976 Urkundenfälschung.
beweiserhebliche und unberechtigte sein. Eine Vernichtung der Urkunde als solcher,
z. B. durch Auslöschung der wesentlichen Theile der Schrift, ist keine U. c) Durch
den Gebrauch einer als falsch oder verfälscht erkannten Urkunde, sei es im Einver-
ständniß mit dem Fälscher oder ohne solches. — Dieser Gebrauch ist bei allen Arten
der U. im engeren Sinne vorausgesetzt und bildet den wesentlichsten, ja den allein
wesentlichen Bestandtheil derselben. Denn dieser Gebrauch hat dort, wo er für sich
allein steht, die nämlichen strafrechtlichen Folgen wie dort, wo ihm bei dem Schul-
digen eine Thätigkeit der Verfälschung oder fälschlichen Herstellung voranging. Dieser
Gebrauch muß sich als ein Mißbrauch der Urkundenform darstellen, d. h. als eine
Inanspruchnahme der Beweiskraft der echten und bzw. unverfälschten Urkunde für
die unechte bzw. verfälschte. Er muß daher darauf gerichtet sein, einen Irrthum
hinsichtlich solcher Thatsachen zu erregen oder zu bestärken, welche zu erweisen das
betreffende Instrument seinem Inhalte nach bestimmt ist. Der Hauptfall ist der,
wo der Gebrauch zugleich darauf gerichtet ist, die scheinbar beglaubigten Verhält-
nisse praktisch zur Geltung zu bringen. Doch bildet dies nach dem RStraf GB. kein
allgemeines Erforderniß. Der Gebrauch muß aber stets einer irgendwie bestimmten
rechtswidrigen Absicht dienen. Dies ist z. B. der Fall, wenn es sich darum handelt,
Behörden zum Behufe besseren Fortkommens zu täuschen oder im Prozesse mittels der
Falsifikate zu siegen, dagegen nicht der Fall, wenn es sich etwa darum handelt, den
Schuldner hinsichtlich des geschuldeten Betrages in seinem eigenen Interesse zu täuschen.
Hinsichtlich der intellektuellen U. (der falschen Beurkundung rechtlich er-
heblicher Thatsachen in formell korrekten Urkunden) sind nach dem Rötraf GB. drei
Fälle zu unterscheiden, nämlich: 1) Die schuldhafte falsche Beurkundung solcher
Thatsachen durch einen Beamten innerhalb der Zuständigkeit desselben, der schwerste
Fall der intellektuellen U. Derselbe wird im Rötraf CB., wie es auch in den
übrigen Deutschen Straf GB. geschah, mit Rücksicht auf den Amtsmißbrauch, den er
enthält, den Amtsverbrechen eingereiht. Gleichwol ist der Fälschungscharakter bei
der Anwendung der betreffenden Bestimmungen nicht außer Acht zu lassen. Frank-
reich und Belgien behandeln den Fall unter den U. 2) Die Veranlassung einer
falschen Bezeugung relativ erheblicher Thatsachen in öffentlichen Urkunden mittels
einer Täuschung des zur Aufnahme betreffender Urkunden befugten Beamten. Die
unwahre Bezeugung muß sich auf solche Thatsachen beziehen, auf welche sich die
Beweiskraft der Urkunde erstreckt. Daher die Beurkundung eines von den Parteien
simulirten Rechtsgeschäfts oder die Abgabe unwahrer Erklärungen zu einem Ver-
nehmungsprotokolle nicht hierher gehört. Der Bezeugung muß ihrem Inhalte nach
eine rechtliche Bedeutung zukommen. Bei dem Thäter ist rechtswidriger Vorsatz
vorausgesetzt. 3) Der dolose Gebrauch von einer falschen Beurkundung der in Frage
stehenden Art. — Als eine Art der intellektuellen U. kann auch die wahrheits-
widrige Führung von Handels= oder Geschäftsbüchern, welchen die Gesetze Beweiskraft
beilegen, betrachtet werden. Vgl. hinsichtlich derselben die ehemaligen Badenschen,
Bayerischen und Hessischen Strafgesetzgebungen. Das RStraf GB. gedenkt ihrer jedoch
nicht. Die Meisten behandeln sie als eine nach § 267 zu bestrafende fälschliche
Anfertigung von Urkunden (s. oben). Dagegen berücksichtigt das RStraf GB. die
ebenfalls hierher gehörige Ausstellung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses zum
Gebrauche bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft durch eine approbirte Me-
dizinalperson, sowie den dolosen Gebrauch eines solchen Zeugnisses bei einer Behörde
oder Versicherungsgesellschaft. — Der Oesterreichische Entwurf von 1867 hatte all-
gemein die Errichtung von Privaturkunden mit erdichtetem Inhalte den U. zugezählt.
Es geschah dies auf Grund eines Mißverständnisses des Wesens dieser Verbrechensart.
Die Vollendung der U. ist überall nicht davon abhängig, daß die rechtswidrige
Absicht in ihrer Richtung gegen die Vermögens= oder anderen Rechte eines Dritten ihre
Verwirklichung gefunden habe. Ist es der Fall, so ist dies beim Ausmaß der Strafe
zu berücksichtigen. Häufig liegen hier zugleich die Merkmale des Betruges vor.