Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

958 Urheberrecht. 
dieselben. Die Reichsgesetzgebung blieb jedoch in dieser Hinsicht unthätig, wenn- 
schon in der Wahlkapitulation Leopold's II. Unterdrückung des Nachdrucks in Aussicht 
gestellt wurde. Dagegen erließ die Deutsche Bundesversammlung der in der Deutschen 
Bundesacte Art. 18 gegebenen Zusage gemäß eine Reihe von Bestimmungen über den 
Schutz des U. (Bundesbeschlüsse v. 6. Septbr. 1882, v. 9. Novbr. 1887, v. 22. April 
1841, v. 19. Juni 1845, v. 6. Novbr. 1856, v. 12. März 1857). Auch die 
Partikulargesetzgebung wandte dem Gegenstande von Neuem ihre Aufmerksamkeit zu, 
wobei man jedoch von der Grundlage der Bundesgesetzgebung ausging (so Preuß. 
Gesetz v. 11. Juni 1887 und v. 20. Febr. 1854, Württemb. Gesetz v. 17. Oktbr. 
1838, königl. Sächs. Gesetz v. 22. Febr. 1844, Oesterr. Patent v. 19. Oktbr. 
1846, Bad. Verordnung v. 17. Septbr. 1847, Bayer. Gesetz v. 28. Juni 
1865). Die Verfassung des Norddeutschen Bundes und demgemäß auch die des 
Deutschen Reichs rechnet den „Schutz des geistigen Eigenthums“ zu den der Gesetz- 
gebung des Bundes unterliegenden Gegenständen (Verf. Urk. Art. 4). Dem ent- 
sprechend ist die Materie in ihrem vollen Umfange durch die Gesetzgebung des Nord- 
deutschen Bundes resp. des Deutschen Reichs normirt worden. Es gehören hierher 
das Res. v. 11. Juni 1870 (in Bayern eingeführt durch RGes. v. 22. April 
1871), betr. das U. an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen 
und dramatischen Werken; das RGes. v. 9. Januar 1876, betr. das U. an Werken 
der bildenden Künste; das RGes. v. 10. Januar 1876, betr. den Schutz der Photo- 
graphien und das RGes. v. 11. Januar 1876, betr. das U. an Mustern und 
Moddellen. 
Das U. wird von den älteren Schriftstellern als ein wirkliches Eigenthum auf- 
gefaßt, welches dem Hervorbringer des Geistesproduktes an dem Inhalt desselben 
zukomme (J. H. Böhmer, St. Pütter). Vereinzelt ist noch in der neueren 
Zeit diese Ansicht vertheidigt worden von Eisenlohr (S. 60), welcher indeß dem 
Autor ein Eigenthum an der Form zuspricht, in die derselbe seine Gedanken kleidet. 
Die Mehrzahl der neueren Schriftsteller hat den eigentlichen Eigenthumsbegriff auf- 
gegeben uud versteht, wenn auch die Bezeichnung „geistiges Eigenthum“ beibehalten 
wird, darunter lediglich die vermögensrechtliche Nutzung der mechanischen Vervielfäl- 
tigung des Geistesproduktes, welche dem Autor unbeschränkt und ausschließlich gebührt 
(so u. A. Jolly, S. 44; Klostermann, Das geistige Eigenthum, I. S. 118 ff.; 
v. Wächter, Autorrecht, S. 3 ff.; Reuling in Goldschmidtt's Ztschr. XXIII. 
S. 70 ff.). Dieses Vermögensrecht wird von Klostermann als ein dingliches 
Recht aufgefaßt (von Homeyer — jurist. Wochenschrift von Hinschius, 1838, 
Nr. 25 ff. — als dingliches Untersagungsrecht bezeichnet), während es Mandry 
weder den dinglichen noch den Forderungsrechten unterordnen will, sondern vorschlägt, 
für dasselbe, wie für einige andere Rechte (z. B. Recht auf Führung einer Firma, 
die aus einem Erfindungspatent hervorgehenden Rechte) eine neue Klasse von Rechten 
anzunehmen, die er als Vermögensrechte absoluten Charakters, aber ohne sachliche 
Unterlage bezeichnet. Einige Schriftsteller (Neustetel, Der Büchernachdruck nach 
Röm. Recht, Heidelberg 1824, S. 44 ff.; Heffter, Deutsches Strafrecht, § 398; 
Bluntschli, Deutsches Privatrecht, §§ 46, 47) — und diese Auffassung wird man 
für die richtige zu halten haben — sehen im U. ein Recht der Persönlichkeit; noch 
andere (Beseler, Deutsches Privatrecht, § 88 III.; Harum, S. 538) ein Recht der 
Persönlichkeit (Verbietungsrecht gegen Veröffentlichung des Geistesproduktes), ver- 
bunden mit einem Vermögensrecht (Befugniß, das Geistesprodukt zu verbreiten). 
Endlich ist auch die Meinung vertreten, daß das U. einen ganz neuen Bestandtheil 
des Privatrechts bilde, weder als Vermögensrecht, noch als Recht der Persönlichkeit 
erscheine (Spöndlin, Ueber das Wesen des Verlagsrechts, Zürich 1867, S. 23; 
Stobbe, Deutsches Privatrecht, III. S. 13 ff.). 
Das U. wird anerkannt bei den literarischen und künstlerischen Erzeugniffen. 
Als literarisches Erzeugniß ist jedes Geistesprodukt zu verstehen, „welches an sich
	        
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