Universalfideikommiß. 929
ja dieselbe dauert auch nach Antritt des Erben noch solange fort, als ein praktisches
Interesse dafür obwaltet (so für Vollendung einer Usukapion, für Obligationen, die
erst nach angetretener Erbschaft entstehen oder wirksam werden sollen, für Restitution
der Erbschaft als Universalfideikommiß, für Vermeidung einer confusio im Falle
nachträglicher separatio bonorum 2c.); b) nach Antritt des Erben — welcher die
in der Erbschaft fortlebende vermögensrechtliche Persönlichkeit des Erblassers auf= und
übernimmt (nicht etwa lediglich vertritt, „repräsentirt" — wird dessen Persönlichkeit
auf den Tod des Erblasfers zurückbezogen, wie wenn er schon zu dieser Zeit succedirt
wäre; was namentlich für die Ergänzung des commercium defuncti von Bedeutung
sein konnte, und, wenngleich seltener, auch heute noch sein kann. So ergänzen sich
beide Personen gleichsam zur Einheit. Mit Unrecht will die heutige Doktrin in jenen
Fiktionen — nur aufgestellt, um greifbare praktische Rechtswirkungen auch begrifflich
und bildlich zu erklären — widerstreitende bzw. successive Juristentheorien, oder
Versehen der Kompilatoren, oder gar inneren Widerspruch finden. — An der Hand
des praktischen Bedürfnisses verdrängten jene Römisch-rechtlichen Grundsätze im Laufe
des Mittelalters das abweichende Germanische Recht, welches den Nachlaß nicht als
absolute Einheit, sondern als Masse auffaßte, deren Aktiva in Lehn und Allod, in
Eigen („Erbe") und Fahrniß, letztere in Gerade, Heergewäte, Mußtheil rc. zerfallen
ließ, auf welchen Sondermassen dann diese oder jene Passiva als betragmindernde
Last ruhten, so daß die Nachfolger in der Gewere auch nur bis zum Betrage der
überkommenen Aktiva bzw. des ganzen Aktivnachlasses für solche Schuld hafteten;
welches ferner eine Zwischenzeit der ruhenden Erbschaft nicht anerkannte. Die
neueren Gesetzgebungen betonen bei der ruhenden Erbschaft bald nur die zurück-
bezogene Person des künftigen Erben (Code civil, Sächsisches BG#B., Hesfsischer Ent-
wurf, minder deutlich auch das Preußische Allgem. LR.), bald nur die fortgesetzte
Person des Erblassers (Oesterreichisches BG#B.), ohne jedoch einseitige Folgerungen
zu ziehen; sie statuiren, mit Ausnahme des Sächsischen BG#., bei unbedingtem (vor-
behaltlosem) Antritt unbeschränkte Schuldenhaftung des Erben (einige sogar solidarische,
nicht ratenweise, der Miterben); sie halten jedoch, was die Hauptsache bleibt, sämmt-
lich fest an der Einheit des Nachlasses und dem Erbübergange durch Gesammtnach--
folge, wenn sie auch daneben eine Erschöpfung des Nachlasses durch bloße Vermächt-
nisse, nach Vorabzug aller Schulden, gestatten. Inwiefern auch bei dem heutigen
sog. Erbschaftsvermächtniß eine U. anzunehmen sei, vgl. d. Art. Univerfalfidei-
kommiß.
Lit. u. Quellen: Windscheid, Lehrb, III. 8 528, 531. — Tewes, System, 96 1,
2. — Unger, System, VI —X 7. — 92 Inst. 2, 14. — 1 3 1 D. 28, 5 — I.I. 37.
54 D. 29, 2. — I. 3 pr. ——]ssm–i–*xss
16. — I.I 62, 193 D. 50, bier — Preuß. Allgem. LR. I. 2 §8 34 ff.; I. 9 9 46 F. —
Code civil art. 777, 870 ss. — Oesterr. B#. §§8 531 ff., 5 * 801. — Sächs. B
88 2246, 2259, 2324. — Momnsen, Erbr.-Entw., §§ 2, 214 ff., 244, 251. Schüt
ütze.
Universalfideikommiß (Thl. I. S. 460) oder „Erbschaftsvermächtniß“ ist
nach Römischem Recht das einem Erben oder diesem Gleichgestellten (Fiduziar) auf-
erlegte Vermächtniß, die Erbschaft ganz oder zum Theil an einen Anderen (Fidei-
kommissar) herauszugeben; singuläre Nachfolge der Form nach (Errichtung und Er-
werb), universale aber nach Inhalt und Wirkung. Die geschichtliche Entwickelung
zeigt ein stetiges Fortschreiten vom Ueberwiegen der Form zum Ueberwiegen des
Inhaltes in vier Perioden, deren erste (Augustus) durch den Scheinkauf numo uno,
deren zweite (Nero) durch das SC. Trebellianum bezeichnet wird: als Gegenstand
gilt bereits die hereditas („fideicommissum hereditatis“) ganz oder pro parte, so
daß ex 80. Treb. mit der Restitution die Klagen für und gegen den Erben als
utiles auf den Fideikommissar übergehen. Dritte Periode (Vespasian): ex 8S0.
v. Holtzendorff, Enec. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 59