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Staatsanwaltes oder Privatanklägers auf Einleitung der Voruntersuchung betreffen“.
In diesen Fällen geht die Beschwerde an das Oberlandesgericht (5 114 StrafPO.).
Die Herbeiführung einer Voruntersuchung in Folge einer unmittelbaren Anklage ist
dem Oberlandesgerichte vorbehalten (5 211 Straf PO.).
Was das Vorgehen des U. zur Lösung seiner Aufgabe und die ihm zu diesem
Zwecke zur Verfügung stehenden Mittel betrifft, so muß auf den Art. Vorunter-
suchung und die zahlreichen, in die Materie einschlagenden Einzelerörterungen ver-
wiesen werden. Hier ist nur noch der dem U. zur Seite stehenden Disziplinar-
gewalt Erwähnung zu thun. Das Deutsche GV. bringt dieselbe unter
den Gesichtspunkt der einem „einzelnen Richter bei der Vornahme von Amts-
handlungen außerhalb der Sitzung“ zustehenden Befugnisse (§ 182), und verweist
dabei auf die in den §§ 177—181 geregelte sog. Sitzungspolizei. In dieser Hin-
sicht kommt also die Bestimmung des § 178 in Betracht, wonach Personen,
welche den zur Aufrechthaltung der Ordnung erlassenen Befehlen nicht gehorchen,
aus dem Sitzungszimmer entfernt, auch zur Haft abgegeben und während einer
Zeit, welche vierundzwanzig Stunden nicht übersteigen darf, festgehalten werden
können, ferner die nach § 179 wegen „einer Ungebühr in der Sitzung“ zu ver-
hängende Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark oder bis zu drei Tagen Haft,
und die Spezialbestimmung des § 180 gegen Rechtsanwälte oder Vertheidiger. —
Die Oesterr. Straf PO. (§ 108) berechtigt den U. „gegen diejenigen, welche sich
ungeachtet vorausgegangener Ermahnungen bei irgend einer Amtshandlung des U.
ein ungestümes oder beleidigendes Betragen zu Schulden kommen lassen“, eine Geld-
strafe bis zu fünfzig Gulden oder eine Arreststrafe bis zu acht Tagen zu verhängen.
„Gegen Gerichtszeugen, Sachverständige und Rechtsbeistände können nur Geldstrafen
verhängt werden.“ Dagegen ist für ohnehin bereits Verhaftete noch eine Spezial-
bestimmung. ertheilt.
Lit.: S. hinter dem Art. Voruntersuchung. — Speziell über die Stellung des U.
noch insbesondere: Mittermaier, Gesetzgebung und Rechtsübung über Strafverfahren (Erl.
1856), S. 363 ff.; Derselbe, Erörterung wichtiger Fragen aus der Lehre von dem Ver-
hältniß des Staatsanwaltes zum Untersuchungsrichter, Archiv d. Kriminalrechts, 1855 S. 205
bis 215, 447—459. — Keyser, Archiv des Kriminalrechts, 1856, S. 167—180 (Anwesenheit
des Staatsanwaltes bei Verhören). — v. Jagemann, Verhältniß des U. zum Angeschuldigten im
Anklageprozeß, Gerichtssaal 1849 I. S. 122. — Nöllner, Ueber Ungehorsamsstrafen, Zeitschr.
für Deutsches Strafverf., I. S. 145—181. — Völker, Ist es nothwendig, daß der U.
bei jeder Haussuchung persönlich mitwirkt? das. I. S. 188—191. — Ueber die Stellung des
Franzosche U. zur Rathskammer und die *9* ¾ dr letzteren im Jahre 1856: A. Möhl,
eitschr. dür das Strafverfahren N. F. I. S. 230— — Mittermaier im Gerichtssaal
1857 I. S. 81—112. — Walther, daselbst, II. S. 200—207. — Triest in der Allgem.
Deutschen Strafrechtsztg. 1861 S. 89—94, 108—107. Glaser.
Untreue. Die absichtliche Verletzung gewisser vermögensrechtlicher Verbindlich-
keiten, welche ihren Grund in Verhältnissen haben, denen nach Auffassung des Gesetz-
gebers der Charakter von Vertrauensverhältnissen zukommt. Das RStrafGB. zieht
hierher: die Verpflichtungen a) der Vormünder, Kuratoren, Güterpfleger, Sequester,
Massenverwalter, Vollstrecker letztwilliger Verfügungen und Verwalter von Stif-
tungen; b) die der Feldmesser, Versteigerer, Mäkler, Güterbestätiger und
anderer zur Betreibung ihres Gewerbes von der Obrigkeit verpflichteter Personen
und c) die der Bevollmächtigten. Der hervorgehobene Gesichtspunkt paßt im Grunde
nur auf die pflichtwidrigen Handlungen der ersteren, auf welche der Begriff im
Preuß. Straf GB. beschränkt war. Denn das Verhältniß zwischen Vollmacht-
geber und Bevollmächtigtem hat im Allgemeinen den Charakter eines spezifischen
Vertrauensverhältnisses nicht. Die in Betracht zu ziehenden Verletzungen dieses
Verhältnisses würden daher richtiger von der Untreue zu sondern und an der Seite
der Unterschlagung, der sie sich zunächst verwandt zeigen, einer besonderen Behandlung
zu unterziehen sein. — Das Rötraf GB. stellt die U. mit dem Betrug zusammen,
ohne daß sich ein näheres Verwandtschaftsverhältniß zu diesem erkennen ließe.