Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

26 Peoullum. 
beziehung zu einer der Gewalt des pater familias unterworfenen Person. Die 
Neueren pflegen zu den Pekulien jedes in irgend einem Sinne einem Hauskinde ge- 
hörende Vermögen zu rechnen; den Quellen ist aber dieser Sprachgebrauch fremd, 
indem sie als Stücke des P. die thatsächlich in der Hand der persona subjecta 
befindlichen und ihrer Verwendung unterliegenden Vermögensstücke bezeichnen. 
1) Seine erste Erhebung zu rechtlicher Bedeutung verdankt der Begriff des P. 
dem Prätorischen Edikte, indem dieses die Haftung des pater familias für kontrakt- 
liche (und analoge quasi ex contractu entstehende) Verbindlichkeiten seiner Hausunter- 
thanen bis zum Belaufe ihres P. aussprach. P. der persona subjecta ist das ihr 
vom pater familias zu freier Verfügung überlassene Vermögen; über sein P. ist dem 
für das Justinianische und Gemeine Recht allein in Betracht kommenden Hauskinde 
jede ihm faktisch mögliche Verfügung gestattet; dagegen ist in der concessio peculü 
als solcher noch nicht enthalten die Vollmacht zu Rechtsakten, zu welchen es der 
Fähigkeit rechtlicher Disposition bedarf, und auch die generelle Ertheilung dieser durch 
Uebertragung der libera peculii administratio ermächtigt nicht zu Schenkungen. 
Indem das Hauskind sein P. mit dem Willen des Vaters thatsächlich als, eigenes 
Vermögen behandelt, hat es der Prätor gerecht gefunden, daß umgekehrt der pater 
familias die Schulden der persona subjecta bis zum Belaufe ihres P. als eigene 
gelten lasse. Den Gläubigern des Kindes haftet also der Vater zwar nicht ohne 
seinen Willen, sofern von diesem die Existenz des P. abhängt, aber nicht etwa, 
wie Puchta will, vermöge einer in der concessio peculü enthaltenen Ermächtigung 
zum Kontrahiren, sondern weil vermöge des Zusammenhangs zwischen Schuld und 
Vermögen in demselben Maße, in welchem er dem Hauskinde die Behandlung seines 
Vermögens als eigenen gestattet, er auch den Gläubigern des Hauskindes gestatten 
muß, dessen Schulden als seine eigenen zu behandeln. Entscheidend ist daher der 
Betrag des P. nicht etwa zur Zeit der Obligirung, zu welcher es an jedem P. 
sehlen kann, sondern zur Zeit der peculio tenus erfolgenden Kondemnation. 
Wie aber das P. rechtliche Bedeutung erlangt durch die Haftung des pater 
kamilias gegenüber den Gläubigern seines Inhabers, so erlangen dadurch auch Bedeu- 
tung diejenigen unter Gliedern derselben familia eintretenden Thatbestände, welche 
unter einander Fremden Obligationen begründen. Schließt die Subjektion des 
Hauskindes in seiner Person sowol jede Forderung, als auch jede spezielle Gebunden- 
heit demjenigen gegenüber aus, dessen Herrschaft es schlechthin unterworfen ist, so 
sind doch den Gläubigern des Hauskindes gegenüber von rechtlicher Bedeutung die 
im Verhältniß zum pater familias oder zu anderen Gliedern derselben familia be- 
gründeten naturales obligationes, indem sie den Betrag, bis zu welchem 
der pater familias haftet, als Naturalforderungen des Hauskindes mehren und als 
Naturalschulden desselben mindern. Außerdem ist das Prinzip der Haftung bis zum 
Belaufe des P. dadurch modifizirt, daß dem wirklich vorhandenen P. gleichsteht das 
dolos entzogene, sowie während eines utiliter zu berechnenden Jahres das durch 
Tod oder Emanzipation des Hauskindes weggefallene P. 
2) Zum gemeinen, seinem Subjekte keinerlei eigenes Recht gewährenden und 
daher auch nicht auf Rechtssubjekte beschränkten P. gesellte sich in der Kaiserzeit das 
privilegirte Lastrense p. des silius familias miles. Unmittelbarer Inhalt des 
zuerst von Augustus ertheilten Privilegs war die Einräumung letztwilliger Ver- 
fügung, aus welcher sich vermöge eines Schlusses a majori ad minus die Möglichkeit 
jeder rechtlichen Disposition unter Lebenden ergab. Indem aber in Ermangelung 
anderweitiger Verfügung des filius familias nach seinem Tode das castrense p. in 
derselben Weise als Eigenthum des pater familias erschien, wie jedes andere nie dem 
patrimonium entfremdete P., so war auch bei Lebzeiten des Sohnes durch dessen 
Recht das des Vaters nicht ausgeschlossen, sondern nur zurückgedrängt, so daß die 
rechtliche Disposition des Vaters in ihrer Geltung bedingt war durch das Aus- 
bleiben einer konkurrirenden Disposition des Sohnes. Erst durch Justinian ist das
	        
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