Untersuchungsrichter. 949
Anfechtung entzieht. Bei dieser Ordnung des Beschwerderechtes würde allerdings
der U., wäre es ihm überlassen, nach Belieben eine Entscheidung entweder selbst zu
fällen oder der Strafkammer anheimzustellen, die Beschwerdeinstanz bestimmen können.
Die Oesterr. StrafPO. regelt die Stellung des U. durch folgende An—
ordnungen: Es werden „bei jedem Gerichtshof erster Instanz“ (Landesgericht, Kreis-
gericht) „ein oder mehrere Mitglieder desselben als U. bestellt“ (StrafP O. § 11,
Abs. 2). Die Bestellung erfolgt durch den Vorsteher des Gerichtshofes. „Eine
Abtheilung des Gerichtshofes erster Instanz führt als Rathskammer die Aussicht
über alle Voruntersuchungen und Vorerhebungen und nimmt auf dieselben den
in der StrafPO. ihr zugewiesenen Einfluß. Die Rathskammer kann in einzelnen
Fällen nach Anhörung des Anklägers die Voruntersuchungen ganz oder theil-
weise an ein im Sprengel des Gerichtshofes gelegenes Bezirksgericht übertragen. Sie
kann jedoch diese Geschäfte jederzeit wieder an sich ziehen und ist dazu verpflichtet,
sobald es der Ankläger oder der Beschuldigte beantragt. Die Rathskammer faßt
ihre Beschlüsse in Versammlungen von drei Richtern“ (§ 12 StrafP O.). „Die Unter-
suchungsrichter an den Gerichtshöfen haben bei der Untersuchung, insoweit sie nach
den Bestimmungen der Straf PP O. nicht an die vorläufige Einvernehmung des Staats-
anwaltes oder an den Beschluß des Gerichtshofes gebunden sind, nach eigener Einsicht
zu verfahren. Es ist ihnen jedoch unbenommen, im Falle eines Zweifels auch
in Fällen, rücksichtlich deren es die StrafPO. nicht ausdrücklich vorschreibt,
vorläufig den Beschluß des Gerichtshofes einzuholen“ (§ 10 der Verordnung des
Oesterr. Justizm. vom 16. Juni 1854, R. G. Bl. Nr. 165). „Die Voruntersuchung
wird in der Regel von dem U. perfönlich und unmittelbar geführt. Doch kann
derselbe die Bezirksgerichte .. um die Vornahme einzelner gerichtlicher Hand-
lungen ersuchen (8 93 StrafP O.). „Der Untersuchungsrichter erstattet der
Rathskammer über den Stand aller anhängigen Voruntersuchungen monatlich einmal
oder auch während des Monats, wenn er dies für nöthig erachtet oder die Ent-
scheidung der Rathskammer einzuholen hat, mündlich Bericht. Den Sitzungen, in
welchen die Rathskammer diese Berichte entgegennimmt, wohnt der Staatsanwalt
bei und er ist berechtigt, Anträge zu stellen“ (§ 94 Straf O.). „Findet der U.
Bedenken, einem Antrage auf Einleitung der Voruntersuchung beizutreten, so ist
darüber ein Beschluß der Rathskammer einzuholen. Der U. nimmt an der Be-
rathung, aber nicht an der Beschlußfassung Theil“ 92, Abs. 3 StrafPO.) Ebenso
entscheidet die Rathskammer über Beschwerden gegen das Vorgehen der U. „nach
Anhörung des U. und des Staatsanwalts“ (§ 113, Abs. 2 Strafß O. Derzjenige,
„welcher in derselben Sache als U. thätig gewesen ist“, ist von der Mitwirkung und
Entscheidung bei der Hauptverhandlung ausgeschlossen (StrasP. O. § 68 letzter Absatz).
Was insbesondere die Verhängung und Aufhebung der Haft betrifft, so legt sie das
Gesetz durchaus in die Hand des U., unbeschadet des oben erwähnten allgemeinen
Rechts desselben, die Entscheidung der Nathskammer einzuholen. Der Rathskammer
ist nur die Bestimmung der Sicherheitsleistung, gegen welche die Haft entfällt, vor-
behalten (§ 192); bei schweren (mit mindestens fünfjähriger Kerkerstrafe bedrohten)
Verbrechen ist die Zulassung zur Sicherheitsleistung dem Oberlandesgerichte vorbehalten.
(6 194). „Die Beschwerdeführung des Staatsanwaltes gegen den Beschluß der
Rathskammer, wodurch die verhängte Untersuchungshaft gegen Sicherheitsleistung
oder auch ohne eine solche aufgehoben wird, hat nur dann aufschiebende Wirkung,
wenn derselbe seine Beschwerde gleich bei Eröffnung jenes Beschlusses anmeldet und
längstens binnen drei Tagen ausführt“ (§ 197). — Bei den Entscheidungen, welche
die Rathskammer fällt, ist der Rechtszug davon ganz unabhängig, ob sie auf Grund
einer Beschwerde ergingen. Sie sind unanfechtbar, es wäre denn, daß sie „die
Ausscheidung einzelner Strafsachen aus der gemeinsam zu führenden Voruntersuchung,
die Verhängung oder Aufhebung der Haft oder die Bestimmung der Versicherungs-
summe, die Einstellung der Voruntersuchung oder die Ablehnung des Antrages des