954 Option.
der Legalität zu folgen. Ift Vergehensfällen wird ohne Rücksicht auf prozessualische
Kompetenzbestimmungen das O. als Regel ausgeschlossen bleiben; dagegen läßt sich
nicht verkennen, daß bei Polizeistrafgesetzen und Polizeiverordnungen nach der Natur
der Sache der öffentliche Nutzen vorwiegend berücksichtigt werden sollte, zumal auch
bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Ab-
gaben und Gefälle (RStraf O. 8 464) die Anklagebehörde ein freies Ermessen übt.
Ob auch die Landesgesetzgebung in Deutschland unter Berufung auf § 3 des E.
zur RötrasP O. Abs. 2 und 3 das Legalitätsprinzip außer Wirksamkeit setzen kann,
erscheint nicht unzweifelhaft (bejaht von Geyer).
Lit.: S. d. Art. Staatsanwaltschaft u. ripatgnlleg .Außerdem: v. Schwarze
in v. Holtzendorff' 3 Handbuch des StrafPrz. . S. 582 — Dochow, RöStra W
8 29; Delge Zur? eform. des StrafPrz.R., in #. Lolten orff' 3 Jahrbuch f. Gesetz-
ghänn 1875 S. 402 ff. — Glaser, Prinzip der Strafverfolgung. — Mittermaier im
erichtssaal X. S. 292. Ullmann, StrafPrz., S. 248. — Geyer, Lehrbuch des
gemeinen Deutschen StrafPrz. R., 1880, S. 406. v. Holtzendorff.
Option (Staatswahl). Die Einverleibung eines Staates oder Staats-
theiles in einen anderen Staat ist nach Völkerrecht hinsichtlich ihrer Rechtskraft nicht
bedingt von der Zustimmung der jenes Gebiet bewohnenden Menschen. Die Plebis-
cittheorie Romanischer Schriftsteller ist, wenn auch neuerdings mehrfach durch die
Praxis Romanischer Staaten bekräftigt, keineswegs allgemein anerkannter internatio-
naler Grundsatz geworden. Sie entbehrt für monarchische Staaten völlig jeder
inneren Begründung, während sie allerdings als Konsequenz des republikanischen
Staatsgedankens vielleicht gerechtfertigt werden kann. (Aus dem Deutschen Recht
kann für die Plebiscittheorie nur der jetzt beseitigte Art. V des Prager Friedens
von 1866, Nordschleswig betr., citirt werden. Die Literatur über das Plebiscit
citirt Störk, S. 50, vgl. ebenda S. 47 ff. über die Stellung von Hugo Gro-
tius zu der Frage, S. 63 ff., gegen Bluntschli.)
Die internationale Praxis hat vielmehr zum Schutze der Individuen bei
Wechsel der Staatsgewalt das Institut der O. ausgebildet, welches jetzt seit
Jahrhunderten eine wenig unterbrochene (Französische Revolution, Napoleon I.)
Uebung für sich hat. Kraft des Rechtes der O. wird bei Wechsel der Staats-
gewalt den Bewohnern des betreffenden Gebietes die Möglichkeit gewährt, dem
früheren Staatsverbande treu zu bleiben, obwol an dessen Stelle ipso jure durch
die Eroberung die neue Staatsgewalt über Land und Menschen getreten ist. Die
O. besteht in einer ausdrücklichen Erklärung des Individuums zu
Gunsten des bisherigen Staatsverbandes; diefser Erklärung hat
die Ueberwanderung in das dem alten Staate verbliebene Gebiet
nachzufolgen; für Abgabe der Erklärung, sowie Verlegung des
Wohnsitzes werden bestimmte Fristen gesetzt.
Die frühesten Bestimmungen dieser Art finden sich im Reichsabschied von 1530
E 62), definitiv fixirt im Westfälischen Frieden (§ 36, Art. V, — beneficium emi-
grandi für diejenigen, welche die Staatsreligion nicht annehmen wollen), sodann im
Ryswicker Frieden von 1697, seitdem in allen Friedensschlüssen, welche Gebiets-
abtretungen enthielten, ausgenommen die meisten Französischen v. 1790—1813 ((keine
O. im Preßburger und Tilsiter Frieden, 1806, 1807); besonders wichtig für die
Technik des O. wesens ist der Züricher Friede von 1859 geworden; die sämmtlichen
Großmächte haben den Grundsatz der O. sanktionirt im Grenzregulirungsvertrag
vom 20. Nov. 1815, Art. VII. —
Die Anerkennung der neuen Staatsgewalt wird bei allen denjenigen Personen,
welche in dem abgetretenen Gebiete 1) geboren sind (—originaires“") oder
2) ihr Domizil haben („domiciliés“") präsumirt, falls sie nicht binnen der
gesetzten Frist die O.erklärung abgegeben und die Ueberwanderung vollzogen haben;
wird letztere unterlassen, so wird auch erstere wirkungslos; nur scheinbare Aus-