Usus. 1001
sein, ist die Verkehrssitte, der sich die Kontrahenten ausdrücklich oder stillschweigend
unterworfen haben, maßgebend; sie tritt derartigen Rechtssätzen sogar oft bewußt
entgegen. Der Inhalt des Geschäftsgebrauchs ist, soweit von dessen Anwendbarkeit
auf einen konkreten Fall die Entstehung, der Untergang oder die Veränderung eines
Rechts abhängig ist, juristische Thatsache; Beweislast und Beweismittel bezüglich
desselben richten sich demgemäß nach den allgemeinen für thatsächliche Behauptungen
geltenden Grundsätzen.
3) Als U. bezeichnen sich auch vielfach gewisse Festsetzungen von Börsen-
vereinen und anderen kaufmännischen Korporationen, welche all-
gemeine Vertragsvereinbarungen oder Normativbestimmungen enthalten, aber nicht
bestehende Gebräuche fixiren, sondern neue, für zweckmäßig erachtete Bestimmungen
als „U.“ einführen. Sie gelten nach Geschäftsgebrauch gleichfalls für die durch die-
selben betroffenen Handelsgeschäfte als Auslegungsmittel und naturalia negotii, fin-
den aber nicht wegen ihrer thatsächlichen Uebung, sondern wegen ihrer Normirung
und Publikation durch die dazu befugten Organe des Handelsstandes Anwendung.
Im HG#B. kommt das Wort „U.“ nicht vor. Auf U. im Sinne von Han-
delsgewohnheitsrecht verweist Art. 1, 349 Abs. 4 (Handelsgebräuche), 57, 61 Abf.
2, 82 Abs. 1 und 3, 83 (Ortsgebrauch); auf U. im Sinne von Verkehrssitte Art.
279 (Handelsgebräuche); 326, 327, 334, 342 Abs. 3, 352, 369 Abs. 2, 370
Abs. 1 (Handelsgebrauch), 481 (Seemannsbrauch), 80, 285, 339, 351, 352. 394
(Ortsgebrauch, ortsgebräuchlich), 70, 561, 578, 593, 595, 605, 899 ortsüblich),
47, 50, 332, 376, 383, 385, 460 (gewöhnlich) u. a. m.
Die Bestimmung des § 118 des GWV., daß über das Bestehen von Handels-
gebräuchen die Kammer für Handelssachen auf Grund eigener Sachkunde und Wissen-
schaft entscheiden kann, bezieht sich sowol auf das Handelsgewohnheitsrecht wie auf
die Verkehrssitte. Der civilprozessualische Beweis über beide Arten der U. wird
meist durch Auskunft der Repräsentanten des Handelsstandes (Parere) erbracht, deren
unbeeidigtes generelles Zeugniß nach der Gerichtspraxis die spezielle Darlegung ein-
zelner Uebungsfälle nicht erfordert (vgl. jetzt § 259 der CPO.).
Lit.: Goldschmidt, Handbuch d. Kaelsess, 2. Aufl. §§ 35, 36. — Thöl, H. R
6. Aufl., §§ 11—13.— Endemann, H. R ft., d6a Derselbe, Handbuch, I. 1d. —
Bebent. Lehrb. d. H.R., I. S 18. — 72 in er Zeitschrift fürd das ges. H.N., XVII.
"466 ff.; wesentlich endere einung: v. Gerber in dessen gesammelten juriischen- Ab
handlungen, 1871, S. 427 ff. — Kompe in der Zeitschr. für das gesammte H. R.,
44 ff. — Creizenach r IV. Beilageheft, S. 83 ff. — Keyßner in Gruchots V5
kucher. XII. 579 ff. — Die Kommentare von Hahn, Puchebt Anschü u vVoldern
dorff, Keyßneraåu Art l und 279 96 — 2 ROHSG. J. * 6 ff.; II. S. 27;
I. S. 3; ff.; S. 78, 368 ff., 401; VII. 1 ff.; M. 256; XI. S. 243,
us ff.; XII. 59V ff., 2 ff., 338 ff.; XIII. S. 294, S ff., 43 FK. S.'94 ff.; XVI.
S. 37 ft., 215; T S. 368 ff.; XXIf.’S. 146; NXIII. S. ##ht| . S. 196 ff., 380 ff.;
XTV. S. 200.— Nürnberger Prot. S. 10—13, 407, 884 ff., 1307
Simon.
Usus, das Gebrauchsrecht, ist ein ususfructus ohne kructus, d. h. ein Recht
auf den bestimmungsmäßigen Gebrauch einer fremden Sache ohne die Befugniß, die
Sache zur Fruchterzeugung zu benützen. Wenn nun dennoch die Ouellen in ge-
wissen Fällen, z. B. beim U. an einem Wohnhaus (kr. 2 § 1 bis fr. 8 D. 7, 8;
§ 2 I. 2, 5), an einem Landgut (fr. 10 § 4 bis fr. 12 § 1; fr. 15 pr. ib.), an
einer Herde (fr. 12 § 2 ib.), an einem Waldgrundstück (fr. 22 pr. ib.) über die
angegebene Grenze hinausgehen und dennoch eine Fruchtziehung gestatten, wie Ver-
miethung des Wohnhauses, Genuß der Erzeugnisse des Landgutes, Entnahme von
Dünger und modicum lac bei der Herde, Versehen des Hausbedarfs mit Holz beim
U. silvae, ja wenn der U. an verbrauchbaren Sachen vom ususfructus dem Inhalt
nach gar nicht unterschieden wird (fr. 5 § 2 D. 7, 5), dann mag die Grenze