Option. 955
wanderung (z. B. wenn nach kurzer Zeit wieder die Rückkehr in das frühere Do-
mizil erfolgt) wird juristisch nicht als solche anerkannt (vgl. über diesen im Deutschen
Reichstag theilweise mit kaum zu rechtfertigender Sentimentalität behandelten Punkt,
Störk, 35, vgl. auch ebenda 85, 167 über den animus non revertendi; Störk
empfiehlt ein ausdrückliches Rückkehrverbot um Auswanderungen in fraudem legis
auszuschließen); die Ueberwanderung ist zu gestatten ohne Beschwerung mit beson-
deren Abgaben; hinsichtlich der Immobilien der Optirenden kann Fortsetzung des
Eigenthums gestattet oder Veräußerung vorgeschrieben werden. Die Fristen werden
entweder nach Jahren, Monaten, Tagen (meist wurde die O #frist auf 2 Jahre be-
stimmt, im Breslauer Friedensvertrage von 1742 fünf Jahre, in neueren Friedens-
schlüssen auf sechs Jahre, so Wien 1864) oder kalendarisch fixirt (so im Frankfurter
Frieden vom 10. Mai 1871, bezw. dem O formular auf 1. Okt. 1872). Olbe-
rechtigt sind alle zur Abgabe einer rechtswirksamen Willenserklärung fähigen Per-
sonen, also auch selbständige Frauen. Ob und in welcher Weise Minderjährige und
andere willensunfähige Personen optiren können, hängt von den civilrechtlichen Be-
stimmungen des betr. Staates ab. Im Allgemeinen wird man annehmen dürfen,
daß für solche Personen die O. durch den gesetzlichen Vertreter zu erfolgen habe.
(Nach Französ. Civilrecht müssen Minderjährige, einerlei ob emanzipirt oder nicht,
überhaupt als optionsunfähig erachtet werden. Der andere Satz des Französ. Civil-
rechtes ([Code civil art. 9), daß Minderjährige bis ein Jahr nach erreichter Groß-
jährigkeit die Französische Staatsangehörigkeit reklamiren dürfen, falls sie durch eine
Gebietsabtretung faktisch unter die Botmäßigkeit einer anderen Staatsgewalt kamen,
wurde von Deutscher Seite entschieden abgewiesen, da die Konsequenz desselben wäre,
daß auf Jahrzehnte hinaus keine feste Ordnung der Staatsangehörigkeit der Be-
völkerung gewonnen werden könnte. S. hierüber die Verhandlungen des Reichstages,
1878, Sten. Ber. 356 [Abg. Nessel!], 358 [Unterst. Sekr. Herzogs. Deutscher-
seits nahm man an, jeder Minderjährige unter väterlicher Gewalt theile die Staats-
angehörigkeit des Vaters; im Uebrigen ließ die Verwaltung eine O. der emanzipirten
Minderjährigen zu, während das ROS. als Kassationshof für Elsaß-Loth-
ringen dieselbe für ungiltig erklärte.)
Bei völligem Untergang des alten Staates wird eine O. bis jetzt nicht an-
erkannt (vgl. die praktischen Fälle, welche Störk, 150 ff., erzählt).
Im Einzelnen ist die Praxis des O wesens bis jetzt leider eine höchst un-
geordnete; fast bei allen neueren Friedensschlüssen haben sich viele und große
Schwierigkeiten ergeben; in ganz besonders hohem Grade war dies der Fall bezüglich
des Frankfurter Friedens vom 10. Mai 1871, theils aus allgemeinen durch die bis-
herige Praxis nicht sicher entschiedenen Gründen, theils speziell wegen der Wort-
fassung des Friedensinstrumentes, Art. II. (originaires domiciliés“ statt wie
z. B. im Züricher Frieden von 1859: „originaires ou domiciliés“, Deutsch: „den
aus den abgetretenen Gebieten herstammenden, gegenwärtig in diesem Gebiete wohn-
haften Französischen Unterthanen“: danach mußten, um Franzosen zu bleiben,
optiren 1) alle Personen, welche im Reichsland geboren und domizilirt waren;
2) alle diejenigen, welche im Reichsland geboren waren, aber nicht ihr Do-
mizil hatten; dagegen vermochte man sich nicht zu einigen hinsichtlich einer
dritten Kategorie, nämlich derjenigen Personen, welche nicht im Reichsland
geboren, aber daselbst domizilirt waren; man erachtete diese Kategorie
Französischerseits für Franzosen, Deutscherseits für Deutsche, sofern nicht innerhalb
der gesetzten Frist die O.erklärung und Ueberwanderung erfolgt war. Löning
und Mitscher wollen nur dem Domizil bei der O. Rechnung getragen wissen,
die Originität aber völlig unberücksichtigt lassen, s. darüber und dagegen Störk,
165 ff.). ·
DileragewurdemehrfachverhandeltimElfaß-LothringischenLandesausschuß,
die betreffenden Verhandlungen bieten aber wenig mehr als Wünsche und Klagen.