Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

64 Politische Verbrechen. 
ob durch Cäsar oder durch Augustus erlassen —) gegeben. Dieses umfaßte alle 
Handlungen gegen die Majestät und die Sicherheit des Römischen Staates und 
Volkes — nach Untergang der Republik auch Verbrechen gegen die Person des 
Kaisers, sowie Verbrechen gegen höhere Staatsbeamte, namentlich Senatoren und 
Mitglieder des Kaiserlichen Konsiliums und Konsistoriums. Uebrigens war die Be- 
griffsbestimmung des Röm. crimen majestatis — (die Iustinianischen Institutionen 
[4, 18] geben folgende Definition: lex Julia majestatis, quae in eos, qui contra 
imperatorem vel rempublicam aliduid moliti sunt, suum vigorem extendit) 
unbestimmt, und diese Unbestimmtheit blieb bestehen, trotz der 1. 11 D. (48, 4), 
durch welche nur bestimmt wird, daß nicht Alle, welche vor der lex Julia majestatis 
schuldig seien, auch des Todes schuldig seien, sondern daß zum Tode nur derjenige 
des crimen masjestatis Schuldige zu verurtheilen sei, welcher hosti li animo ad- 
versus rempublicam vel principem animatus; ceterum si quis ex alia causa legis 
Juliae majestatis reus sit, morte crimine liberatur. Der an sich so unbestimmte 
Begriff des hostilis animus beschränkt also nicht das crimen majestatis überhaupt, 
sondern nur die todeswürdigen Fälle dieses Verbrechens. Die Strafen des crimen 
majestatis sind durch die Röm. Kaiser Arcadius und Honorius derartig auch auf 
die Kinder derer, die sich dieses Verbrechens schuldig machten, ausgedehnt, daß den 
Söhnen jegliches Vermögen zu konfisziren und denfelben die Erbfähigkeit abzusprechen 
sei — sint postremo tales, ut his perpetua egestate sordentibus, sit et mors so- 
latium et vita supplicium. Den Töchtern wird etwas an Vermögen belassen, weil 
man annimmt, sie würden in Folge der Schwäche ihres Geschlechts nicht so viel 
wagen, wie die Söhne. Die Gehülfen, die Mitwisser, die Diener der Thäter sollen 
ebenso wie die Thäter selbst, die Söhne jener Gehülfen rc., wie die Söhne der 
Thäter bestraft werden. Ueberdem war es, damit die Strafe des crimen majestatis 
verwirkt würde, keineswegs erforderlich, daß das Verbrechen zu irgend einem Erfolge 
geführt hatte, da der bloße Wille, selbst schon der Gedanke an die That, der That 
selbst gleich gestellt wurde. Dieses Röm. Gesetz ist in das corpus iuris canonici 
(causa 6. qu. 1 can. 22) wörtlich übergegangen und an einer anderen Stelle — 
cap. 5 in VIto (V. 9.) — noch auf diejenigen ausgedehnt, welche gegen die Person 
eines Kardinals einen feindlichen Angriff unternahmen. Sodann sind diese Be- 
stimmungen des Röm. Rechts in die goldene Bulle Tit. 24 (§§ 1—17) ausgenommen 
und haben hier ihre Anwendung auf die Kurfürsten gefunden. So waren die Be- 
stimmungen des fremden Rechts über das Römische Staatsverbrechen aus doppeltem 
Grunde geltendes Recht in Deutschland geworden, einmal wegen der Rezeption 
des Röm. Rechts überhaupt und sodann auch wegen der speziellen Publikation dieser 
Bestimmungen durch ein Deutsches Reichsgesetz, und um so mehr mußten dieselben 
auch in der Praxis Anwendung finden, als die CCC nur eine auf die Ver- 
rätherei bezügliche Bestimmung enthielt (Art. 124: Item welcher mit bosshaftiger 
verretherey misshandelt, soll der gewonhept nach durch viertheylung zum todt 
gebracht werden), welche noch unbestimmter war und für die praktische Anwendung 
sich noch weniger empfehlen mochte, als die Vorschriften des Röm. Rechts. — Aus 
dem crimen majestatis sind nun wenigstens mehrere der jetzt als p. V. bezeichneten 
einzelnen Verbrechen hervorgegangen. Zuerst — seit dem 18. Jahrhundert — wurde 
aus dem allgemeinen crimen majestatis der spezielle Begriff der Majestätsbeleidigung 
ausgesondert. Den Landesverrath hat von dem Hochverrathe das gemeine Deutsche 
Strafrecht überhaupt nicht gesondert, sondern es ist dies erst durch die Partikular- 
gesetzgebung geschehen, zuerst durch das Preuß. Allg. LR., dem sich dann das Bayer. 
Straf GB. von 1813 anschloß. Wenn so die p. V. auch eine gemeinsame historische 
Basis haben, so konnte dieser Umstand doch nicht verhindern, daß nicht bei der 
partikulären Fortbildung des Strafrechts mancherlei Verschiedenheiten entstanden 
wären. 2) Die p. V. werden als solche Verbrechen bezeichnet, welche gewisse Be- 
sonderheiten für das gerichtliche Verfahren erforderlich machen; und in dieser Be-
	        
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