108 Postverträge.
sich bezieht. Die Grenzlinie zwischen Gesetzgebung und Verwaltung ist nun gerade
für das Gebiet des Postwesens reichsverfassungsmäßig gezogen worden; es soll in
dieser Hinsicht der Zustand maßgebend sein, wie er früher in Preußen, dam im
Norddeutschen Bunde herrschte. Die gesetzliche Regulirung bezieht sich daher wesentlich
nur auf den Postzwang, die Garantien und Vorrechte der Post, die Strafen und
das Strafverfahren, die Höhe des Portos für Briefe und Packete, während dagegen
in die Verordnungssphäre beispielsweise gehören die Feststellung der Gebühren für
Postanweisungen und sonstige Geldübermittlungen, für Sendungen von Drucksachen,
für Korrespondenzkarten 2c. Demgemäß sind als in die Gesetzessphäre eingreifend
der Mitwirkung des Reichstags alle jene oft nur aus einem einzigen Additional-
artikel bestehenden P. unterworfen, die durch die Reform des internationalen Brief-
und Packetportos herbeigeführt sind, während nur ganz ausnahmsweise P., wie die
über die Zulassung der Korrespondenzkarten, ohne solche Mitwirkung zu Stande ge-
bracht sind. — 2) Was sodann den Inhalt der neueren P. betrifft, so stimmen
dieselben, die Regelung einzelner besonderer Verhältnisse abgerechnet, größtentheils
sogar wörtlich mit einander überein; die Festsetzungen beziehen sich hauptsächlich auf
die Briefpost und auf die Fahrpost. Hinsichtlich der Briefpost wird die Höhe des
Portos, die Frankirung, die Behandlung der Drucksachen, Waarenproben, Rekom-
mandationen, Postanweisungen, Expreßbestellungen, der unbestellbaren Briefpostgegen-
stände, der Portofreiheiten, der Portobezug, die Erfatzleistung, der Zeitungsdebit genau
geregelt. Hinsichtlich der Fahrpost fordern besonders die Vertheilung der Einnahmen
und die Abrechnung, sowie die Gewährleistung spezielle Bestimmungen. — 3) Eine
weitere Entwickelung des internationalen Postverkehrs ist durch den auf Grund der
Deutschen Denkschrift von 1868 und des Deutschen Entwurfs von 1874 am 9. Okt.
1874 zu Bern abgeschlossenen allgemeinen Postvereinsvertrag herbeigeführt worden,
an dessen Stelle inzwischen der Pariser Weltpostvereinsvertrag vom 1. Juni 1878
getreten ist. Dieser Weltpostverein bildet insbesondere insofern ein einziges Post-
gebiet, als in dem gesammten Umfange desselben das Porto für frankirte Briefe
20 Pfennig, für Postkarten 10 Pfennig, für Drucksachen rc. 5 Pfennig, für un-
frankirte Briefe 40 Pfennig beträgt. Hinsichtlich der Portovertheilung findet keiner-
lei Abrechnung mehr statt, sondern gilt der Grundsatz der Kompensation. Die Un-
entgeltlichkeit des Transits ist im Prinzip anerkannt; Transitvergütungen finden
nur, und ohne daß die Einheitlichkeit des Portos dadurch alterirt wird, ausnahms-
weise zu Gunsten solcher Länder statt, die wegen ihrer geographischen Lage, wie ins-
besondere Belgien, keine genügende Gegenleistung erlangen oder besondere Opfer (für
Seepostverbindungen) bringen müssen. Organe des Weltpostvereins sind theils
periodische Kongresse, die hinfort alle fünf Jahre zusammentreten, theils Schieds-
gerichte zur Austragung von Streitigkeiten, theils das in Bern im Anschluß an die
Schweizerische Postverwaltung errichtete internationale Bureau als permanente
Centralstelle für die auf den Verein bezüglichen Angelegenheiten. Es ist das eine
völkerrechtliche Einigung, wie sie bisher auf keinem anderen Gebiete des Verkehrs-
lebens annähernd erreicht worden ist. Uebrigens ist den Mitgliedern des Vereins
sowol für die Gestaltung ihres inneren Postverkehrs, als auch für die Regelung der
engeren Beziehungen unter einander völlig freie Hand gelassen, sodaß also namentlich
der zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Luxemburg und Helgoland bestehende
engere Postverein mit der 10 Pfennig-Brieftaxe auch ferner fortbesteht; wie denn
auch in Bezug auf den Verkehr mit Werthbriefen und Postanweisungen zwischen
einer großen Anzahl von Mitgliedern des Weltpostvereins besondere Vereinbarungen
bestehen.
ben. Ernst Meier, Ueber den Abschluß von Staatsverträgen, Leiyeig 1874; bef.
S. 298 ff. — Fischer, Die Verkehrsanstalten des Deutschen Reichs, in v. Holtzendorff's
Jahrbuch Jahrg. I. (1871) S. 409 ff., Jahrg. II. (1873) S. 211 ff. — Fischer, Post und
Telegraphie im Weltverkehr, Berlin 1879. — Archiv für Post und Telegraphie, Jahrg. VIII.
(1880). — Schmoller, Jahrb., Jahrg. V. (1881) S. 422. Ernst Meier.