Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1012 Veräußerungsverbote. 
durch die unmittelbare richterliche Anordnung bedingt ist. Beispiele dafür bieten 
gerade die neueren Justitgesetze in nicht geringer Zahl (KO. § 98; Straf PO. 
§§ 326, 332—33.1, 180; RStraf## . §5 140). Dagegen begründet die gerichtliche 
Beschlagnahme zur Vollstreckung oder Sicherung nur ein Pfandrecht an der Sache 
(RéPO. 85 700, 710). Von den gesetzlichen V. des Römischen Rechtes haben sich 
nicht alle bis in die heutige Zeit erhalten. So ist das Verbot der Veräußerung 
streitiger Sachen durch die RPO. 5 236 entbehrlich gemacht und beseitigt. Noch 
dem geltenden Gemeinen Recht gehören an die Verbote der Veräußerung von Dotal- 
grundstücken, von Bestandtheilen eines regelmäßigen Adventizgutes, von Mündel- 
sachen durch den Vormund, von vermachten Sachen. Aus neueren Quellen stammt 
das V. in Ansehung der Stamm-, Familienfideikommiß- und Erbgüter. 
II. Im Zweifel umfaßt ein V. jede Art der Veräußerung, nicht blos die 
Uebertragung des Rechts als solchen, sondern auch die Begründung von beschränkten 
dinglichen Herrschaftsrechten (Dienstbarkeiten, Pfandrecht u. s. w.) sowie das Auf- 
geben von beschränkten Rechten, welche zu Gunsten einer dem Verbot unterliegenden 
Sache bestehen (z. B. Grunddienstbarkeit). Manche Gesetzgebungen schließen auch 
das wissentliche Zulassen einer Ersitzung sowie die absichtliche Nichtausübung verjähr- 
barer Rechte ein (I. 28 V. S. 50, 16). Immer aber erstreckt sich das Verbot nur 
auf die freiwilligen Veräußerungshandlungen desjenigen, gegen welchen das Verbot 
erlassen ist. Die von seiner Willkür unabhängigen Veräußerungen werden dadurch 
nicht gehindert (z. B. in Folge der Theilungsklage eines Miteigenthümers oder 
durch die Ausübung des Pfandverkaufsrechtes oder vollends durch Zwangsenteignung). 
III. Die Wirkungen der V. sind keineswegs durch den Begriff derselben gegeben 
und daher im Einzelnen von verschiedener Tragweite. Es können hier nur die ver- 
schiedenen in den positiven Rechten hervortretenden Richtungen gezeichnet werden. 
1) Das V. kann sich auf die obligatorische Verpflichtung einer Person (und 
ihrer Erben) beschränken, einen Gegenstand nicht zu veräußern. Ein solches Verbot 
schließt die Gültigkeit des im Widerspruch damit errichteten Veräußerungsgeschäfts 
und den Rechtsübergang auf den Erwerber nicht aus; es erzeugt nur dessen Ver- 
letzung einen obligatorischen Anspruch auf Erfatz gegen den durch das Verbot Ver- 
pflichteten, nicht gegen den dritten Erwerber. So nach Gemeinem Recht die vertrags- 
mäßigen V., vorausgesetzt daß nicht überhaupt das zu Grunde liegende Uebereinkommen 
wegen ermangelnden Interesses der Verbindlichkeit entbehrt. Mittelbar kann dem 
vertragsmäßigen Verbot Wirkung gegen Dritte verschafft werden durch Einkleidung 
der Weiterveräußerung in eine auflösende Bedingung, bei letztwilligen Verboten durch 
ausdrückliche oder stillschweigende Zuwendung der Sache an einen Andern für den 
Fall der Veräußerung. 
2) Das V. kann auch das Recht selbst ergreifen und der Veräußerung dadurch 
entgegentreten, daß es der Veräußerungshandlung jede Wirkung auf das Recht ent- 
zieht (dingliche Wirkung). Die dem Verbot widerstreitende Eigenthumsübertragung, 
Servitutenbestellung, Verpfändung, der Servituten- oder Pfandrechtserlaß u. s. w 
sind nichtig. Mit dieser Wirkung sind in der Regel die gesetzlichen und wol auch 
die richterlichen V. bekleidet. Indeß begegnen auch innerhalb der Verbote mit 
dinglicher Wirkung wieder Verschiedenheiten. Nicht immer ist die Nichtigkeit eine 
absolute, so daß sie von Jedermann, sogar von dem Erwerber und von dem Ver- 
äußerer geltend gemacht werden kann, obwol dies die Regel bilden mag. Zuweilen 
* die Veräußerung nur einer bestimmten Person gegenüber der Gültigkeit 
(Z. B. im Falle des § 326 der Straf- O. und § 140 des Rtraf GB. nur gegen- 
über der Staatskasse) oder sie gelangt durch die nachträgliche Genehmigung einer 
Person zu Kräften (Const. 1, 2 si major factus 5, 74). 
3) Die meisten Gesetze verbinden mit der Verhinderung des (dinglichen) Rechts- 
überganges die Unwirksamkeit des zu Grunde liegenden obligatorischen Veräußerungs 
vertrages (Kaufes, Tausches u. s. w.), sodaß daraus weder der Erwerber die Ueber-
	        
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