuntiat weiter bauen
darf, im ordentlichen Prozeß die schwierige Rolle des Klägers hat (daher die War-
nung Ulpian's in 1. 5 § 10 h. t.). Allein auf jene Parteirolle, den Verlust
der Selbshüls und possessorischen Rechtsmittel wollen Einige die Worte in 1. 1 §
6; I. 5 § 10 h. t.: „in operis novi nuntiatione possessorem adversarium facimus“
beziehen, während sie durch Andere dahin ausgelegt werden, daß der juristische Besitz
auf den Nuntiaten übergehe.
Heutzutage ist selbstverständlich die Popularklage bei der O. n. n. publici
juris tuendi gratia weggefallen, auch pflegt in der Regel sogleich vom Nuntianten
ein Antrag auf gerichtliches Verbot gestellt zu werden (so auch nach Französisch-
rechtlicher Praxis). Die Anwendung der 0. n. n. ist im heutigen Gemeinen Recht
bestritten; sie wird besonders von Stölzel (S. 353, 527, 550) wegen des an-
geblichen Gebrauchs einer bestimmten Formel im Röm. Recht, die jetzt nicht vor-
handen sei, geleugnet. Allein abgesehen davon, daß in den Quellen von dieser
feierlichen Formel nirgends die Rede ist, ist auch das Bauverbot von dem Gebrauch
einer solchen nicht abhängig, und die Praxis hat die 0. n. n. in vielen Entschei-
dungen als bestehendes Institut anerkannt. Nach der Deutschen CPO. § 814 kann die
O. n. n. durch Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung offenbar eingeleitet
werden. In den neueren Partikularrechten ist meistens durch baupolizeiliche An-
ordnungen, wie z. B. in Württemberg (Reyscher, Privatrecht, I. § 136 Nr. 4)
jedem Rechtsstreit vorgebeugt. Besonders ist dies im Allg. LR. geschehen. In der
Regel muß die Anlage eines neuen Baues der Obrigkeit angezeigt werden, die auch
die Befugniß hat, einen Bau, der ohne Anzeige erfolgte, niederzureißen. Ebenso
entscheidet bei Mühlen und bei den Verhältnissen der Nachbargrundstücke in Bezug
auf Vorfluth die Polizeibehörde ohne Gestattung des Rechtsweges (Mühlenedikt vom
28. Oktober 1810, §§ 7, 8. Vorfluthsedikt vom 15. November 1811, §8 5, 15).
In einzelnen Fällen findet zwar ein Widerspruchsrecht des Privaten Anwendung;
dies muß jedoch, so beim Bauen auf fremdem Boden, dem Baunnternehmer gericht-
lich zugestellt werden (I. 9, 332. Gruchot, Beiträge, VII. 291. Weitere Streit-
fragen bei Förster, Privatrecht, III. S. 199, Anm. 39). Ein Anklang an die
oben erwähnte Kontroverse des Gem. Rechts ist endlich in der Bestimmung zu finden,
daß gegen eine neue Anlage bei allen Servituten ein Widerspruch gestattet wird
(I. 22 §§ 43, 45).
Quellen: Tit. D. 39, 1 de operis novi nuntiatione. — Tit. D. 43, 25 de remissio-
nibus. — Tit. C. 8, 11 de operis novi nuntiatione.
Lit.: S. tbeigens Weiske's Rechtslexikon VII. S. 580. —. Schmidt in der Gießener
Ztschr. N. F. 8 S. 17. — Zimmermann im civ. Arch. XXXVII. S. 218. — Stölzel,
Die Lehre von der 0. u. u. und dem interd. quod vi aut clam. — Baron, Rec. der
Stölzel'schen Schrift in der Krit. V.J.Schr. VII. S. 483—489, 511—530. — Hesse, Die
Rechtsverhältnisse zwischen Grundstücksnachbarn, II. S. 79—102. — Karlowa, Beitr. zur