Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

982 Urtheil. 
Richtern, welche der letzteren angewohnt haben. Wird daher einer derselben an der 
. fällung behindert, so muß die Verhandlung nochmals wiederholt werden, falls 
nicht von vornherein ein Ergänzungerichter zugezogen worden ist. Die Berathung 
und Abstimmung der Richter (s. über die Art der letzteren den Art. Abstim- 
mung) erfolgt stets geheim. Wohl aber ist das U. nach seiner Feststellung stets in 
öfentlicher Sitzung zu verkünden. (Das weitere darüber im Art. U. verkündigung.) 
Jedes U. ist in vollständiger Form schriftlich abzufassen. Ist dies während der 
Berathung bis zur Verkündung nicht möglich, so hat es vor Ablauf einer Woche, vom 
Tage der ersteren an gerechnet, zu geschehen, auch ist das U. noch innerhalb dieser Zeit 
dem Gerichtsschreiber zu übergeben. Das U. in vollständiger Form hat zu enthalten: 
1) die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand 
oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung, 2) die des Gerichts und die Namen 
der Richter, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben, 3) den sog. Thatbestand, 
d. h. eine gedrängte Darstellung des Sach= und Streitstandes aus Grundlage der 
Vorträge der Parteien unter Hervorhebung der gestellten Anträge, wobei eine Bezug- 
nahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und die zum Sitzungsprotokoll. 
erfolgten Feststellungen zulässig ist, 4) die Entscheidungsgründe und endlich 5) die von 
der Darstellung des Thatbestandes und der Entscheidungsgründe äußerlich zu sondernde 
Uiformel (früher Tenor genannt), welche beiden entweder voran, oder nachgestellt (im 
letzteren Fall spricht man von einem sog. Schachtel-Erkenntniß) werden kann. Das 
U. ist von einem der mitwirkenden Richter abzufassen, aber von allen zu unterschreiben. 
Bei Verhinderung eines derselben muß dies unter Angabe des Hinderungsgrundes 
von dem Vorsitzenden, und falls dieser selbst nicht unterzeichnen kann, von dem 
ältesten beisitzenden Richter unter dem U. vermerkt werden. Auch hat der Gerichts- 
schreiber den Tag der Verkündung mit seiner Unterschrift auf dem U. festzustellen. — 
Von den Bestandtheilen des U. ist die U.formel dazu bestimmt, die Entscheidung 
des Richters über den streitigen Anspruch, bzw. die mehreren Ansprüche in sich auf- 
zunehmen, wenngleich vielfach in der Praxis der Kürze wegen in derselben nur das. 
zuerkannte oder abgesprochene Objekt oder das Endergebniß mehrerer erfolgter Ent- 
scheidungen zum Ausdruck gebracht wird (s. auch d. Art. Rechtskraft). Das U. und 
folgeweise die U.formel darf nicht hypothetisch oder bedingt erlassen werden. Die 
einzige Ausnahme machen die Fälle, wo auf einen richterlichen Eid oder einen Schieds- 
eid (s. d. Art. Eideszuschiebung) zu erkennen ist. (Ueber das im Urkundenprozeß 
statthafte Urtheil unter Vorbehalt der Rechte vgl. den Art. Urkundenprozeß 
und über das U. unter Vorbehalt von Vertheidigungsmitteln in der Berufungsinstanz 
s. d. Art. Berufung.) Wohl aber ist es — was nicht mit dem bedingten U. 
verwechselt werden darf — möglich, daß die unbedingte Verurtheilung zu einer von 
Vorleistungen abhängigen Handlung oder zu einer erst an einem bestimmten Tage zu 
machenden Leistung erfolgt. — Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei im U. etwas 
zuzusprechen, was nicht beantragt worden ist. Dieser Grundsatz gilt auch für Früchte, 
Zinsen und andere Nebenforderungen. Dagegen hat das Gericht stets von Amts- 
wegen über die Verpflichtung, die Prozeßkosten zu tragen, zu erkennen. 
Quellen: Deutsche CPO. §§ 272, 277—280, 284—286. 
Lit.: Wach, Vorträge über die RPO., Bonn 1879, S. 81 ff. P. Hinschius. 
Urtheil (strafproz.) ist die auf Grund einer mündlichen Verhandlung 
ergehende, für die Instanz endgültige Entscheidung über eine Strafsache. Andere 
richterliche Entscheidungen werden in der Form von Beschlüssen oder Verfügungen 
erlassen (vgl. Motive zum Entwurf der Deutschen StrafP O. S. 29, wo die über 
Berufungen ergehenden Urtheile noch nicht berücksichtigt werden konnten). Während 
im älteren, schriftlichen Verfahren, wo die Entscheidungen der Kollegien in allen 
Instanzen lediglich auf aktenmäßigen Referaten beruhten, auch die Verschiedenheit 
der Formen richterlicher Entscheidungen bedeutungslos geworden war, tritt die Unter-
	        
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