Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1020 Versalltag. 
(I. 218 pr. D. d. V. S. 50, 13) deckt, kann durch verschiedene Gründe herbeigeführt 
werden, z. B. durch gesetzlichen Kassaschluß des Schuldners, durch den Umstand, 
daß der V. auf einen Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt, in welchem Falle 
der nächstfolgende Wochentag der Zahlungstag (nach Wechselrecht immer, nach Han- 
delsrecht präsumtiv) ist, im Wechselrecht durch die Existenz von Protesttagen oder 
durch die von Kassirtagen, früher auch von Respekttagen (s. unten). Der V. ist ent- 
weder ausdrücklich im Inhalte der Obligation gegeben, oder aus Letzterem mittel- 
bar — nach positiver Rechtsvorschrift — zu entnehmen; in jedem Falle ist der V. 
der Zeitpunkt, an welchem die Obligation, soweit eine Leistung in Betracht kommt, 
durch die Erfüllung ihrem Inhalte nach getilgt werden soll, so daß die an diesem 
Zeitpunkte stattfindende Erfüllungshandlung als rechtzeitige Leistung erscheint. 
I. Die Vereinbarung eines V. in einem Vertrage hat nach Gem. Recht 
im Zweifel den Sinn, daß dadurch die Mahnung (Interpellation) überflüssig werde, 
daß aber, nach dem Satze: dies interpellat pro homine, der Schuldner sich im 
Verzug befinde, sobald der V. eingetreten und die Leistung an diesem nicht erfolgt 
ist, es wäre denn, daß die Schuld eine Holschuld (dette quérable, im Gegensatz zu 
einer Bringschuld, dette portable) ist, in welchem Falle, wie z. B. bei Schulden 
aus Werthpapieren, der Schuldner erst durch Mahnung bzw. Präsentation des Pa- 
piers in Verzug gesetzt werden kann (vgl. Stobbe, a. a. O. § 182 Ziff. 2). 
Jene Regel ist jedoch nur als eine Rechtsvermuthung zu betrachten; es kann sein, 
daß die Festsetzung eines V. im Vertrage den Sinn hat, daß der Gläubiger vor 
diesem Zeitpunkt nicht fordern dürfe; die Zeitbestimmung in diesem Sinne anzu- 
rechnen müßte aber durch besondere Umstände gerechtfertigt sein; sind solche nicht 
vorhanden, so ist die Zeitbestimmung so aufzufassen, daß der Schuldner vor jenem 
Momente allerdings nicht zu leisten braucht, aber mit dem Eintritt deffelben leisten 
muß, ohne daß der Gläubiger eine Mahnung an ihn zu richten hätte, um die 
Forderung, d. h. die Leistung, fällig zu machen. (Ueber den in dieser Beziehung 
jedoch schwebenden Streit s. Windscheid, Pand., § 278, insbes. Anm. 4.) Nach 
eben diesem (Gem.) Recht wird die Frage, ob der Schuldner vor dem V. leisten 
könne und der Gläubiger gehalten sei diese Leistung anzunehmen, für den Zweifels- 
fall bejaht; der V. ist hiernach als zum Vortheil des Schuldners festgestellt an- 
zusehen, d. h. der Gläubiger ist im Zweifel verpflichtet, die Leistung vor dem V. 
anzunehmen, nicht aber berechtigt, sie vor dem V. zu fordern; daß die Bestimmung eines 
V. im Interesse des Gläubigers getroffen sei, so daß dieser die vorzeitige Leistung 
als verfrüht zurückzuweisen berechtigt sein soll, ist zwar möglich, aber gemeinrechtlich 
nicht zu vermuthen und demnach von besonderen Umständen oder Beweisen abhängig. 
(Ueber das hierin theilweise abweichende Französische Recht s. Windscheid im 
Rhein. Arch. Bd. 44 II. S. 17 ff. und Puchelt in Zachariä v. Lingen- 
thal's Franz. Civilrecht, § 308.) Das Preußische LR. kennt eine solche präsum- 
tive Erzwingbarkeit der Annahme nicht; es bestimmt vielmehr, daß vor dem V. die 
Erfüllung wider den Willen des einen oder des anderen Theiles weder gefordert 
noch geleistet werden kann. Ueber das ältere und neuere Deutsche Recht s. Stobbe 
a. a. O. 
II. Das Deutsche Handelsrecht weicht von den erwähnten Rechten insofern 
ab, als es jede Präsumtion über den Sinn der Hinzufügung des V. vermeidet 
und, die Frage als Thatfrage zur Entscheidung im einzelnen Falle offen lassend, 
nur die Anweisung enthält, daß in allen Fällen, in welchen ein V. bestimmt wor- 
den ist, nach der Natur des Geschäfts und der Absicht der Kontrahenten zu be- 
urtheilen sei, ob derselbe nur zu Gunsten eines der beiden Kontrahenten hinzugefügt 
worden ist; ergiebt sich, daß die Hinzufügung des V. im Interesse des Schuldners 
geschah, dieser also vor dem V. zu zahlen befugt sein soll, so ist er (nach Abf. 2 
d. Art. 334 des Allg. Deutschen HGB.) doch nicht berechtigt, ohne Einwilligung 
des Gläubigers den Diskonto (das Interusurium, auch Abgeld, Dekort, Rabatt und
	        
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