Unfug. 923
Knaben für den kunstreichen Genuß nicht ausreichten, wurden Kastraten zum Ge-
brauche in der Kirche verwendet, die der Gegenstand hoher Bewunderung waren,
an keiner Kirche wie bei keiner opera seria fehlen durften.
Nach der Karolina traf die vorsätzliche und boshafte Verursachung der Impotenz
und Sterilität die Strafe des Todtschlages. Wie diese im Art. 133 unter Einem
auch von der Frau spricht „so sie es an jr selbs thette“, fassen auch spätere Landes-
strafgesetze die U. mit dem Falle der Leibesfruchtabtreibung unpassend zusammen.
Das neuere Recht legt nicht Gewicht auf die Vorstellung, als ob die U. eine
Tödtung künftiger Geschlechter sei. Nicht die Entgeistung der Geschlechtsfunktion,
nicht der zerstörende Einfluß auf das menschliche Gefühl des Entmannten, vielmehr
die schwere Körperverletzung ist es, welche der Strafdisposition der neueren Gesetz-
gebung zu Grunde liegt. Die U. wird nicht mehr als selbständiges Verbrechen
behandelt, nur als ein besonders schwerer Verletzungserfolg des Verbrechens der
Körper= oder Gesundheitsverletzung mit Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren bestraft.
Zu diesem schweren Verletzungserfolg zählt auch die Bewirkung eines Gebärmutter-
vorfalles. Zum Thatbestande der Körperverletzung oder der Gesundheitsstörung in
dieser Beziehung ist nicht nothwendig, daß das angewendete Mittel unmittelbar
den Verlust der Zeugungsfähigkeit herbeigeführt hat; es genügt, wenn dasselbe in
Verbindung mit anderen Umständen mittelbar wirkende Ursache der Zeugungsunfähig-
keit gewesen ist. Verlust der Zeugungsfähigkeit durch Körperverletzung bedroht
das Deutsche Straf# B. § 224 mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren oder Gefängniß
nicht unter 1 Jahr, wenn diese Verletzungsfolge nicht beabsichtigt war; —
dolos herbeigeführt, wird dieser Erfolg bis zu 10 Jahren Zuchthaus bedroht.
Gsgb. u. Lit.: Deutsches Straf GB. §§ 224, 225. — Sächs. revid. Straf GB. Art.
167. — Hesteru. Straf# B. 8 158 a. — v. Wächter, Lehrb. des Römisch-Deutschen Straf-
rechts, II. 185. — Hälschner, Preuß. Strafrecht, III. — Weis, Bayer. StrafG#.,
II. 67. — Krug, Sachs. Strasch B., I. 2. Ausg. 60. I 1 de Boynet Des Sreuses
Jégales, 1875 p. 329. — Schauenstein, Lehrb. der gerichtl. Medizin, 1863, S 380. —
Wald, Gerichtl. Medizin, 1858, S. 100. W. Mozart, von Otto 5rse 18856, I
255. — Gerichtssaal X. 429; XVII. 283 ff. — Schütze, Lehrb., 397. — Rubo, Komm.,
780. Wahlberg.
Unfug.- Das Straf GB. für das Deutsche Reich bedroht, ohne den Begriff
weiter zu erläutern, I. den beschimpfenden Unfug, wenn er vorgenommen wird:
a) an einem öffentlichen Zeichen der Autorität 1) des Reiches oder eines Bundes-
fürsten § 135, 2) eines nicht zum Deutschen Reiche gehörenden Staates § 103a,
b) an einem Hoheitszeichen 1) eines Bundesstaates § 135, 2) eines nicht zum
Deutschen Reiche gehörenden Staates § 103a, mit Erruttuet bis zu 600 Mark
oder mit Gefängniß zu 2 Jahren, c) in einer Kirche oder einem anderen zu religiösen
Versammlungen bestimmten Orte, mit Gefängniß bis zu 3 Jahren § 166, d) an
einem Grabe, mit Gefängniß bis zu 2 Jahren, neben welchem auf Verlust der
bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann § 168; II. den groben Unfug mit
Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft § 360 Nr. 11.
Im Sprachgebrauch des gewöhnlichen Lebens bezeichnet man als U. jedes an-
standslose ungeziemende Benehmen, jede Roheit, jeden Frevel. Auch für das
Strafrecht muß man an dieser Bedeutung festhalten, jedoch mit der Modifikation,
daß nicht jeder U. kriminell strafbar erscheint. Für die unter I. angeführten Fälle
ergiebt der Zusatz „beschimpfend“ die nothwendige Beschränkung. Für § 360 Nr. 11
muß sich eine solche auch auffinden lassen, sonst böte derselbe eine Handhabe zum
Einschreiten, sowol da wo bestimmte Strafgesetze fehlen, als auch da wo die vor-
handenen, etwa wegen mangelnden Antrages, nicht angewendet werden können, denn
am Ende wird ein grober U. in jeder strafbaren Handlung enthalten sein. —
Unter der Herrschaft des Preuß. Straf GB., in welchem § 340 Nr. 9 wörtlich dem
jetzigen § 360 Nr. 11 entsprach, schloß man aus der Einordnung der Vorschrift