Sequester. 673
Nach seinem Umfang begreift das Separationsrecht des § 43 der RKO. die bei
der Eröffnung des Konkurses vorhandenen Nachlaßgegenstände. Danach ist für das
vom Erben bereits Verausgabte oder Verzehrte kein Ersatz zu leisten. So-
fern jedoch nach Landesrecht das für eine Nachlaßsache erworbene Aequivalent an
deren Stelle tritt, wie z. B. nach § 2341 des Sächs. BGB. Forderungen von
Gegenleistungen für veräußerte Erbschaftsgegenstände, wird auch dies von dem
Separationsrecht ergriffen. Vgl. Dernburg, a. a. O. und § 230, A. 22.
Fraglich ist, ob die Absonderungsberechtigten auch aus den eigenen Mitteln des
Erben Befriedigung verlangen können. Das Röm. Recht enthält widersprechende
Entscheidungen (vgl. 1. 5 1. 1 § 17 und 1. 3 § 2 D. h. t.); nach der RKO. 8 57
ist die Frage zu bejahen für den Betrag, zu welchem der Gläubiger auf abgesonderte
Befriedigung verzichtet, oder mit welchem er bei der letzteren ausgefallen ist. Die
frühere Praxis und das Preuß. Recht legten auch den Gläubigern eines Erben,
welcher eine Erbschaft ohne Vorbehalt angetreten hat, das Recht auf Trennung
seines Vermögens von der Erbschaft bei. Dies ist durch die RKO. aufgehoben.
Vgl. die Motive zu § 43, S. 223.
Quellen: Tit. Dig. de separationibus 42, 6.
Neuere Lit.: Sintenis, Gem. Civilrecht, III. § 186. — Brinz, Lehrb., II. 9 157.—
Windscheid, Lehrb., § 607. — Unger, Oesterr. Erde. 3 41. — Dernburg, Lehrb. d.
Preuß. Privatrecht, III. § 233. — Die Kommentare zur RKO. Eck.
Sequester. Sequestration ist die Hinterlegung einer Sache, deren juristisches
Schicksal ungewiß ist, bei einer unbetheiligten Person, welche die Verpflichtung über-
nimmt, die Sache an denjenigen herauszugeben, welcher sein Recht auf dieselbe er-
wiesen hat. Der bei Weitem häufigste Anwendungsfall der S. ist die Deposition
einer im Streite befangenen Sache durch die Prozeßparteien, wo dann der Sieger
das Rückforderungsrecht hat. Die Sequestration wird entweder von den Betheiligten selbst
vorgenommen (s. voluntaria) oder vom Richter angeordnet (s. necessaria); die
letztere tritt ein während eines Prozesses als Sicherheitsmittel (zur Abschneidung
verbotener Selbsthülfe oder zur Vermeidung der Deterioration der streitigen Sache)
oder nach geendetem Streit als Exekutionsmittel. Der S. hat die Stellung eines
Depositars, die Klage gegen ihn heißt depositi sequestraria actio; er hat die Sache
aufzubewahren so lange, bis festgestellt worden ist, an wen sie herauszugeben ist,
bzw. bis er sonst der übernommenen Verpflichtung entledigt wird. Die viel be-
handelte Frage, ob der S. Besitz an der Sache habe, ist meines Erachtens nach
der Verschiedenheit der Bestimmung der S. zu beantworten; erfolgt die S. nur zur
faktischen Sicherheit der Sache (custodiae causa), so dauert der bisherige Besitz fort
und der S. erhält nur die Detention; soll sie dagegen eine Ersitzung unter-
brechen, so geht der Besitz unter, der S. erhält dann den sog. abgeleiteten Besitz
Der S. vertritt die Parteien, bzw. das Gericht, er ist aber nicht Bevoll-
mächtigter in dem Sinne, daß die von ihm angeordneten Maßregeln über die Dauer
der S. hinaus Wirkung haben. Ist mit der S. eine Art von Verwaltung ver-
bunden, wie dies im modernen Recht gewöhnlich der Fall ist, so ist die S. nicht
eigentlich ein Depositum, sondern ein Mandats= oder Dienstmiethe-Verhältniß. Den
Ausdruck S. behält man aber auch hier bei, doch beurtheilen sich die Gegenansprüche
des S. wegen seiner Auslagen, Verwendungen u. ähnl. dann lediglich hiernach,
während ihm im ersten Falle die depositi actio contraria zusteht.
Ueber die gerichtliche S. sind in der CPO. einige allgemeine Bestimmungen
getroffen. Danach ist eine solche zulässig im Zwangsvollstreckungsverfahren, wenn es
sich um die Pfändung eines Anspruches auf Herausgabe einer unbeweglichen Sache
handelt: die Sache muß an einen auf Antrag des Gläubigers (oder des Dritt-
schuldners) von dem Amtsgericht der belegenen Sache zu bestellenden S. heraus-
gegeben werden; die Zwangsvollstreckung selbst erfolgt dann nach Maßgabe der
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 43