Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

962 Orden. 
III. Die ferner in der katholischen Kirche vorkommenden Brüderschaften 
(sodalitates, confraternitates), Vereine zu kirchlichen und religiösen Zwecken und 
Uebungen (Armen-, Krankenpflege, Unterstützung des Missionswesens, Verrichtung 
gewisser Gebete 2c.), welche bald nur aus Loaien, bald aber auch aus Geistlichen 
bestehen, unterscheiden sich dadurch von den O. und Kongregationen, daß sich das 
ganze Leben derselben nicht nach einer bestimmten Regel richtet, sie keine vita com- 
munis führen, also nicht zusammenleben, keine Gelübde bei ihnen vorkommen, das 
Recht zum Austritt frei ist und der Eintritt in eine solche Konfraternität den Ein- 
zelnen in seiner sonstigen Stellung nicht berührt. Diese Vereine sind in kirchlichen 
Beziehungen dem Bischof vollkommen unterworfen, und dieser kann sie sogar, wenn 
kein entgegenstehendes Privileg vorliegt, aufheben. 
IV. Tertiarier sind diejenigen Personen männlichen oder weiblichen Ge- 
schlechts, welche, ohne dem Regularenstande anzugehören, einem wirklichen Manns-O. 
durch die Annahme einer kirchlich dafür approbirten Lebensregel assoziirt sind. Die 
erste Einrichtung dieser Art rührt von Franziskus von Assisi her, und nach diesem 
Vorbild sind sie auch bei anderen O. (z. B. bei Dominikanern) eingeführt worden. 
Sie bleiben in ihren gewöhnlichen Verhältnissen, verpflichten sich aber, ein von 
weltlichen Vergnügungen zurückgezogenes Leben zu führen, gewisse Liebeswerke zu 
verrichten, öfters die Sakramente zu empfangen, die O. feste mitzufeiern 2c. Einzelne 
dieser Tertiarier haben sich aber zu gemeinsamem Leben mit Gelübden verbunden und 
sind dadurch theils in die Klasse der eigentlichen O., theils der Kongregationen getreten. 
V. Die Stellung der Deutschen Staatsgesetzgebungen zu den 
religiösen Instituten. Frei entfalten können sich die O., Kongregationen und 
geistlichen Genossenschaften in Oesterreich, nur sollte sich der Bischof nach dem 
Konkordat bei Zulassung von Instituten der beiden ersten Arten mit der Re- 
gierung ins Einvernehmen setzen. Ein weitergehender, staatliche Ausfsichtsrechte fest- 
setzender Gesetzentwurf, welcher im Jahre 1874 in der Gesammtvertretung des Reiches 
berathen worden ist, hat bisher die kaiserliche Sanktion nicht erhalten. In 
Bayern (Relig. Edikt von 1818 §§ V76, 77) wird für die „Errichtung geistlicher 
Gesellschaften und sonstiger Institute und Bestimmungen ihrer Gelübde“ die Mit- 
wirkung der weltlichen Obrigkeit verlangt. Nach dem Württembergischen Ges. 
vom 30. Januar 1862, Art. 15, können nur mit staatlicher Genehmigung, welche 
jeder Zeit widerruflich ist, neue O. und Kongregationen eingeführt oder neue Nieder- 
lassungen schon vorhandener gegründet werden. — Durch das Deutsche Reichsgef. 
vom 4. Juli 1872 sind der Jesuiten-O., sowie die ihm verwandten O. und ordens- 
ähnlichen Kongregationen von dem Gebiete des Deutschen Reiches ausgeschlossen, 
auch ist ihnen die Errichtung neuer Niederlassungen unter gleichzeitiger Anordnung 
der Auflösung der bestehenden untersagt worden. In Ausführung des Gesetzes hat 
der Bundesrath noch im Jahre 1872 ein Verbot der Ausübung jeder O.thätigkeit, 
insbesondere in Kirche und Schule, sowie der Abhaltung von Missionen durch Je- 
suiten erlassen und im Jahre 1873 die Vorschriften des Gesetzes auf die als den 
letzteren verwandt erachteten Redemptoristen, Lazaristen oder Binzentiner, Priester 
vom hl. Geiste und die Schwestern vom hl. Herzen Jefu ausgedehnt. Kriterien, nach 
welchen die Verwandtschaft mit dem Jesuiten-O. zu beurtheilen wäre, hat das 
Gesetz nicht aufgestellt, aus dem Zwecke desselben folgt aber, daß diese bei allen 
denjenigen geistlichen Genossenschaften anzunehmen ist, welche nach ihrer Organisation, 
ihren Zielen und ihrer Wirksamkeit entweder auf gleicher Stufe der Staatsgefähr- 
lichkeit stehen oder doch in hervorragendem Maße als Helfer der Jesuiten anzusehen 
sind. Nach dem Vorbilde der Reichsgesetzgebung hat das Preußische Gesetz alle 
übrigen O. und ordensähnlichen Kongregationen vom Gebiete der Preußischen Mo- 
narchie vom 31. Mai 1875 ausgeschlossen, und damit zugleich das Verbot jeder 
O.thätigkeit in Kirche und Schule ausgesprochen. Widerruflich bestehen geblieben 
sind nur diejenigen Niederlassungen, welche ihre Thätigkeit ausschließlich auf Kranken-
	        
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