Reichsfinanzwesen. 381
an die Reichsbevollmächtigten zu erfolgen. In gleicher Weise sind nach Ablauf des
ganzen Rechnungsjahres Finalabschlüsse herzustellen. Nach Abschluß der einzelstaat-
lichen Rechnungsmanipulation erfolgt die definitive Feststellung der Rechnung von
Reichswegen. Die hiermit betraute Behörde ist der Bundesrath durch seinen Aus-
schuß für Rechnungswesen, das ehemalige Centralbureau des Zollvereins. Diesem
Ausschuß haben die einzelstaatlichen Centralbehörden ihre Rechnungsabschlüsse in
Hauptübersichten, nach den einzelnen Abgaben geordnet, einzureichen. Danach wird
quartaliter diejenige Summe festgestellt, welche der betreffende Einzelstaat an die
Reichskasse abzuführen hat, indem von dem Bruttoertrag die Kosten abgezogen werden,
welche von Reichswegen den Einzelstaaten vergütet werden müssen. Endlich setzt das
Plenum des Bundesrathes den zu entrichtenden Baarbetrag definitiv fest, nachdem
zuvor die Berechnung des Rechnungsausschusses dem Einzelstaate notifizirt und ihm
dadurch Gelegenheit zur Rückäußerung geboten war. Die Summen, welche den
Einzelstaaten auf Grund der neuen Zollgesetzgebung hinauszubezahlen sind, werden
als Ausgabeposten in den Etat eingestellt.
Von der zur Reichskasse einzuziehenden Summe der Zoll= und Steuergefälle
kommen in Abzug: 1) die Vergütungen und Ermäßigungen, welche auf Gesetzen oder
allgemeinen Verwaltungsvorschriften beruhen. 2) Rückerstattungen für unrichtige
Erhebungen. 3) Die Erhebungs= und Verwaltungskosten, und zwar a) bei der
Salzsteuer die Besoldung der mit Erhebung und Kontrolirung dieser Steuer auf
den Salzwerken beauftragten Beamten. b) Bei der Zucker= und Tabakssteuer werden
die zu vergütenden Verwaltungskosten vom Bundesstaat für jeden Einzelstaat speziell
festgestellt. c) Bei den übrigen Steuern erhält jeder Einzelstaat für Verwaltungs-
kosten 15 Prozent der gesammten, in seinem Gebiet erzielten Einnahme. d) Bei den
Zöllen werden die Kosten für den Grenzschutz und für alle Erhebungsbehörden an
der Zoll grenze zwar vom Reiche vergütet, dagegen nicht die Kosten für die
übrigen Verwaltungsbehörden (RVerf. Art. 38).
Der Betrag der zur Reichskasse geflossenen Einnahmen wird in Ouartalüber-
sichten im Centralblatt für das Deutsche Reich publizirt.
V. Die finanziellen Sonderrechte. 1) Das Reichsgesandtschaftswesen
wird aus der Reichskasse bestritten, alle Bundesglieder tragen die Lasten dieser In-
stitution in gleicher Weise. Gesandtschaften der Bundesglieder hingegen sind aus-
schließlich von diesen zu bestreiten; nur Bayern, Sachsen, Württemberg und Braun-
schweig erhalten eine Vergütung aus der Reichskasse für die durch das Bestehen von
Landesgesandtschaften den Reichsgesandtschaften erwachsende Geschäftserleichterung,
sowie Bayern für die eventuelle Vertretung des Reiches durch seine Gefandten
(Versailler Schlußprotokoll VII. VIII).
2) Soweit einzelne Bundesglieder von der Kompetenz einzelner Reichsbehörden
eximirt sind, tragen sie zu den Kosten derselben nicht bei, so die drei Süddeutschen
Staaten nicht für die Kontrole der Bier= und Branntweinbesteuerung, Bayern nicht
für das Bundesamt für Heimathwesen, die Reichsnormaleichungskommission.
Andererseits zahlen einzelne Reichstheile einen Mehrbetrag für gewisse Institutionen,
so Preußen für das Auswärtige Amt. Die angeführten Beispiele erschöpfen die in
dieser Beziehung vorhandenen Sonderrechte nicht. Ihren rechnerischen Ausdruck finden
diese Sonderrechte bei Feststellung der Matrikularbeiträge.
3) Neben den 40 Direktionen, in welche das Reichspostgebiet getheilt ist und
welche in direkter Verrechnung mit der Reichskasse stehen, haben Bayern und Württem-
berg sich ihre selbständigen Postverwaltungen refervirt, deren Gefälle in die betreffenden
Landeskassen fließen. Dafür bezahlen die beiden genannten Staaten je eine bestimmte
Summe als Aequivalent an das Reich an Stelle der für ihre Landeskassen ein-
gezogenen Postgefälle; dieses Aversum wird in die Matrikularbeiträge eingerechnet.
4) Von der Reichsgesetzgebung über die Besteuerung des Bieres sind frei Bayern,
Württemberg, Baden, Elsaß-Lothringen. In diesen Theilen des Reichsgebietes ist